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Am Grünen Tisch

Wertlose Anhörung

Oliver Fritsch | Freitag, 14. November 2008 Kommentare deaktiviert für Wertlose Anhörung

Gewalt im Fußball – ein Thema für Theo Zwanziger und den Bundestag / Fifa und Franz Beckenbauer haben keine Antworten auf Wettbetrug (SZ) / Der neue Bundesliga-Spielplan birgt Risiken / Moggi kommt wohl davon

Der Sportausschuss des Bundestags, der es zuvor nicht hingekriegt hat, den Radfahrern die Förderung zu entziehen, verhandelt das Problem der Gewalt im Fußball. Die Darstellungen über die Protagonisten lesen sich unterschiedlich. Michael Horeni (FAZ) schreibt über die neue Offenheit des DFB mit Problemen: „Eine solche von breitem Konsens – trotz mancher Differenzen in Detailfragen – getragene Anhörungsrunde wäre vor wenigen Jahren noch nicht möglich gewesen. Dies liegt nicht zuletzt an DFB-Präsident Theo Zwanziger, der es versteht, die soziale Verantwortung des DFB sowohl gegenüber der Politik als auch bei den Interessengruppen der verschiedenen Fan-Vereinigungen glaubhaft zu vermitteln.“

Kurzer Einwurf: Axel Kintzinger (Financial Times Deutschland) befasst sich auch mit Zwanziger und zwar mit Zwanzigers juristischem Heimspiel gegen Weinreich. Schon mal gehört von dem Thema? Kintzinger hält es für druckreif, bislang als einziger.

Zurück zur Sache: Besondere Achtung erweist ihm Horeni, weil sich Zwanziger entschieden gegen die Schuldlosigkeit verwehrt habe: „Zur Vertrauensbildung trägt bei, dass ein DFB-Präsident nun öffentlich gesteht, dass der Fußball selbst einen Teil der Gewalt verursacht.“ In einem anderen Text heißt es: „Theo Zwanziger ist kein Funktionär, dem man vorwerfen kann, dass er Probleme verharmlost.“

Ronny Blaschke (SZ), Autor eines ausgezeichneten Buchs zum Thema, hingegen zieht ein enttäuschtes Fazit: „Diese viel versprechende Anhörung, die monatelang vorbereitet worden war, war nahezu wertlos. Es wurden zu viele falsche Fragen gestellt, zu viele falsche Themen diskutiert.“ Blaschke stellt die Fragen, die offen geblieben sind: „Wie kann man Antidiskriminierungsarbeit in entlegenen Ecken finanzieren? Wie motiviert man ehrenamtliche Trainer, Funktionäre und Schiedsrichter? Wie schafft man eine Instanz, die langfristig gegen Fremdenfeindlichkeit auftritt und über die symbolische Wirkung von Integrationspreisen oder Plakataktionen hinausgeht, unabhängig von einem medialen Aufschrei? Und wie verbessert man Strafenkataloge und erstellt differenzierte Vereinssatzungen?“

Mir fällt nichts anderes ein

Thomas Kistner (SZ) attestiert den Fifa-Verantwortlichen nach dem Besuch des ersten Sportwettenkongresses „Hilflosigkeit“. Auch weil es Fälle gibt, in denen nicht ermittelt werde, weil sich niemand zuständig fühle. Über das Uefa-Cup-Halbfinale der Bayern in St. Petersburg am 1. Mai etwa lägen spanischen Behörden Telefonmitschnitte vor, in denen russische Verdächtige Manipulierungsindizien austauschen. Kistners Essenz lautet: „Der Kampf gegen kriminelle Abzocker, die Spiele und Spieler manipulieren, steckt in den Kinderschuhen. Genauer: im Strampelanzug. Und da wird er so schnell nicht rauskommen.“ Der anwesende Franz Beckenbauer habe sich elegant aus der Affäre gezogen, indem er Werbung für den Geschäftspartner des FC Bayern, bwin, untergebracht hat. Beckenbauer habe der Liberalisierung das Wort gesprochen: „Sonst geht das Geld der Privaten ins Ausland (…) Also, ich mache hier keine Werbung für bwin. Mir fällt nur nichts anderes ein.“

Viel Hoffnung und wenig Gewissheit

Daniel Theweleit (taz) zweifelt an dem neuen Spielplan der DFL, der ein Live-Spiel in der traditionellen Sportschau-Zeit ansetzt: „Es ist ein großes Wagnis, das die Herren eingehen.“ Ob die Rechnung am Ende aufgeht? „Viel Hoffnung und wenig Gewissheit“, schreibt Theweleit. „Der deutsche Fußball ist mal wieder auf Partner angewiesen, die nicht nur auf die bloße Refinanzierbarkeit der Rechte schauen. Doch diese Zeiten könnten vorbei sein.“

Stefan Osterhaus (Neue Zürcher Zeitung) spottet: „Die Bundesliga will dem Vorbild England folgen. Zwar hat das Spielgeschehen beileibe noch nicht in allen Stadien die Intensität des Fußballs auf der Insel erreicht, doch wenn es um die TV-Übertragungen geht, möchten die Deutschen der Premier League wenigstens punkto Unübersichtlichkeit in nichts nachstehen.“

Hier mein Bericht zu dem Thema auf Zeit Online
direkter freistoss: Schlachtfeld Deutschland – Der Medienexperte Kai Pahl über die Ambitionen ausländischer Sender bei den Verhandlungen um die Bundesliga-Rechte

Tom Mustroph (taz) berichtet vom Prozess gegen den italienischen Manipulateur Luciano Moggi, der wohl mit einer Geldstrafe davonkommen werde. In der Öffentlichkeit sei er ohnehin rehabilitiert, weil er längst wieder publizistisch tätig ist. So soll er, wie wir der SZ entnehmen, in seiner Kolumne jüngst über Schiedsrichterleistungen geklagt haben. Heiliger Bimbam!

Javier Cáceres (SZ) hat in Madrid vernommen, dass Trainer Bernd Schuster vor dem Rauswurf stehe. Erstens zu viele Gegentore. Zweitens: Sein Auftreten entspreche nicht dem Stil Reals. Markus Lotter (Berliner Zeitung) erwartet Schusters Entlassung: „Es sieht danach aus, als hätte Schuster in seinem ersten Jahr bei Real, als er auf Anhieb die Meisterschaft feiern durfte, nur von der erfolgreichen Aufbauarbeit seines Vorgänger Fabio Capello gezehrt.“

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