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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Der Klinsmann geht, der Kaiser bleibt

Oliver Fritsch | Donnerstag, 16. April 2009 10 Kommentare

Die Trennung von Jürgen Klinsmann am Saisonende sei beschlossen (SZ) / Bayern-Fans und Klinsmann wie Nord- und Südpol / Bayernführung orientierungslos wie Schalke

Die SZ meldet aus „gut unterrichteten Kreisen“, dass die Trennung von Jürgen Klinsmann zum Saisonende beschlossene Sache sei, selbst ein Meistertitel würde ihn nicht retten. Seinem Auftreten sei das nicht anzumerken. „Klinsmann rennt einfach weiter nach vorn. Dabei ist das Spiel entschieden.“ Doch mit den Mitteln des Stürmers lässt sich keine Mannschaft führen, soll das wohl heißen.

Anja Schramm (Welt) empfindet das Verhältnis zwischen Klinsmann und den Bayern-Fans dem zwischen Nord- und Südpol ähnlich: „Es gab wohl kaum einen Trainer, der bei Amtsantritt so wenig Kredit bei seinen Anhängern hatte wie Klinsmann. Es ist eine Mischung aus den Schatten der Vergangenheit und dem Unverständnis für Entscheidungen der Gegenwart, die sie von Klinsmann entfremden. Söldnermentalität in seinen Profijahren halten ihm einige vor, weil er kam und wieder ging, weil er knallharte Verträge aushandelte und dabei ordentlich verdiente. Und später in seiner Amtszeit als Nationaltrainer die Degradierung von Oliver Kahn und Sepp Maier, den Münchner Idolen. Mannschaftsintern hat er noch mit anderen Dingen zu kämpfen. Die Spieler vermissen taktische Übungseinheiten.“

Sind die Kaisertreuen erblindet?

Christian Kamp (FAZ) spürt „Unsicherheit und Zukunftszweifel“ in der Vereinsführung, der „die Orientierung abhanden gekommen zu sein scheint“ und die nicht wisse, wohin die Reise gehen soll. Wird sie sich von der „Sehnsucht nach Vergangenem“ leiten lassen, die durch die Hitzfeld-Gesänge und Lattek-Grüße der Fans deutlich geworden sei? Kamp warnt Hoeneß, Rummenigge und Beckenbauer:„Über all die Diskussionen um Klinsmann droht etwas viel Wertvolleres verlorenzugehen: das bajuwarische Selbstbild, das bislang durch Stärke auf der Führungsebene geprägt war.“

Oskar Beck (Stuttgarter Zeitung) grient – und gibt‘s Beckenbauer, der sich über Schalke mokiert hat, zurück: „Wer lacht da noch über die Schalker? Viel unkoordinierter haben die es zuletzt auch nicht getrieben – oder damals, als sie den Trainer Slomka demontierten und der Beckenbauer aus der Ferne wieherte: ‚Es gibt Klubs, die sich selbst hinrichten.‘ Plötzlich stellt sich heraus: auch bei den Bayern ist nicht alles Kaiser, was glänzt. (…) Sind die Kaisertreuen längst erblindet angesichts des Leuchtschweifs ihrer Lichtgestalt? Jedenfalls, so ahnen die bösen Zungen, wird die Sache bös enden: Der Klinsmann geht, der Kaiser bleibt.“

Nachgereicht ein langer Barcelona-Spielbericht, in dem die FAZ feststellt, dass Bayern „zu wenig Ribérys“ habe.

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Kommentare

10 Kommentare zu “Der Klinsmann geht, der Kaiser bleibt”

  1. Nixwisser
    Donnerstag, 16. April 2009 um 15:00

    Angeblich ist Sammer im Gespräch. Wenn er tatsächlich Klinsmanns Nachfolger wird, muß die Führungsetage des FCB zwangseingewiesen werden. „Kommando zurück“ heißt dann wohl die Devise. Keine Ahnung wohin, aber garantiert nicht in die Zukunft.

    Ich weiß nicht, ob Klinsmann der Richtige für den FCB war oder ob er überhaupt ein fähiger Vereinscoach ist. Auf jeden Fall hatte er wohl keine echte Chance, um seine Qualitäten zu beweisen. Denn wenn es stimmt, daß Rensing nur von Hoeness‘ Gnaden die Nr. 1 war und Klinsmann von Beginn an lieber Butt im Tor gehabt hätte, welches Standing hat da ein Trainer? Und über welche Kompetenzen zur Einführung der so viel diskutierten Neuerungen verfügt er dann? Eben.

    Wie dem auch sei, ich wiederhole mich gerne: Der FCB liefert nur das Beispiel. Dem deutschen Fußball fehlt es an Vielem: technisch, taktisch und spielwitzig sind uns einige Ligen in Europa voraus – weit voraus. Und nein, es liegt nicht in erster Linie am Geld. Business as usual führt zu Erfolgen as usual – nämlich keinen.

  2. tafelrunde
    Donnerstag, 16. April 2009 um 21:05

    @nixwisser: sehr guter Kommentar!
    Aber aus was besteht denn die Philosophie bzw. die Vision von Klinsmann, von der man angeblich so viel lesen kann. „Jeden Spieler jeden Tag besser machen“? Mit Verlaub: Das ist der Job eines jeden Trainers, ob Kreisklasse oder CL.
    Barca hat eine eindeutige, auch in kurzen Statements vermittelbare Philosophie („Der Ball muss immer laufen“, „Ständig, auch in Gegners Hälfte, gegen den Ball arbeiten“, „Ball kurz, präzise und hart spielen“, „Jede Mannschaft des Clubs spielt das gleiche System“, und was-weis-ich-noch-alles). Auch viele andere Spitzenclubs haben eine eindeutige, klare, erkennbare Philosophie (s. Hoffenheim, Hertha, Arsenal, ital. Mannschaften, ganz klar auch Wolfsburg!). Aber Klinsmann?
    Warum fragt kein Journalist mal wirklich ganz hart nach bei Klinsmann, für was für eine Art von Fußball (=Philosophie) er denn eigentlich steht? Und in welche Kernaussagen er dies gedenkt zu kommunizieren. Komme mir aber bloß keiner, der sich mit vertikalem Spiel, schnell in die Spitze spielen und ähnlichen Phrasen abspeisen lässt.
    Also, wo will Klinsmann eigentlich hin? Welche Vision hat er? Wie will er seine Ziele erreichen? Dann könnte man Fortschritte oder deren Ausbleiben daran messen.
    Wenn das endlich geklärt wäre, könnte man ihm dafür auch die nötige Zeit geben. Ansonsten: Ab in die Tonne mit dem Geschwafel.

  3. Joshtree
    Freitag, 17. April 2009 um 08:54

    Meinen Dank an die Tafelrunde! Das trifft’s ziemlich genau. Das Problem vieler Bayern-Fans liegt auch nicht in irgendeiner Vergangenheit sondern in der Gegenwart. Zum Thema Rensing: wenn man JKs Aussagen über ihn liest und sein Handeln dagegenstellt, dann würde ich mich auch hochgradig veralbert fühlen. Das Gleiche ist van Buyten neulich auch schon passiert. Die Menschenführung von JK ist ne Katastrophe!

    Sammer: ist der wirklich rückständig? Hat der wirklich keine Ahnung von Spielsystemen und konzeptioneller Arbeit? Solle man ihn wirklich an seiner Arbeit von vor einigen Jahren messen? Oder wirkt er bloß so rückständig, weil er kein Marketingsprech beherrscht wie JK?

  4. Oliver Fritsch
    Freitag, 17. April 2009 um 09:22

    Sammer nannte man in Stuttgart den „Witwer“. Wegen seiner durchgehend schlechten Laune. Dabei lebt seine Frau noch.

    Auf jeden Fall würde der beste Premiere-Experte verloren gehen.

  5. H. Junghanns
    Freitag, 17. April 2009 um 09:44

    Dem Deutschen fehlt zweifellos die Freude am Lernen. Das wird in der Schule aberzogen und tradiert sich im Beruf weiter. warum sollte das bei Profi-Fußballern anders sein? Ganz sicher ist: Die Mehrheit der Vereinsführungen ist Beratungsresistent und die „Fachkollegen“ von Sportbild brauchen dringend eine Klinsmann Entlassung um dann über das Fußball Sommerloch zu kommen.
    Die Frage: Hatte er die Chance zur Veränderung des „FC-Intrigantenstadl“, stellt sich in dieser Gemengelage nicht und hat sich für die Verantwortlichen im Verein nie wohl auch gestellt. Liegen die unangenehmen Wahrheiten vielleicht anderen Ortes?
    1. Was wäre im althergebrachten Bayernsystem aus einem 17jährigen Messi oder Fabregas wohl geworden? Nix!
    2. Wenn ein junger Topspieler die Wahl zwischen London, Barcelona, Madrid, Rom und Mailand hat wie sieht dann die Alternative München aus? Na zum Gähnen!
    3. Hat Präsident B. in München die Grundlagen für den Fußball des neuen Jahrtausends gelegt? Nein!

    Ist der Verein veränderungsfähig? Ja – aber es braucht Zeit und Geld, viel Geld! Beides ist vorhanden. Wo ist also das Problem? Es scheint Klinsmann erzeugt Angst. Angst vor veränderten Anforderungen an die Trainer und Manager. Angst vor veränderten Anforderungen an die Finanzen bei den Vereinsleitungen. Angst vor der Bloßstellung mangelnder Fachkompetenz bei der Sportpresse. Logische Lösung, der Mann muss einfach weg – und dann?

  6. Heffer
    Freitag, 17. April 2009 um 12:51

    „Es scheint Klinsmann erzeugt Angst.“

    Das „scheitern“ Klinsmanns erzeugt Angst.
    Würde alles prima laufen würden wir diese Diskussion nicht führen.
    Aber wenn man ihn entlassen sollte, vielleicht auch trotz gewonnener Meisterschaft, was kommt dann noch?

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mit großem Veränderungsabsichten nach München geholt wird – im Gegenteil: es wird jemand mit Erfahrung geholt.

    Und wenn, dann heißt das ja noch lange nicht, dass er dann etwas verändern darf, man bedenke, dass der Hoeneß den Bayern ja nicht verlorengeht.

    Hierbei macht mir die Rensing/Butt-Sache schon ein wenig Angst.
    Kann man sich über soviele Jahre bloss eingeredet haben, dass er Topnivau spielen kann?
    Wie kann man als Trainer mit sowas umgehen?
    Schadet Hoeneß den Bayern in den letzten Jahren mehr als er ihnen hilft?

  7. Lena
    Freitag, 17. April 2009 um 15:15

    Die SZ hats erfahren. Klingt nach Klinsmann. *ggg wer vom FC Hollywood redet sonst mit der SZ…

    Was mich in letzter Zeit wirklich bei JK wundert, sind seine verbalen Lapser. Wie kann er nachdem er sich öffentlich sonst eigentlich vorbildlich gegenüber Hitzfeld verhalten hat, von einer „Blamage in Europa“ reden. Oder anstatt zu sagen, der Rensing hat der Mannschaft übel nachgeredet, daher spielt er nicht. Oder seine Idee, er werde jetzt mit der aktuellen Mannschaft Meister und anschließend werde er einiges umbauen. Das klingt doch wirklich nach falscher Motivation für die Klinsmann-mag-mich-nicht-und-ich-ihn-auch-nicht-Kandidaten in der Manschaft. Und der Ribery flirtet mit anderen Vereinen, der Lahm wird wohl auch gehen.

    Man fragt sich wirklich, was wohl aus der Ehe Bayern-Klinsmann geworden wäre, hätte der Toni seinen Superlauf in die neue Saison mitgebracht. Hat ja der Toni-Dusel den Hitzfeld doch als großen Trainer abtreten lassen….

  8. tafelrunde
    Freitag, 17. April 2009 um 20:31

    @alle: Wie eigentlich immer, sind hier alle Kommentare Top und helfen, den Blick zu weiten!
    Noch ein Gedanke: Wie oben schon mal aufgeführt – was wäre wenn Klinsmann die Spiele in Hamburg, Berlin und manch` andere gewonnen hätte. Mit ein wenig mehr Glück eine sehr realistische Perspektive. Dann wären die Bayern mit Abstand Tabellen-Führer. Wie würde dann die Arbeit von Klinsmann einsortiert?
    Der Faktor „Glück“ wird von fast allen, im Nachhinein stets auf den Punkt analysierenden Experten viel zu oft übersehen!
    You have to got the move, yeah!

  9. juwie
    Freitag, 17. April 2009 um 23:46

    @Heffer:

    > Schadet Hoeneß den Bayern in den letzten Jahren mehr als er ihnen hilft?

    Den Verdacht werde ich seit geraumer Zeit auch nicht mehr los.

  10. Dolmar
    Montag, 27. April 2009 um 10:19

    Endlich!! Den Spielern ein Grundgehalt zahlen(nicht zu hoch ,eher wenig).Nur Prämien zahlen pro erfolgreiches Spiel(Sieg).Und extra Prämie pro Titel.Dann brauch man eigentlich kein Trainer mehr.Die Laufen schon von ganz alleine!

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