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Monopoly mit Heuschrecken

Oliver Fritsch | Donnerstag, 5. Februar 2009 Kommentare deaktiviert für Monopoly mit Heuschrecken

1860 München verkauft Anteile an einen Investor und verfügt zeitgleich, Sportdirektor Stefan Reuter abzusetzen; die Presse warnt

Mit Missmut und Skepsis begleiten die deutschen Zeitungen den Einstieg einer Berliner Immobiliengruppe bei 1860 München; die Rede ist von Optionen von bis zu 25 Prozent. Die FAZ prophezeit dem Klub ein „hohes Maß an Fremdbestimmung“, die SZ höhnt über das „seltsames Spiel: Monopoly, lebensecht“. Das Modell könne Nachahmer finden, warnt die Presse – gerade in unteren Ligen, gerade in Zeiten der Krise. Die DFL solle genau gucken, fordert die SZ: Handelt 1860 noch autonom? Sportdirektor Stefan Reuter ist bereits degradiert worden (und sodann freiwillig gegangen). Ersetzt wird er durch Miroslav Stevic. Diese Personalie wäre ein rechtliches Problem, wenn es Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrags gewesen wäre.

Der Abendzeitung aus München wird es graus: „1860 öffnet sich für ‚Heuschrecken’ – in Deutschland ein bisher einmaliger Vorgang. Ermöglicht hat das ausgerechnet ein Sozi: Franz Maget wollte der Gruppe schon im April 2008 einen Einstieg bei 1860 erlauben. Damals scheiterte dies am Widerstand des neuen Präsidenten Rainer Beeck. Nun setzte sich der SPD-Boss durch. Weil die finanzielle Situation viel dramatischer ist als bisher bekannt? Als Samariter sollte man die neuen Investoren nicht verstehen. Dem Konsortium geht es um Gewinn – wie allen ‚Heuschrecken’.“

Lässt sich denn Geld mit diesem Modell verdienen, kann der Klub aufsteigen? Roland Zorn (FAZ) zweifelt sehr daran: „Ob auf Dauer Berliner Geschäftsluft plus ein bisschen serbo-bajuwarisches Lokalkolorit dazu führen werden, die Verbundenheit mit diesem skandalreichen, tatsächlich aber verarmten Profiklub zu stärken, ist fraglich. Millionengaben zum Einstand sind im Profifußball schon durch ein, zwei Fehlinvestitionen auch des gutwilligsten und im Rahmen der Vorschriften der DFL handelnden Investors rasch aufgebraucht.“

Rendite mit 1860 München heißt das Ziel Nicolai Schwarzers („Ich mag Fußball, aber ich hoffe vor allem, damit Geld zu verdienen“). Klingt nach Abenteuer.

Stoßlüftung

Christian Eichler (FAZ) lehnt die Forderung mancher Engländer ab, die Transferfenster zu durchgehend zu öffnen, um die Hektik am Ende der Frist zu vermeiden: „Die Antithese: Man hätte dann womöglich immer Unruhe im Klub. Sollte das ganze Jahr über das Fenster gekippt bleiben, statt einmal im Winter Stoßlüftung zu betreiben? Für den Energiehaushalt ist die kurze, heftige Lösung besser. Für den Fußball vermutlich auch.“

In der Wüste mit einer Flasche Wasser

Die Berliner Zeitung zieht eine Halbjahresbilanz der 3. Liga: sportlich eine Bereicherung, wirtschaftlich für viele Klubs ein Risiko, denn die Fernseheinnahmen sind deutlich geringer als in der 2. Bundesliga, und die Vermarktung durch den DFB leide an der Verbandsträgheit. Engelbert Kupka, Präsident Unterhachings, sagt: „Man hat uns in die Wüste geschickt und nur eine Flasche Wasser mitgegeben.“ Gemunkelt wird über ein Interesse des DSF.

Im Tagesspiegel liest man über den gebliebenen Unmut der Drittligisten über die Reserveteams der Profivereine: „Die Teilnahme der U-23-Teams war ein großer Streitpunkt vor der Einführung, und sie ist weiterhin ihr Grundkonflikt. Kommt Werder Bremen II, bleiben die Fans weg.“ Die Financial Times Deutschland fiebert mit dem Drittligisten Kickers Emden, der unter den Lizenzbedingungen des DFB ächzt.

SZ: Ein Jahr Glücksspielstaatsvertrag hat nur Verlierer hervorgebracht (Spobis)

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