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Bayern, nur einer von achtzehn Darstellern im Bundesliga-Zirkus
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| Sonntag, 8. Februar 2009Die Geldverteilung macht die Liga langweilig (Tagesspiegel) / Ist die Bundesliga ein Kartell? (FAZ) / DFL auf Konfrontation mit dem DFB? (FR) / Englisches Fußballfernsehen ist viel besser als deutsches (dogfood) / Was Frauen Uli Hoeneß sagen / Beckenbauer stichelt gegen Hoeneß / Fußballitalien solidarisiert mit Dopingprobenschwänzern
Eine Radikalkritik an den Verteilungsverhältnissen im deutschen Fußball lesen wir von Christian Hönnicke (Tagesspiegel): „Natürlich sollte Leistung belohnt und nicht bestraft werden, und es spricht auch nichts dagegen, dass ein Verein aufgrund seiner Erfolge ein Polster erwirtschaftet. Allerdings muss die Belohnung überschaubar sein und darf nicht wie jetzt zur völligen Wettbewerbsverzerrung oder dem Schaffen absoluter Sonderstellungen führen, wie sie in Deutschland Bayern München innehat. Der FC Bayern mag als Rekordmeister eine gewisse emotionale Zusatzbedeutung für den deutschen Fußball haben, im Endeffekt aber ist er auch nur einer von achtzehn Darstellern der Zirkusshow Bundesliga. Im Gegenteil, eine solche Show tut gut daran, sich nicht von einem Protagonisten abhängig zu machen, sondern mehrere Attraktionen zu haben und für einen ständigen Wechsel zu sorgen, um die Vorstellung frisch und interessant zu halten. Das wissen die Bayern selbst nur viel zu gut: In Europa sind sie nämlich eine Art Eintracht Frankfurt. Dort kämpfen sie mit stumpfen Waffen, weil die großen Klubs aus anderen Ländern viel mehr Geld für viel bessere Spieler ausgeben können. Und siehe da: Während sie in der Bundesliga weiter das Gros der Fernsehmillionen für sich beanspruchen, fordern die Bayern für den Europacup gleiche Bedingungen für alle und schlagen eine Gehaltsobergrenze vor.“
Nachgereicht sei die Ansicht Marcus Theurers (FAZ/Wirtschaft, 14.8.08) zur Frage, ob die Bundesliga ein Kartell ist: „Ist es ökonomisch angemessen, die Vereine als einzelne Anbieter des Unterhaltungsprodukts Fußball und ihren Zusammenschluss in der DFL als Kartell anzusehen? Wie hoch wäre denn der mediale Wert des FC Bayern, isoliert betrachtet, wenn es nicht andere Vereine gäbe, mit denen sich der Rekordmeister auf dem Rasen messen könnte? Nahe null. Wie bei einem Spielfilm braucht es mehrere Akteure, um überhaupt ein vermarktbares Produkt herzustellen. Niemand aber wirft einem Filmstudio vor, es sei ein Kartell, weil es mehrere Schauspieler für eine Produktion unter Vertrag nehme und den fertigen Film dann „zentral“ vermarkte.“ (Da ist sicher was dran, aber es eine extreme Meinung. Vielleicht mal was für eine Blog-Diskussion mit den Usern.)
Aus der Rubrik Zwischentöne und Andeutungen: Einem Gesprächsprotokoll Christian Seifert in der FR entnehmen wir das Ergebnis einer Umfrage, die ermittelt haben will, dass zwei von drei Fußballinteressierten nicht wissen, dass die DFL für den Profifußball zuständig ist – und wie Seifert darauf reagiert. Nämlich mit Konfrontation gegen den DFB: „Der Dialog mit dem DFB ist nicht so fruchtbar, wie er sein sollte.“ Es heißt, „Verbesserungen im Schiedsrichterwesen“ seien anzustreben. Konkreter wird es aber nicht.
Eine aufschlussreiche Diskussion über die 50+1-Regel kann man im Königsblog verfolgen.
Schlecht kann einem werden, wenn sich ein Verantwortlicher von Borussia „dem Teufel gerade noch von der Schippe gesprungen“ Dortmund despektierlich über das Modell Hoffenheim äußert (Welt Online).
Was Frauen mir sagen
Drei prägnante Zitate Uli Hoeneß‘ sind mir unter die Augen gekommen: In der SZ wehrt er sich gegen die vermeintliche „Kampagne“ gegen Luca Toni, den Freistoßschinder, dem letzte Woche ein Tor aberkannt wurde: „Das ist der Versuch, uns klare Nachteile zu verschaffen – aber wir werden uns schon zu wehren wissen.“ Liebe Schiedsrichter, die Kabinentür gut verschließen! Und am besten keine Zeitung mehr lesen.
Dem Spiegel hat er in gewohnter Hybris erzählt: „Vielleicht bekommen wir eine Wirtschaftskrise wie in den dreißiger Jahren. In Europa haben das die Politiker viel zu spät erkannt. Im November habe ich einen Vortrag beim Arbeitgeberverband gehalten und gesagt: Wir stehen vor der größten Problematik seit dem Zweiten Weltkrieg. Die haben mich alle angeschaut, als ob ich bescheuert wäre.“ Hoeneß hat im November eine Krise „vorausgesagt“!? Wahrscheinlich prophezeit er demnächst, dass ein Schwarzer ins Weiße Haus einziehen wird (den Gag hab ich geklaut, weiß aber nicht mehr woher).
Warum er so oft den humorlosen Choleriker gibt, erklärt er so überraschend wie einleuchtend: „Den Leuten gefällt das. Unsere Fans wollen genau diesen Hoeneß haben, vor allem Frauen sagen mir das.“
Die Kurve gekriegt
Franz Beckenbauer erklärt im Abendblatt die fehlende Popularität Jürgen Klinsmanns bei den Bayern-Fans unplausiblerweise mit der angeblichen Beliebtheit seines Vorgängers: „Am Anfang war es schwer. Auch die Fans waren kritisch, haben Ottmar Hitzfeld noch gefeiert. Wir wussten zwar, dass der Ottmar ein hohes Ansehen genießt, aber dass er so populär ist, hätten wir auch nicht gedacht. Zum Glück hat der Jürgen jetzt aber die Kurve gekriegt.“ Noch-Manager Hoeneß stichelt er: „Ich habe gelesen, dass er das Amt des Aufsichtsratschefs aktiver ausüben will als ich. Da wird der Vorstand künftig nicht zu beneiden sein …“
Den Ärger über die „Pläne“ der ARD mit Bundesliga-Sonntag sammelt der Tagesspiegel.
Englisches Fußballfernsehen ist besser als deutsches
Im Blog meldet sich dogfood ausführlich zu Wort: Zur Bemerkung von Rainer Hüther/DSF, dass die ARD ach so viele Rechte besitzen würde, von denen sie kein Gebrauch machen würde.Wer beim DSF anfragt, was denn nun eigentlich mit den vom DSF im letzten Jahr bis 2010 eingekauften Rugby-Rechten passiert, erhält zur Antwort: „Nach aktuellem Stand müssen wir davon absehen, das Turnier in vollem Umfang wie in 2008 abzubilden, da wir, als nicht gebührenfinanzierter Sender, stets auf die Refinanzierung einer Übertragung eines Sportevents angewiesen sind, die momentan leider nicht gesichert ist.“ Es sind derzeit keinerlei Übertragungen der eingekauften Rugby-Rechte geplant. Auch Premiere sitzt auf einem Berg von ungenutzten Rechten. Golden League 2008 wird trotz TV-Vertrag nicht gezeigt. Von hundertzwanzig im Sommer 2008 eingekauften Länderspielen aus Südamerika wurden bislang nur sechs gezeigt. Dazu TV-Verträge für Premier League und Primera Division, von denen nur ein Bruchteil gezeigt wird.
Zu den TV-Übertragungen: Wenn da was hochgejazzt werden kann, dann hat die DFL jetzt bereits die Mittel zu, denn Bild und Stadionatmo kommen seit zweieinhalb Jahren aus der Hand der DFL-Tochter Sportcast. Zumindest im Umgang mit den gezeigten Fan-Transparenten scheint man mir selektiv zu sein. Kann das TV bei einer Live-Übertragung ein Spiel besser machen? Nein. Noch so viele Zooms und schnelle Bildschnitte können aus einem Grotten- einen Premium-Kick machen. Bei den Premier-League-Übertragungen wird mehr mit der Totalen gearbeitet als etwa in der Bundesliga. Es gibt kaum ein europäisches Land, das mit so vielen Nahaufnahmen und Zwischenschnitten zu Fans und Trainern arbeitet, wie Deutschland. Das sind die Klassiker zur emotionalen Aufladung eines Spiels, damit verhaltensgestörten deutschen Zuschauern nichts fehlt. Englische Übertragungen sind relativ pur gehalten.
Den Kontrast zwischen der unterschiedlichen Bildregie, kann man immer sehr gut bei der WM (und zuletzt bei der EM) erkennen, wenn ein neutrales Team (bei der WM: HBS aus der Schweiz) mit Spitzenregisseuren aus mehreren Ländern die Produktion besorgt. Deutsche Zuschauer und Medien reagieren förmlich geschockt, weil sie das Spiel aus einer Totalen erleben, wie sie aus der Bundesliga nicht gewohnt sind.
Generell zur Aufarbeitung der Spiele in England: Gemessen an der Jahrmarktschreierei in der Sportschau, Sportstudio oder teilweise auf Premiere, ist die Aufarbeitung in der BBC, sei es Match of the Day oder BBC 5live, oder ITV (Champions League, Uefa-Pokal) wesentlich entspannter, aber auch journalistischer als in Deutschland. In den Sendungen rund um die Spiele geht man konzentrierter zu Werke (man vergleiche Sportschau mit Match of the Day). Gleichzeitig gönnt man sich den Luxus, in anderen Sendungen entspannter über den Fußball zu plaudern, wie man es mit Freunden in der Kneipe machen würde (BBC 5live oder Score vs Doppelpass). Ich fühle mich bei der englischen Berichterstattung in TV und Radio besser aufgehoben, als bei den deutschen Pendants.
Bundesliga vs Premier League: Mein Eindruck ist schon, dass die englischen Spitzenteams mehr Antworten auf die Problemstellungen im Laufe eines Spiels haben. Spannend wird es, wenn sich in Deutschland endlich feste Verfolger für den FCB etablieren könnten. Der HSV per Didi-Masterplan? Die jungen Wilden aus Leverkusen? Das Laborexperiment „TSG 1798 Hoffenheim”? Und spannend wird es in England, weil Aston Villa an der Schwelle steht, sich auf Dauer zu den Big Four zu gesellen.
Frappierend peinlich
Weil sie zu einer Dopingprobe verspätet erschienen und sie deswegen unbrauchbar, sind zwei Spieler des italienischen Zweitligisten Brescia auf Druck der WADA für ein Jahr gesperrt worden. Nun erhalten sie die Solidaritätsbekundungen von Spielern, Verbänden und Schiedsrichtern. Tom Mustroph (taz) kommentiert: „Kennzeichnend für den Umgang mit Doping im Fußball ist, dass zwar alle Beteiligten gegen das Urteil protestieren, niemand es aber zum Anlass nimmt, die Spieler zur Pünktlichkeit anzuhalten und den Trainern nahezulegen, ihr Donnerwetter an die zur Kontrolle bestimmten Sportler besser zu terminieren. Lieber Gesetze ändern als sich ihnen beugen, lautet die Botschaft.“
Birgit Schönau (opera buffa) fügt hinzu: „Die Spielergewerkschaft AIC will aus Protest sämtliche Spiele an diesem Wochenende verspätet starten lassen. Ganz schön peinlich. Die Regeln gelten für alle, so einfach ist das. Die Strafe sei übertrieben, hat Verbandspräsident Abete gesagt. Abete redet, als handelte es sich um eine einfache Verspätung. Als wären zwei Jungs halt eine halbe Stunde zu spät zu einem Date erschienen. Mit welcher Entschuldigung eigentlich? Egal – es ist frappierend, dass Profifußballer so tun dürfen, als hätten sie keine Ahnung.“
Der Primera División Blog hat Aussagen und Fakten gesammelt, wie es um die Wirtschaft des spanischen Profifußballs steht, nämlich „richtig dreckig“. Von nahezu drei Milliarden Schulden ist die Rede. Am schlechtesten hat der FC Valencia gehaushaltet, der seinen Spielern derzeit kein Gehalt zahle.
Dreh- und Angelpunkt
In dem Leitbild des Handelsblatt-Blogs Indiskretion Ehrensache spiegelt sich die Arbeitsweise des freistosses. Er heißt „Linke, so wirst Du verlinkt“ und wendet sich kritisch an die großen Medienhäuser, die auf ihren Webseiten externe Links vermeiden: „Offensichtlich sind die Online-Leser also klüger, als ihnen viele Journalisten zutrauen. Sie kommen zurück zu einer Seite, die für sie der Dreh- und Angelpunkt des Nachrichtengeschehens ist. Und sie merken sich, dass sie von dort gekommen sind, wenn sie Meldungen auf anderen Seiten lesen. durch die Offenheit des Verlinkens demonstriert solch ein Anbieter eben auch, dass er nicht allwissend sein kann – was ihm ohnehin niemand abnehmen würde. Und deshalb nimmt man ihn ernst. Die meisten Nachrichtenseiten klassischer Medien dagegen beruhen noch immer auf dem alten Redaktionsprinzip: Sie behaupten, alles aus aller Welt wissen und beurteilen zu können.“ Demnächst wird mehr zum Thema Online-Journalismus an dieser Stelle zu lesen sein.