EM 2008
Die Türken liegen vor Wien
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| Dienstag, 17. Juni 2008
Christian Eichler (FAZ) flechtet den Türken nach dem 3:2-Sieg gegen die Tschechen einen Kranz: „Wahnsinn, sagen Menschen gern, wenn ein Ereignis ihnen so viele Nervenreize schickt, dass dem Hirn keine genaueren Wörter mehr einfallen. Meistens ist dieser Begriff übertrieben. Aber nicht am Sonntag im Regen von Genf. Fußball-Wahnsinn im Zweiminutentakt. Dabei ist es eigentlich nur eine ganz einfache Geschichte: Herz schlug Hirn. Das kommt nicht mehr so oft vor im modernen Fußball, macht aber immer noch die besten Geschichten. Und wie aus Leidensfähigkeit Leidenschaft entsteht, ist eine Wirkung, die Deutschland 1996 mit vielen Verletzten und heroischen Rekonvaleszenten zum EM-Titel trug – und die nun auch eine türkische Erfolgsgeschichte werden könnte: Muskuläre Krisen beflügeln mentale Kräfte. Denn fünf Mann aus dem EM-Kader fehlten verletzt, darunter Kapitän Emre. (…) Bei dieser weltgeschichtlichen Konstellation durch den Zufall des Spielplans liegen die Schlagzeilen für die kommenden Tage auf der Hand: Die Türken vor Wien. Die Türken vor der Eroberung Europas.“
Tobias Schächter (Berliner Zeitung) macht mit: „Diese türkische Mannschaft hat erneut die landläufigen Vorurteile über türkische Spieler widerlegt. Zum zweiten Mal bei dieser EM haben sie einen Rückstand in einen Sieg verwandelt, nach einem jeweils grauenhaften Beginn und einer jeweils bewundernswerten Aufholjagd.“
Herzliche Übergabe
Christian Kamp (FAZ) bereitet uns auf den Staffelstabwechsel in der Schweiz vor: „Sportlich stimmt die Gesamtbilanz. Jakob Kuhn, der einst so elegante Spieler des FC Zürich, ist statistisch gesehen der erfolgreichste Trainer, den die Schweiz je hatte. Nun kommt also Ottmar Hitzfeld. Er wird seine Freude haben mit jungen und hochbegabten Spielern wie Gökhan Inler, Valon Behrami oder Eren Derdiyok. Und vielleicht gelingt es ihm ja sogar, den Spielern auf dem Weg zur WM 2010 noch etwas mehr Biss und mentale Stärke zu vermitteln. Eines wird es aber gewiss: eine herzliche Übergabe. Sie schätzen sich nämlich sehr, der Gentleman aus Zürich-Wiedikon und der Gentleman aus Lörrach, für den die Schweiz doch die wahre Heimat ist.“
Ottmar Hitzfeld für die Schweiz – ein hörenswerter Podcast der NZZ