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Champions League

Rumpelrechnungen

Oliver Fritsch | Freitag, 19. September 2008 Kommentare deaktiviert für Rumpelrechnungen

Die SZ hat Probleme mit der Prozentrechnung, aber ihre Fußballurteile sind wie immer aufs Komma genau / Bayern gewinnt 1:0 in Bukarest, und die FAZ spürt die „Faszination Klinsmann-Projekt“

Christof Kneer (SZ) weist heute darauf hin, dass sehr wenige deutsche Spieler in der Champions League spielen, das belegt auch ein Blick auf den ersten Spieltag 08/09 am Dienstag und Mittwoch: „352 Spieler standen am in den Startformationen, nur 12 davon stammen aus deutscher Fertigung, was einen Prozentsatz von 0,034 ergibt. In der Champions League ist der deutsche Fußball klar an der 1-Prozent-Hürde gescheitert.“

Wir schicken ihn für diese Rumpelrechnung in die Mathe-Nachhilfe. Kneers Endsumme stimmen wir aber zu – was nur beweist, dass man auch auf falschem Rechnungsweg zum richtigen Ergebnis kommen kann: „Ganz langsam fängt das Ausland wieder an, sich für deutsche Profis zu erwärmen, aber noch gibt der geringe Prozentsatz deutscher Spitzenlegionäre den Stellenwert des deutschen Fußballs ganz gut wieder: Derzeit taugen offenbar nur Ballack und der allzeit umworbene Lahm fürs Höchstniveau.“

Nachtrag (15.00): Auf sueddeutsche.de ist das Komma inzwischen an die richtige Stelle verschoben, und es ist von der 5-Prozent-Hürde die Rede.

Startsignal in eine verheißungsvolle Zukunt

Sehr erstaunlich, fast verdächtig schöne Verse verfasst man heute auf Jürgen Klinsmann, der mit seinen Bayern 1:0 gegen Steaua Bukarest gewonnen hat. Von der „Faszination Klinsmann-Projekt“ lässt sich die FAZ mitreißen und spickt ihren Bericht mit Liebesbeteuerungen aus Verein und Mannschaft, etwa von Franz Beckenbauer, Michael Rensing und Daniel van Buyten; Klinsmann umgebe eine „Aura“, seine Motivationskünste seien beachtlich. Nun, wir wollen es ja gerne glauben, aber so viel Rhetorik nach einem 1:0 in Bukarest?

Das knappe Ergebnis, das auch durch zwei Pfostentreffer des Gegners sowie die Aberkennung eines Gegentreffers zustande gekommen ist, hindert Roland Zorn (FAZ) nicht daran, an ein „Startsignal für den Aufbruch in eine verheißungsvolle Zukunft“ zu glauben. Deutliche Fortschritte seien im Vergleich mit den letzten Jahren, Ottmar Hitzfeld zugehört!, zu erkennen: „Erstaunlich ist, wie die Ergebnispragmatiker von gestern inzwischen aufs Tempo drücken, das Spiel von vornherein bestimmen, mit einer zeitgemäßen Variante das fast schon eingemottet geglaubte 3-5-2-System wiederbelebt haben und mit ein, zwei Kontakten den umstandslosen Weg von der Abwehr in den Angriff suchen.“

Wie kommt es zu dieser Hymne? Wir haben da noch was gefunden. Zorn hat schon mal über Jürgen Klinsmann geschrieben, im März 2006, eine Woche nach einem 1:4 in Italien. Da ging’s um einen Trainerkongress, an dem der damalige Bundestrainer nicht teilgenommen hat. Erinnern Sie sich? „Jürgen Klinsmann interessiert sich zuerst für sich und sein eigenes Wohlergehen – erst danach kommt seine Gemeinschaftsaufgabe.“ Danach fallen noch die Begriffe „blanker Egoismus“, „Kommunikationsdefizite“, „schlechte Kinderstube“ (in Gefolgschaft Beckenbauers) und und und. Ein schönes Detail: Den Kommentar, der dem DFB zwischen den Zeilen die Trennung von Klinsmann nahelegte, lässt die wie immer herrliche Greser&Lenz-Karrikatur ins Leere laufen.

Doch lassen wir die Vergangenheit Vergangenheit sein! Michael Neudecker (Berliner Zeitung) stimmt etwas nüchterner ein: „Es hat gedauert, aber nun, so scheint es, beginnt die Arbeit des Trainers zu fruchten. Wenngleich das 1:0 nicht frei von Glück war, musste man feststellen: Die Dominanz, die die Münchner phasenweise ausübten, war beeindruckend.“

Rückhalt wie Oliver Kahn?

Andreas Burkert (SZ) schließt sich der Spielanalyse nicht an, blickt aber auch auf Klinsmann: „Der wertvolle Erfolg in der Seenlandschaft des Steaua-Stadions hat noch nichts bewiesen, dafür ist der Gegner zu limitiert gewesen. Aber er verschafft dem Projekt Klinsmann etwas mehr Zeit, zumindest in Europa.“ Sebastian Krass (Financial Times Deutschland) hingegen lässt den Bayern-Keeper nicht ungeschoren davon kommen: „Dieses Spiel gab auch den steten Zweifeln Nahrung, ob Michael Rensing wirklich ein ähnlich sicherer Rückhalt wie Oliver Kahn werden kann.“

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