Bundesliga
Imponierend, spektakulär, offensiv
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| Montag, 1. September 20083. Spieltag, Teil 1: Leverkusen gegen Hoffenheim ist das meistbeachtete und meistgeschätzte Spiel in den Zeitungen / Hamburg gewinnt, überzeugt aber noch nicht restlos / Bremens Motor stottert wieder
Die vielen Tore am Wochenende können das schlaffe Ausscheiden Schalkes in der Champions-League-Qualifikation nicht überdecken. Die FAZ legt in der Qualitätsdebatte über den deutschen Vereinsfußball Holz nach, Peter Penders hält der Bundesliga, an deren Spitze nun Schalke steht, den Spiegel vor: „Wenn nur dieser Mittwoch nicht gewesen wäre. Die Bundesliga könnte sich wieder an sich selber berauschen, an den vollen Stadien, an den vielen Toren in Bielefeld, Mönchengladbach und Leverkusen, an den Aufsteigern, die eine Bereicherung sind, an den vielen, vielen Millionen, die zur Verstärkung der Mannschaften ausgegeben worden sind. Wenn nur nicht dieser Mittwoch gewesen wäre.“
Penders scheint bei Rummenigge („Es war klar, dass sie nicht Meister werden, das haben sie heute auch gemerkt“) und Co. so etwas wie Erleichterung gespürt zu haben, dass Hoffenheim unter Leverkusener Räder gekommen ist, sonst hätte das Hopp-Rangnick-Modell noch weitere Mängel des Establishments aufgedeckt: „Die Bundesligaklubs geben Stärke vor. Intern scheint es zu genügen, wenn wenigstens Hoffenheim verliert. Anscheinend nicht auszudenken, wenn ausgerechnet dieser etwas andere Neuling auch noch Erfolg hätte.“
Hoffenheimer Grenzen
Leverkusen gegen Hoffenheim ist das meistbeachtete und meistgeschätzte Spiel in den Zeitungen. Frank Nägele (FR) teilt trotz eindeutigem Ergebnis (5:2) Lob an beide Seiten aus: „Was passiert, wenn zwei Fußball-Gebilde mit solcher Philosophie aufeinandertreffen, ist eigentlich logisch. Es entsteht ein schönes, spektakuläres, offensives Spiel. Die erste Halbzeit war sehr nah am Ideal der modernen Trainer. Und natürlich noch näher am Ideal der Leverkusener.“ Stefan Osterhaus (Neue Zürcher Zeitung am Sonntag) ergänzt: „Es war ein imponierender Match. Beide Teams leisteten sich zwar viele Fehler, doch der unbedingte Wille zur Offensive prägte die Begegnung. Dass Hoffenheim mit einer Differenz von drei Toren unterlag, war am Ende vor allem der individuellen Klasse der Leverkusener geschuldet, die in Patrick Helmes über einen Stürmer verfügen, wie ihn gegenwärtig kein Konkurrent in der Mannschaft hat.“ Hans-Joachim Leyenberg (FAZ) malt die Zukunft beider Teams rosarot und rosa: „Wohin die Reise für den Etablierten und den Aufsteiger wohl gehen wird? Ziemlich weit nach oben in der Tabelle für Leverkusen und nicht zu weit nach unten für Hoffenheim.“
Daniel Theweleit (taz) hat Hoffenheimer Grenzen deutlich gesehen: „Die erste Halbzeit nährte den Verdacht, dass Spieler wie Matthias Jaissle, Tobias Weis, Sejad Salihovic, Andreas Beck oder Marvin Compper zwar in der Bundesliga spielen können, dass sie derzeit aber keine Fußballer sind, aus denen sich rasch eine international ambitionierte Fußballmannschaft formen lässt. Vielleicht entwickelt sich der eine oder andere von ihnen zu einem Spitzenspieler, alle werden sie wohl kaum sofort konstant ein gehobenes Niveau erreichen. Das kann weder ein Sponsor mit viel Geld noch ein guter Trainer bewerkstelligen.“
Aufgepeppte B-Elf
Rainer Schäfer (Spiegel Online) lässt sich vom 4:2-Sieg der Hamburger in Bielefeld nicht die Sinne vernebeln: „Martin Jol hat noch eine Menge Arbeit vor sich: Nach den De-Luxe-Transfers sind die Erwartungen auch vereinsintern enorm gewachsen. Aber bis die Neuverpflichtungen Ruhmestaten für den HSV erbringen können, dürfte die Rückserie beginnen. Es ist eine kuriose Situation: Auf dem Papier hat der HSV eine Spitzenmannschaft zusammengestellt, auf dem Platz steht aber derzeit eine aufgepeppte B-Elf. Immerhin: Mit sieben Punkten haben sich die Hamburger in der Spitzengruppe festgesetzt, jetzt pausiert die Bundesliga zwei Wochen. Zeit für Jol, sein Team für die gestiegenen Anforderungen fit zu machen.“
FR-Portrait Bastian Reinhardt, Mann des Tages
Ackergäule
Bei der Niederlage in Mönchengladbach ließ sich Peter Heß (FAZ) in erster Linie von zwei Bremern Nationalspielern enttäuschen: „Die schlimmsten Fehler waren Clemens Fritz und Torsten Frings unterlaufen. Gegen die wie aufgezogen kämpfenden Mönchengladbacher wirkten sie wie Ackergäule gegen Rennpferde, sie kamen so häufig einen Schritt oder eine Fußspitze zu spät, dass das Mitzählen schwerfiel.“ Mit Werder sollte eigentlich, wie immer zu rechnen sein im Kampf um Platz 1, doch nun hat es auch nach drei Spielen keinen Sieg auf dem Konto. Die Sorgen bei den Verantwortlichen wie bei den Beobachtern scheinen sich jedoch in Grenzen zu halten. Heß empfiehlt, sich das letzte Jahr zum Vorbild zu nehmen – oder einfach den Gegner: „In Panik macht dennoch niemand bei Werder, auch die vergangene Saison begann holprig und endete glänzend. Wie schnell eine Mannschaft wieder in Form kommen kann, bewies ihr Gegner. Am dritten Spieltag ist der Aufsteiger endgültig in der Oberklasse angekommen.“
Zum Schluss lesen wir auf allesaussersport: „Fritz von Thurn und Taxis erinnert mich an Auftritte einer 80jährigen Marika Rökk, die sich noch verzweifelt als ‚ungarisches Feuer’ mit Puszta und Paprika verkauft.“