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Ball und Buchstabe

Eine 18.9 auf der nach oben offenen Zwanziger-Skala

Oliver Fritsch | Mittwoch, 15. April 2009 2 Kommentare

Die Chronisten spotten über die Klage Jürgen Klinsmanns gegen die taz, die ihn auf einer satirischen Fotomontage ans Kreuz genagelt hat.

Jürgen Klinsmann verklagt die taz auf Schadenersatz, weil sie ihn in auf dem Titel ihrer Osterausgabe per Fotomontage ans Kreuz genagelt hat. Daneben steht die Schlagzeile „Always Look on the Bright Side of Life“ – eine Anspielung auf Monty Pythons Jesus-Satire „Life of Brian“. Im Schreiben des Anwalts heißt es, Klinsmann sei „Objekt und gleichzeitig Opfer blasphemischer Angriffe, die ihn zutiefst und massiv in seiner Menschenwürde und in seinem – auch religiösen – Persönlichkeitsrecht verletzen“. Bayern-Pressechef Markus Hörwick spricht von der „vielleicht schlimmsten Entgleisung, die es je in den deutschen Medien gegeben hat“.
Ralf Mielke (Berliner Zeitung) spottet über diesen Satz: „Eine gewagte These, die den Schluss nahe legt, Hörwick habe bisher immer nur die Sportseiten der Zeitungen gelesen und darauf höchstens die Bildunterschriften. Der FC Bayern schlägt gerade den vielleicht kürzesten Weg zur Realsatire ein, den es im deutschen Fußball jemals gegeben hat.“

Life of Jürgen
Life of Jürgen © Fritsch, indirekter-freistoss.de

dogfood stellt Hybris fest: „Angesichts des Drecks, der in anderen Zeitungen erscheint, zeugt so eine Bemerkung mindestens von gesteigerter Egozentrik.“ Hörwick müsse ohnehin „unter Ausblendung der deutschen Mediengeschichte von 1933 bis 1945“ geredet haben. Für die juristische Auseinandersetzung findet er eine schöne Analogie: „Ich gebe dem möglichen Prozess eine 18.9 auf der nach oben offenen Zwanziger-Skala, und die Medienkompetenz von Jürgen Klinsmann bekommt 2.8 Stenger-Punkte.“

Die taz weigert sich, die Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, verweist auf den eindeutig satirischen Gehalt und sehe einem Prozess gelassen entgegen. Zudem ist zu erwähnen, dass der dazugehörige taz-Artikel, taz-untypisch, Klinsmann ein wenig in Schutz nimmt.

Kommentare

2 Kommentare zu “Eine 18.9 auf der nach oben offenen Zwanziger-Skala”

  1. Herr Wieland
    Mittwoch, 15. April 2009 um 19:59

    Zunächst mal bin ich ganz bei Arnd Zeigler, der Sonntag in seiner Sendung sagte, dass es Dinge gibt, die man nicht machen muss, nicht mal die taz. Der Bezug zum „gefallenen Heiland“ ist auch deshalb daneben, weil Klinsmann schließlich auch von „den Zeitungen“ zum Heiland erkoren wurde. Als solcher vorgestellt wurde er auf der PK beim FC Bayern meines Wissens nicht.

    Trotzdem ist die Reaktion des Clubs bzw. von Klinsmann natürlich albern. Und ja, Theweleits Artikel ist interessant. Auch weil er so gar nicht dem reißerischen Titelbild entspricht.

  2. methusalix
    Donnerstag, 16. April 2009 um 13:44

    Ach der Zeigler…

    zeigt diesselbe Entwicklung wie einst 11Freunde.Vom frechen Zwischenrufer zum kuschenden mainstream- man will ja Gäste & Werbung aquirieren.Grund zur Klage hätten allenfalls die Rechteinhaber von „Life of Brian“- für son nen schwäbischen Bäcker ist das Filmplakat doch Verschwendung…

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