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DFB-Pokal

Wie ein kleiner Junge auf dem Schulhof

Oliver Fritsch | Freitag, 6. März 2009 Kommentare deaktiviert für Wie ein kleiner Junge auf dem Schulhof

Jürgen Klinsmann steht ohne Verbündete da, es gibt ein erstes Nachfolgegerücht / Werders Renaissance

Ganz beiläufig unkt die SZ heute darüber, dass Ottmar Hitzfeld als Übergangslösung für die Bayern bereit stehe, da er „trotz eines Nebenjobs in der Schweiz sicher ein paar Wochen Zeit hätte, so wie Guus Hiddink, der momentan die Russen und den FC Chelsea verantwortet“. Nein, Sie haben nichts verpasst, Jürgen Klinsmann ist noch Bayern-Trainer. Aber die Kommentare nach dem 2:4 in Leverkusen klingen wie Abgesänge.

Markus Lotter (Berliner Zeitung) bezweifelt stark, ob Klinsmann noch wenden kann: „Seine geplante Reform, die strukturelle Umgestaltung des träge gewordenen FC Bayern, ist in weiten Teilen gescheitert, auch weil sie längst nicht mehr konsequent ist. Aus Verlegenheit passt er sich an und hat sich anpassen lassen. Er denkt nicht vor, sondern hinterher, ist nicht mehr Leiter des Projektes, sondern überforderter Manager des sportlichen Tagesgeschäftes.“

Jürgen Klinsmann muss Spiele und Titel gewinnen, sonst hat er keine Chance. Doch selbst wenn er Spiele und Titel gewinnen sollte, heißt das nicht, dass ihm ewige Liebe vergönnt sein wird. Er möge mal bei Felix Magath und Ottmar Hitzfeld fragen, rät Holger Gertz (SZ): „Wenn Erfolg die einzige Garantie dafür ist, seinen Trainerjob zu behalten, gilt das in München jedenfalls nicht. Dass Misserfolg allerdings geradewegs zur alsbaldigen Trennung führt, ist hier Gesetz wie nirgendwo sonst.“

Den Beschreibungen der Presse nach zu urteilen, steht er im Klub ohne Verbündete da. So misstraut Gertz Klinsmanns Umarmungsversuchen mit dem Vorstand: „Wenn man ihm zuhört, fällt auf, was der Druck mit einem Menschen macht. Seine Parolen wirken wie auswendig aufgesagt. Wenn er von den Bayern-Bossen Rummenigge und Beckenbauer als ‚Kalle und Franz‘ spricht, klingt er wie ein Junge, der auf dem Schulhof von Klassenkameraden erzählt, die in Wirklichkeit gar nicht seine Freunde sind.“

Wann bitte lernt Lell flanken?

Auch die Journalisten würden ihm mit großen Skepsis begegnen, betont Udo Muras (Welt): „Klinsmann polarisiert. In den Medien hatte er schon seit Spielerzeiten kaum Freunde. Der Trainer Klinsmann sammelte schon bei seiner Vorstellung Minuspunkte, als er Fotografen nur drei Minuten erlaubte, ihren Job zu tun. Als er im Herbst einem altgedienten Bayern-Reporter wegen zu kritischer Berichte Hausverbot erteilte, erntete dieser viel kollegiales Mitgefühl. Das Verständnis für Klinsmann hielt sich in Grenzen. Umso größer ist die Bereitschaft der Journalisten, kritisch über Klinsmann zu berichten. Der Sommermärchen-Bonus scheint aufgebraucht.“ Der bei den Journalisten ohnehin nie sonderlich groß war.

Jeden Spieler täglich besser machen?, fragt Muras höhnisch: „Faustet Rensing nicht immer noch an den Flanken vorbei, sind Schweinsteigers Ecken nicht immer noch so ungefährlich, und wann bitte lernt Lell flanken?“

Und in der Mannschaft herrsche keine Disziplin, will Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) beobachtet haben: „Die fußballtaktische Debatte ist längst nicht das einzige Problem der Klinsmann-Bayern. Es zeichnet sich die Brüchigkeit des sozialen Gefüges ab. Auf dem Platz wird diskutiert, und immer wieder kommentieren die Münchner Aktionen der Mitspieler mit abfälligen Handbewegungen. Das nicht ganz einfache Verhältnis der Mannschaft zu ihrem Trainer verstärkt eine solche Dynamik.“

Hamit Altintop hat offenherzig gesagt: „Fußball ist einfach ein Kollektivspiel, und wenn das Kollektiv nicht funktioniert, dann kann uns auch kein einzelner Spieler helfen.“ Ottl soll er nach freistoss-Recherchen nicht damit gemeint haben.

Ob Klinsmann das Fußball-Viagra noch findet?

Bernd Müllender (Financial Times Deutschland) gesellt zu seiner liebenswürdigen Boshaftigkeit den bitteren Hohn: „Dem FC Amliebstenimmerallesgewinnen ist kurioserweise ein bestimmendes Merkmal seiner Existenz abhanden gekommen: der Bayern-Dusel. Neulich schon wurde ein Klose-Tor fälschlich nicht gegeben, Schiedsrichter pfeifen keine Majestätselfmeter mehr auf Zuruf, selbst die Innenpfosten verweigern sich als automatische Bande für das nächste Glückstor. Und die Gegner erleiden keine Respektslähmungen mehr, nicht einmal so junge wie die von Bayer Leverkusen. Ob Klinsmann das Fußball-Viagra für den lendenlahmen FC Früherimmerallesgewinnen noch findet?“

Sieben tolle Tage

Werder Bremen, der Tabellenelfte der Bundesliga, hat mir nichts dir nichts drei Top-Spiele hingelegt: Mailand, München, Wolfsburg. Christian Kamp (FAZ) schildert die Renaissance Werders: „Sieben tolle Tage haben genügt, um der schon entglitten geglaubten Saison wieder einen Sinn und sich selbst frischen Ansporn zu geben, auf dass es doch noch etwas werde mit einem versöhnlichen Jahresabschluss. Werder ist das schlechteste Rückrundenteam, Wolfsburg das beste. Diese Mannschaft kann jeden schlagen – und an vielen Tagen eben auch sich selbst.“

Nischenprodukt fürs Herz

11 Tore in den zwei Spielen in Düsseldorf und Wolfsburg, bei Bayer gegen Bayern fielen sogar 5 Tore innerhalb weniger als fünfzehn Minuten – Roland Zorn (FAZ) geht bei Pokalspielen das Herz auf: „Neben der europäischen Luxusvitrine Champions League und der nationalen Edelmanufaktur Bundesliga wirkt der DFB-Pokal manchmal wie ein Nischenprodukt, das erst so richtig wahrgenommen wird, wenn das Berliner Olympiastadion seine Tore zum festlichen Endspiel öffnet. Diese vorurteilsbestimmte Wahrnehmung ist am Mittwoch eindrucksvoll widerlegt worden.“

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