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Internationaler Fußball

Millionen nach Mitternacht

Frank Baade | Dienstag, 15. September 2009 Kommentare deaktiviert für Millionen nach Mitternacht

In der Schweiz zeigt man sich angetan von Ottmar Hitzfelds Arbeit, spielerischer Glanz fehle, doch der Erfolg sei da; zwei Interviews, eines mit Jupp Heynckes über den Mythos Real Madrid, eines mit dem Präsidenten des FC Zürich

Peter B. Birrer und Florian Clalüna urteilen in der NZZ über die Schweizer Auswahl: „Die Kugel rollt für die Rotweissen. Im Oktober brauchen sie in Luxemburg und gegen Israel vier Punkte für die direkte WM-Qualifikation. Der Trainer Ottmar Hitzfeld hat mit dem Primat der Spielpraxis klare Verhältnisse geschaffen. In diesem Punkt ist der Süddeutsche strikt. Wer im Klub nicht spielt, hat mit dem internationalen Tempo Mühe und ist nicht erste Wahl. So fielen die in Liverpool und bei Arsenal aussortierten Philipp Degen und Philippe Senderos aus der Auswahl. Heute ist undenkbar, dass Patrick Müller ohne Spielpraxis in EM-Partien dabei wäre, wie das 2008 geschehen ist. Mittlerweile wissen zum Beispiel Yakin und Vonlanthen: Wenn wir spielen, ist die Chance gross, dass wir gerufen werden.“

Erfahrung, Titel und Ehrfurcht

„Der Name des Trainers steht nicht nur für Erfahrung und Titel, sondern auch für Ehrfurcht. Während in den letzten Jahren (2007/2008) immer wieder Kritik am damaligen Nationaltrainer Köbi Kuhn geäussert wurde, bleibt nun viel im Hals stecken. Dass im Spiel das Gewirr nach einer Einwechslung um die neuen Positionen fast zum 0:1 geführt hätte, wurde hinterher kaum erwähnt. So etwas geht (auch) auf das Konto des Trainers. Der Name Hitzfeld führt dazu, dass Spielerberater ihren Klienten abraten, sich kritisch zu äussern oder Stammplätze einzufordern. Nach der 1:2-Niederlage am 10. September 2008 gegen Luxemburg war die Kritik am Team vernichtend. Aber Kritik an Hitzfeld gab es kaum. (…) Es ist erstaunlich, wie weit die SFV-Auswahl mit zwar soliden und willigen, aber mittelmässigen Auftritten gekommen ist. Das liegt auch am Trainer, der sich an Resultaten orientiert. Er schätzt das Leistungsvermögen der Spieler realistisch ein – so lässt er spielen.“

Der Mythos Real Madrid

Zwei Interviews, eines mit Jupp Heynckes über seine Zeit bei Real Madrid, ein anderes mit dem Präsidenten des FC Zürich, Teilnehmer an der Champions League:

In der NZZ spricht Heynckes erfrischend wenig altklug über seine Zeit bei Real Madrid:

„Heynckes: Man merkt sofort, dass der Klub eine riesige Aura hat. Das wird spätestens an der Teampräsentation vor der neuen Saison im Stadion spürbar. Da kommen 80 000 Zuschauer, auch bei strömendem Regen, wie damals bei mir. Das Training wird zelebriert, jeder Spieler präsentiert, und zum Schluss kommen Legenden. Zu meiner Zeit wurde zuerst Gento vorgestellt, danach Puskas, schliesslich Di Stefano, und da stand das Stadion kopf. Spätestens da wissen Sie, wo Sie gelandet sind: bei einem Mythos. Real ist kein Klub wie jeder andere, und man muss irgendwie versuchen, ein Teil des Ganzen zu sein.

Hätten Sie das gerne länger versucht?

Unter den damaligen Umständen nicht. In meiner Umgebung brauche ich Leute, denen ich vertrauen kann, nicht nur kühles Erfolgsstreben.

(…)

Aber ist es wirklich so völlig anders als in anderen Grossklubs – beispielsweise im FC Bayern, den Sie als ehemaliger Münchner Trainer ja ebenfalls gut kennen?

Heynckes: Ich nenne ein Beispiel: In Spanien gibt es jeden Sonntag drei Radiosendungen, die den Spieltag aufarbeiten. Zwei davon finden zwischen Mitternacht und 2 Uhr statt, und ein Millionenpublikum hört zu. Manchmal war ich im Studio, und wenn ich nicht dort war, kam es vor, dass ich nachts um viertel vor zwei von daheim aus in die Sendung geschaltet wurde. Und da muss ich sagen: Nein, so ist es in Deutschland nicht.“

Zum lesenswerten Interview in der NZZ.

Die Droge Champions League

Zudem ein Interview in der SZ mit Ancillo Canepa, dem Präsidenten des FC Zürich, der 30 Jahre lang bei der Unternehmensberatung Ernst & Young tätig war. Es scheint, als könne sein FC Zürich mit ihm nicht abheben und danach Bruchlandung erleiden, wie einst der FC Thun:

„SZ: Müsste man als Berater nicht auch warnen: Champions League kann abhängig machen wie eine Droge!

Canepa: Das ist ja der Fehler gewisser Vereine. Als europäischer Spitzenklub können Sie auch mal ein, zwei schwache Jahre überbrücken. Aber wenn Sie als kleiner Klub wegen der Champions League kurzfristig massiv aufrüsten: Das ist das Dümmste, was man machen kann.“

Zum gesamten Interview in der SZ.

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