Champions League
Berufsanfänger gescheitert
| Donnerstag, 9. April 2009Erste Pressereaktionen auf die 0:4-Niederlage Jürgen Klinsmanns und seinen Bayern in Barcelona
Markus Lotter (Berliner Zeitung) zählt Jürgen Klinsmann an: „Er ist als Berufsanfänger in Sachen Klubcoaching dramatisch gescheitert. Er war ja angetreten, um die Bayern neu zu erschaffen, eine neue Ära der nationalen Dominanz und internationalen Stärke zu begründen. Die Saison und das Messen mit einem großen Europäer haben jedoch gezeigt, dass er im Alltag mit seinen Methoden nicht funktioniert.“
Jens Fischer (stern.de) fügt hinzu: „Klinsmann kommt nicht mehr an seine Spieler heran. Das ist offensichtlich. Der einstige Motivations-Guru ist an seine Grenzen gestoßen. Erst vor kurzem hatte er seine Stars in die Pflicht genommen, wollte endgültig nicht mehr ‚Blitzableiter‘ sein. Genutzt hat es nichts. Die Bayern wirkten auch in Spanien apathisch, lustlos, satt. Sie lassen sich offenbar schon lange nicht mehr kitzeln. Hinzu kommen viele taktische Fehler und mangelnde spielerische Klasse.“
Beim freistoss nebenan heißt es: „Wer war wohl diesmal Schuld daran, dass der deutsche Vereinsfußball dem höchsten Niveau nicht gewachsen ist: Das Kartellamt? Das Bosman-Urteil? Die protestierenden Amateure, die sich gegen den neuen Bundesliga-Spielplan wehren?“
Demnächst mehr zu diesem Spiel.
Nachgereicht noch ein Messi-Portrait aus der FAZ von gestern.
Kommentare
7 Kommentare zu “Berufsanfänger gescheitert”
Donnerstag, 9. April 2009 um 10:40
Jürgen Klinsmann hat versucht, sein „Nationalmannschaftskonzept“ auf die Bayern zu übertragen und ist grandios gescheitert.
Sein größter Fehler wird mir aber bei der ganzen Diskussion viel zu wenig beachtet:
Bayern lebte in der Bundesliga schon immer (zumindest zum Teil) von der eigenen Arroganz. Da liefen 11 Fussballer auf, die genau wussten, egal wie schlecht wir spielen, wir können immer gewinnen. Das war Psychoterror für jeden Gegner. International dagegen wussten sie, dass sie nur mit Kampf und Einsatz eine Chance haben mit den Großen mitzuspielen.
Heute hat Ihnen Klinsmann beigebracht, dass man den Gegener 90 Minuten unter Druck setzen, sein eigenes Spiel durchsetzen muss. Mit diesen Aussagen (man muss was tun um zu gewinnen) hat Klinsmann der Mannschaft das sogenannte „Bayern-Gen“ rausoperiert.
Zu den beiden Aussenverteidigern Oddo und Lell sage ich schon gar nix, weil die können es einfach nicht besser. Aber wie tief das Selbstvertrauen gesunken ist, hat man in der ersten Halbzeit bei den Herren Altintop und Schweinsteiger gesehen. Das war unterirdisch und da muss man als Trainer eigentlich schon in der ersten Halbzeit reagieren.
Aber anstatt dass Herr Klinsmann von aussen Impulse gibt (egal: herumspinnen wie der Spanier oder eben konstruktiv wechseln) schaut er einfach nur entgeistert auf das Feld.
Donnerstag, 9. April 2009 um 11:38
Ich gebe ja zu, dass es durchaus sinnvoll sein kann, in dieser Situation über den Trainer zu reden. Aber der ist sicherlich nicht alleine für die Transferpolitik der Bayern verantwortlich – warum spricht da niemand drüber?
Donnerstag, 9. April 2009 um 12:53
Gegen Wolfsburg, das war ’ne Klatsche. Okay.
Aber gestern, das war ’ne neue Erfahrung und Qualität:
Sie sind vom Spiel ausgeschlossen worden.
Donnerstag, 9. April 2009 um 14:31
Ich hab’s ja eigentlich schon bei mir geschrieben. Die Bayern-Krise und das gestrige Debakel nur an Klinsmann festmachen zu wollen, ist kurzsichtig. Ähnliche Probleme gab es unter Hitzfeld und Magath ebenso (weswegen Klinsmann überhaupt nur geholt wurde). Das Problem ist und bleibt ein fehlendes sportliches Konzept des Vereins.
Donnerstag, 9. April 2009 um 15:48
Die Sache reicht weiter. Die europäischen Spitzenmannschaften SPIELEN Fußball. Das hat was Leichtes und Anmutiges. Und genau das fehlt allen deutschen Mannschaften. Mit Kampf und Arbeit allein wird auf absehbare Zeit in der CL weiterhin im Viertelfinale Schluß sein. Technisch sind die Topteams aus Spanien, Italien und England Bayern & Co. wenigstens eine Klasse überlegen – und taktisch ebenso. Gestern war zudem augenfällig, daß Barca auch im Kopf um einiges fixer war als der FCB.
Selbstverständlich können wir weiterhin im eigenen Saft schmoren und uns an der bisweilen sehr unterhaltsamen aber eben auch mittelmäßigen Buli ergötzen. Wenn jedoch international was gerissen werden soll, muß von der grundsätzlichen Einstellung was passieren. Technik, Spielgeschwindigkeit, Taktik und Kreativität (!) müssen auf ein anderes Niveau gehoben werden. Das muß bereits in einer fundierten Jugendarbeit beginnen. Diese Erkenntnis ist alt, aber immer noch wahr – leider. Pay-TV, Umsätze und Etats spielen dabei nicht die wichtigste Rolle.
Nixwisser
Donnerstag, 9. April 2009 um 17:17
Ich meine, am FCB zeigt sich das Problem des gesamten deutschen Fußballs: Er hinkt im internationalen Vergleich einfach mehrere Jahre hinterher. Einziger Unterschied zu den Vorjahren: Momentan versuchen sich ein paar Vereine mehr, die z.T. außerdem noch finanziell potent sind, in „Konzeptfußball“, weswegen jetzt auch die nationale Dominanz des FCB dahin ist. Das ist m.E. ein deutlicher Unterschied: In den letzten Jahrzehnten konnten im deutschen Fußball Innovationen (z.B. Viererkette, Laufwege) zunächst immer nur bei Teams umgesetzt werden, denen „das Wasser bis zum Hals stand“ (also etwa abstiegsgefährdet in der 2. Liga spielten).
Könnte auch der FCB diesen Weg gehen? Vielleicht, wenn dieses Jahr doch nicht eine Meisterschaft alles wieder zukleistert. Selbst dann spräche aber noch einiges dagegen:
1. Die Qualifikation für den UEFA-Cup würde wohl als einmaliger „Ausrutscher“ (übrigens dann der zweite in drei Jahren) interpretiert und statt dessen eher mit guter alter „Festgeldtaktik“ versucht, die Konkurrenz zu schwächen.
2. Die Führung (insb. Rummenigge und Hoeness) müsste ihr Versagen in den letzten Jahren einsehen (in den letzten Jahren wurden statt dessen immer die Trainer „demontiert“).
3. Der Präsident des FCB müsste in ein solches Aufbaukonzept eingebunden sein (also „Sendepause“ für Beckenbauer bei Premiere, Bild und allen sonstigen Vertragspartnern).
4. Schließlich müsste eine solche Aufbaupolitik auch vom Umfeld akzeptiert werden, wobei vielleicht weniger die Fans als die „Medienkulisse“ für Probleme sorgen würden. Denn in weiten Teilen des deutschen Fußballjournalismus (bzw. dem, was sich dafür hält) gilt als probates Mittel bei Problemen schließlich immer noch „Gras fressen“, „Arsch aufreißen“ und „in den Hintern treten“(insofern wäre es wohl die größte Hilfe für den deutschen Fußball, Udo Lattek abzuschalten – und Matthias Sammer wohl gleich mit).
Samstag, 11. April 2009 um 08:54
Nicht Klinsmann hat Schuld, sondern der FC Bayern. Schon in der Hinrunde, wurde Klinsmann doch eingebremnst, von der Revolution blieb ob ausbleibender Erfolgerlebnisse nicht viel übrig. Durch Druck von Rummenigge, Hoeneß und Co. musste Klinsmann zurück rudern, um nicht zu diesem Zeitpunkt schon einen Rauswurf zu riskieren.
Bayern hätte gut daran getan, ein Übergangsjahr ohne jeglichen Druck anzukündigen. Selbst ein Jahr ohne Champions League hätte dem Verein finanziell nichts anhaben können. So wurde aus der ursprünglich guten Idee eines Neuanfangs nur ein halbgares Aufpolieren.
Und internationale Spitze ist der Verein nunmal auch nicht. Zu Barcelona und den englischen Fab Four fehlen nun einmal auch ein paar Millionen, da kann auch Klinsmann nichts dafür.
Für die deutsche Meisterschaft wird es trotzdem reichen.