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Deutsche Elf

Mutmassungen über Michael Ballack

Oliver Fritsch | Dienstag, 28. Oktober 2008 Kommentare deaktiviert für Mutmassungen über Michael Ballack

Spekulationen über die Zukunft des Kapitäns Ballack im Nationalteam – wird Joachim Löw ihm vergeben, wird Ballack sich unterwerfen? An dieser Diskussion nehmen viele teil, nicht wenige mit komischen Einwürfen

Versuchen wir mal, die Akte Ballack übersichtlich zu präsentieren. Es wird immer klarer, dass sich Michael Ballack verspekuliert hat. Der Spiegel mutmaßt („Szenen einer Ehe“), dass er sich einer Verschwörung ausgesetzt gefühlt und als „Widerstandskämpfer“ angesehen werden gewollt habe, aber nun, zu seiner Überraschung, als eitle Diva dastehe. Vor allem in Löw habe er sich getäuscht, der, mahnt Michael Horeni (FAS), seine sanfte Tour aufgegeben habe und nun mit Drohungen reagiert: „Der nette Herr Löw ist seit der Europameisterschaft nicht mehr zur Nationalmannschaft zurückgekehrt. Er folgte offenbar dem Rat von Vertrauten und handelt erkennbar konsequenter – wohl des Bundestrainers persönliche Konsequenz aus einem holprigen, am Ende aber vom Ergebnis erfolgreichen EM-Turniers.“

Jan Christian Müller (FR) lenkt den Blick auf Ballacks Berater, der bei der Initiative zum FAZ-Interview eine große Rolle gespielt haben dürfte: „Offenbar hat Ballack mit seinem Berater Michael Becker die Resonanz – auch die des Bundestrainers – gehörig unterschätzt. Intern ist man sich beim DFB einig, dass Ballack nur dann auch künftig in der Nationalmannschaft spielen kann, wenn er im Gespräch mit Löw ein ausreichendes Maß an Demut zeigt. Auch die Rolle seines Beraters wird auf den Tisch kommen.“

Die FAZ flüstert uns ein Gerücht über die Zukunft Ballacks ins Ohr: „Es verdichten sich nach der Erklärung Ballacks die Zeichen, dass dem Kapitän nach der Entschuldigung zwar weiterhin der Entzug des Kapitänsamtes droht, der Bundestrainer aber nicht die sportliche Zusammenarbeit kündigen wird.“

Ich weiß nicht, wie Ballack die Kurve kriegen will

Überraschenderweise hat sich Christoph Schickhardt, Joachim Löws Anwalt, am Samstag in der Stuttgarter Zeitung zu Wort gemeldet (wohl kaum ohne Löws Einverständnis) und das Innenleben seines Mandanten referiert: „Er war völlig fassungslos und enttäuscht. Speziell der Vorwurf, mangelnden Respekt zu zeigen, hat ihn tief verletzt. Da ist ihm der Kragen geplatzt. Ich kenne wirklich niemanden im Fußballgeschäft, der so respektvoll mit seinen Mitmenschen umgeht wie Joachim Löw. Er behandelt alle gleich korrekt – egal, ob Busfahrer, Fan oder Star. Wer den Vorwurf der Respektlosigkeit gegenüber Löw erhebt, kennt offensichtlich Sinn und Bedeutung des Wortes Respekt nicht.“

Schickhardt versucht, klarzumachen, wer Koch und wer Kellner sei: „Ich glaube, das Wort Gespräch ist der falsche Begriff. Anhörung trifft die Sache wohl besser. Von deren Ablauf macht der Bundestrainer seine Entscheidung abhängig.“

Über die Chancen auf Versöhnung (eher: auf Vergebung) sagt er: „Ballack muss eine Situation schaffen, die es Joachim Löw ermöglicht, ihn zu berücksichtigen. Joachim Löw war es, der Michael Ballack bisher stets engagiert in Schutz genommen hat. Für interne Kritik steht dem Kapitän die Tür sperrangelweit offen. Niemand sollte sich aber in der Durchsetzungskraft und Konsequenz von Joachim Löw täuschen. Ich weiß im Moment nicht, wie Ballack die Kurve kriegen will.“

Heile-Welt-Fassade eingerissen

Wie wird reagiert? In der SZ von heute lesen wir dazu: „Diese Kommentierung passe nicht zu dem bis zur Aussprache vereinbarten Stillhalteabkommen, hieß es aus Ballacks Lager.“ Die FAZ protokolliert das Empfinden der Gegenseite: „Dass Ballack nicht bei Löw anrief, sondern seinen Verein ein Fax nach Frankfurt schicken ließ, kam beim DFB nicht gut an.“

Sehr eigenwillig die Reaktionen von Ottmar Hitzfeld und Uli Hoeneß: Hitzfeld wird mit der Ansage zitiert, er, an Löws Stelle, wäre sofort nach London geflogen, um das Problem zu beheben. Löw wird sich für den Rat bedanken. Und Hoeneß wirft dem DFB schlechte Krisenkommunikation vor. Ob man dem zustimmen mag oder nicht – da sieht einer den Balken nicht in seinem Auge. Die Öffentlichkeit durfte in Ballacks letzter Saison 05/06 sehr viel darüber erfahren, wie gestört das Verhältnis zwischen der Bayern-Führung und „dem guten Kopfballspieler“ war.

Horeni seufzt im FAZ-Kommentar vom Samstag allgemein: „Es fällt schon länger auf, wie schwer sich deutsche Fußballprofis in einem Geschäft tun, in dem sie täglich von Fans, Medien und Klubs hofiert und bejubelt werden. Weder bei ihren bezahlten Beratern noch in ihren Familien haben sie die Erdung, die ihnen eine kritische Selbstwahrnehmung ermöglichte.“

Vielleicht hat ja auch Philipp Selldorf (SZ) recht: „Vielleicht wirkt es sich sogar produktiv aus, dass die Heile-Welt-Fassade beim DFB-Team ein wenig eingerissen worden ist.“

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