Deutsche Elf
Ballacks absolutistischer Führungsanspruch
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| Freitag, 5. September 2008Ein paar Splitter einen Tag vor dem Beginn der WM-Qualifikation in Liechtenstein: Die gestressten Miroslav Klose und Lukas Podolski zur Kur im Nationalteam / Ballack-Debatte wird leiser, findet aber Fortsetzung / Philipp Lahm und Christoph Metzelder geben zu, dass die Stimmung während der EM nicht mehr so gut gewesen sei wie an der WM / Andreas Hinkel wieder da
Peter Heß (FAZ) widmet sich Miroslav Klose und Lukas Podolski, die beide, aus verschiednen Gründen, einen gestressten Eindruck hinterlassen: Klose trifft wenig, Podolski spielt wenig. Doch das kann und soll sich im Nationalteam wieder mal ändern, wohin die beiden zur Kur gereist sind, meint Heß: „Die Dienstreise ins kleine Liechtenstein könnte gleich für zwei Bayern-Angreifer zu einer echten Sommerfrische werden.“
Klose, der Michael Ballack als Kapitän vertreten wird, bekommt von Heß „Arbeitsethos“ und „Trainingsfleiß“ bescheinigt; er habe „Sondereinheiten Torschuss- und Flankentraining“ eingelegt. Über Podolski dagegen lässt Heß einen bemerkenswerten Satz fallen: „Dieses Ausmaß an Lernbereitschaft geht Podolski ab.“ Das klingt gelassen, dahinter steckt aber ein harter Vorwurf.
Diskrepanz
Ludger Schulze (SZ) greift noch mal die Themen Ballack/Bierhoff und Ballack/Mannschaft auf, allerdings ohne viel Neues hinzuzufügen. Auch ihm fällt auf, dass Ballack schweigt, auch er hat vernommen, dass das sonnenkönighafte an Ballack seine Kollegen misfalle: „Es sind bisher keinerlei Äußerungen von Ballack öffentlich geworden, die darauf schließen lassen, dass die Kontroversen auch für ihn ein einvernehmliches Ende gefunden haben. Und aus Gesprächen lässt sich durchaus heraushören, dass einigen Mitspielern eine gewisse Diskrepanz zwischen Ballacks sportlichen Leistungen während der zurückliegenden Europameisterschaft und seinem absolutistischen Führungsanspruch nicht entgangen ist.“
Die Mannschaft würde Ballack häufiger gebrauchen
Philipp Lahm fällt immer mehr als ein Mann der offenen Worte auf – nicht nur über andere, sondern auch über sich. In der SZ gibt er unumwunden zu, dass er gerne Kapitän der Bayern geworden wäre, und dass es ihn getroffen habe, dass ihm ein anderer vorgezogen worden ist: „Am Anfang war ich auf jeden Fall enttäuscht, keine Frage, ich hätte mich bereit gefühlt für dieses Amt. Aber der Trainer hat gesagt, dass er mich in dieser Rolle noch nicht sieht. In Zukunft vielleicht, aber jetzt noch nicht.“
Auch über den Teamgeist der deutschen Elf während der EM findet er offene Worte: „Die Stimmung war sicher nicht mehr zu hundert Prozent so wie damals, aber sie war immer noch gut. Sonst wären wir nicht ins Finale gekommen.“ Seinen Mitspieler Ballack stärkt Lahm den Rücken: „Es ist schade, dass er so oft verletzt ist, die Mannschaft würde ihn häufiger gebrauchen. Er ist unser Kapitän – ein Spieler, der mit seiner Präsenz und seiner Torgefährlichkeit enorm wichtig für die Mannschaft ist.“
Atmosphäre hat gelitten
Ob das Prinzip, an dessen Gültigkeit Christoph Metzelder im Gespräch mit der Berliner Zeitung glaubt, auch der Bundestrainer unterschreibt? „Grundsätzlich zählt für die Nationalmannschaft primär die Leistung in der Nationalmannschaft, dann die im Verein. Ich habe zu Jens Lehmann auch immer gesagt: So lange er in der Nationalmannschaft seine Leistung bringt, ist das, was im Verein passiert, sekundär. Das gilt natürlich genauso für mich.“
Ballacks Aggression gegen Oliver Bierhoff nach dem EM-Finale nimmt Metzelder nicht so wichtig: „Wir haben ein Endspiel verloren, da bist du als Spieler unheimlich enttäuscht, das ist doch klar. Ich denke, mehr sollte man da auch nicht reininterpretieren. Aber dass während des Turniers nie so eine Atmosphäre wie beim Sommermärchen entstanden ist, das muss man schon zugeben.“
Wenn Sie mich fragen, war es Jürgen Klinsmanns einziger grober Fehler als Nationaltrainer, Andreas Hinkel nicht zur WM nominiert zu haben. So war die Position des rechten Verteidigers an Arne Friedrich vergeben. Nun ist Hinkel überraschenderweise wieder dabei, und Elisabeth Schlammerl (FAZ), Stefan Hermanns (Tagesspiegel) und Jörg Hanau (FR) porträtieren ihn kurz (es genügt, wenn Sie einen der drei Texte lesen).