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Bundesliga

Lehrer Hoeneß verteilt Stockschläge

Oliver Fritsch | Montag, 1. Dezember 2008 Kommentare deaktiviert für Lehrer Hoeneß verteilt Stockschläge

15. Spieltag: Bayern gewinnt traditionell, Hoffenheim glänzt – nun wartet Fußballdeutschland auf Freitag, wenn sich die beiden Großen messen, wofür sich der Bayern-Manager schon mal warmredet / Hans Meyer distanziert sich von seiner Mannschaft mit gewohntem Lärm (SZ)

Die FAZ hat Leverkusen beim 0:2 gegen München „gewogen und für zu leicht befunden“, die SZ beobachtet einen Kampf mit ungleichen Waffen, eine bayerische „Machtdemonstration gegen Leverkusens Talentauswahl“. dogfood hat getwittert, Leverkusen verteidige „antiautoritär“.

Daniel Theweleit (taz) schmunzelt über Althergebrachtes in Leverkusen und München: „Offenbar ist die Leverkusener Neigung zur Unterwürfigkeit gegenüber den Bayern vererbbar. So wie die Münchner Neigung, Gegner mit dem simplen Mittel einer demonstrativen Autorität einzuschüchtern. Fast scheint es, als hätte ‚der Prozess’, von dem Jürgen Klinsmann so gerne spricht, eine umgekehrte Richtung eingeschlagen: Statt die Bayern nach seinen Vorstellungen zu ändern, passt sich Klinsmann dem traditionellen Wesen des Münchner Edelklubs an.“

Jörg Hanau (FR) beißt dem Bayern-Trainer in die Waden: „Klinsmann sonnt sich im neuen Glanz mit altem Anstrich: Restauration statt Reformation heißt das Erfolgsrezept. Er mag das nicht gerne hören, aber erst seit sich der zunächst als Visionär gepriesene Übungsleiter auf das ‚System Hitzfeld’ besann und zu ihm zurückkehrte, greifen die vertrauten Automatismen und ein kleiner Franzose verzaubert wieder die Liga: Franck Ribéry. Der zurzeit vielleicht weltbeste Fußballer. Wo er kickt, ist oben. Dafür braucht es weder neue Philosophien noch positive Kraftfelder beim FC Ribéry. Die geplante Revolution ist vorerst abgesagt.“

Natürlich sind wir besser als Hoffenheim

Theweleit befasst sich auch mit den großen Worten, die Uli Hoeneß nach dem Spiel verkündet hat: „Wie ein Lehrer, der gelegentlich Schläge mit dem Stock verteilt, umgibt sich Hoeneß an manchen Tagen mit einer Furcht erregenden Autorität. In der Regel geschieht das nach schmerzhaften Rückschlägen, überraschend trat er auch nach dem Sieg mit dünnen Lippen und feurigen Augen vor die Mikrofone.“

Hoeneß, der nach schlechten Spielen gerne schweigt, soll gesagt haben: „Die Leverkusener können uns das Wasser nicht reichen. Sie haben den Makel, dass es so lange für sie gut läuft, bis es eng wird – und dann fehlt etwas, aber das war ja schon unter Daum so. Nun sind sie auf dem Boden der Tatsachen zurück. Wir sind einfach besser.“ Warum diese Töne? Hoeneß läuft sich für Freitag warm, dann kommt der Tabellenführer nach München: „Natürlich sind wir besser als Hoffenheim.“

Bestimmen, wer mitspielen darf

Hoffenheim begeistert wieder und wieder, es sei „die seit Jahren größte Attraktion im deutschen Fußball“ (FAZ), die FR hat beim 3:0 gegen Bielefeld „erneut eine sehenswerte Hoffenheimer Aufführung“ erlebt. Mit Spannung schaut Fußballdeutschland nun auf Freitag, wenn Bayern den Spitzenreiter erwartet. „Es könnte ein Spiel sein, mit dem das Manifest für eine neue Ordnung geschrieben wird“, schreibt Markus Lotter in der Berliner Zeitung.

Mit Kinderträumen zweier Wesensverwandter veranschaulicht Lotter, was beim Duell Altgroß gegen Neugroß auf dem Spiel stehen wird: „In Hoffenheim darf eine Utopie mit einer romantischen Idee gelebt werden. Dietmar Hopp träumte als Kind von einem eigenen Klub, kann und will sich nun auch einen leisten, für den es keine Grenzen gibt. Uli Hoeneß hat längst erkannt, dass der romantische Praktiker die Macht seines Klubs in Gefahr bringen kann. Er selbst stand als Kind vor dem Schaufenster eines Sportgeschäfts und träumte von einem weißen Ball, den er Flutlichtball nannte. Schließlich verdiente sich der junge Hoeneß das Leder durch Mitarbeit im Geschäft seiner Eltern. Von da an konnte er bestimmen, wer auf dem Bolzplatz um die Ecke mitspielen durfte – und wer nicht.“

Peter Penders (FAZ) besänftigt diejenigen, die glauben, dass am Freitag das Modell Hoffenheim einem Härtetest unterzogen wird: „Bislang passt, soweit erkennbar, zwischen Trainer Rangnick, Manager Schindelmeiser und den Jugend-Sportdirektor Peters kein Blatt Papier, bislang scheint auch die Mannschaft aus lauter vernünftigen Profis zu bestehen, die den Teamgedanken über alles stellen. Wenn das auf lange Sicht so bliebe, wäre das eine größere Überraschung als ein Hoffenheimer Sieg am Freitag.“

Tag des Gladbacher Grauens

Hans Meyer hat sich nach dem 1:3 gegen Energie Cottbus kritischer gegeben als die Presse: „Früher habt ihr solche Scheißleistungen von meiner Mannschaft nicht einfach so hingenommen. Sind wir euch etwa gleichgültig geworden?“, soll er gesagt haben. Die Presse hält das für eine taktische Aussage; Ulrich Hartmann (SZ) legt nahe, dass Meyer die Verantwortung an den schlechten Leistungen seiner Mannschaft nicht übernehmen wolle: „Meyer diagnostiziert wie ein Zahnarzt, der den Pfusch eines Kollegen nur mit großem Aufwand und in vielen Behandlungen beheben zu können glaubt. Der eine Kollege heißt Jos Luhukay und war bis Anfang Oktober Trainer bei der Borussia. Der andere Kollege heißt Christian Ziege, war Sportdirektor und sitzt jetzt als Assistenztrainer neben Meyer am Spielfeldrand. Ziege und Luhukay haben ein Team zusammengestellt, von dem sich Meyer erstaunlich offensiv distanziert.“

Am „Tag des Gladbacher Grauens“ hat auch Richard Leipold (FAZ) eine Eingebung des Gladbacher Trainers gespürt: „Meyer scheint zu dämmern, was er sich aufgehalst hat bei seiner zweiten Mönchengladbacher Mission: einen Abstiegskampf von einer Schwierigkeitsstufe, für die es selbst in seinem Erfahrungsschatz kein Beispiel gibt.“ Matthias Wolf (Berliner Zeitung) hingegen macht sich für Cottbus stark: „Das ist typisch. Niederlagen gegen Energie gelten als besonders schmerzhaft, weil viele die Punkte schon eingeplant haben.“

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