Bundesliga
Magaths zwangsläufige Mission
| Dienstag, 15. September 2009Schalke drückt der Finanzschuh, auch aus diesem Grund siegt es in Köln mit einer halben U21, Podolski ist beim Verlierer Köln erwartungsgemäß kein echter Führungsspieler, weshalb sein schweigsamer Trainer Soldo schon wankelt
Wie so oft wird Magath, der Taktiker, belobigt, den „Schleifer“ wird er wohl bald abgelegt haben. Oliver Schäfer erläutert in der Welt: „Das Comeback Asamoahs war nicht die einzige Überraschung, mit der Magath aufwartete: Er ließ mit einer Dreier- statt mit einer Viererkette spielen, mit zwei Mittelfeldspielern statt mit nur einem Mann defensiv und mit drei statt mit zwei Spitzen. Die Folge war, dass das stark ersatzgeschwächte Schalker Team in puncto Chancen, Schüsse auf das Tor und Ballbesitz unterlegen war – aber am Ende 2:1 siegte. Magath erfüllt seine Mission auf Schalke.“
Welche das ist, weiß Andreas Morbach, nicht ohne die Hintergründe zu benennen, die zu Felix Magaths erstaunlicher Spielerauswahl führen. In der FR zählt er erst die lieben Kleinen auf: „Christoph Moritz (19), den ursprünglich fürs Reserveteam gedachten Neuzugang aus Aachen, baute Magath vom Saisonstart weg in seine Stammelf ein. In der stand Moritz auch in Köln wieder, und neben ihm machten sich mit Benedikt Höwedes (21), Vasileios Pliatsikas (21), Carlos Zambrano (20) und Levan Kenia (18) gleich vier weitere ähnlich junge Herrschaften von Beginn an ans Werk. Keeper Manuel Neuer, auch erst 23, ist ohnehin unumstritten, dazu brachte Magath in der zweiten Halbzeit Lewis Holtby (18) und Jan Morávek (19) ins Spiel.“ Um dann zu begründen: „Magaths neue Liebe zur Jugend kommt freilich nicht von ungefähr. Laut einem nicht dementierten Bericht des Spiegel ist Finanzchef Peter Peters vom Aufsichtsrat angewiesen worden, bis Jahresende 20 Millionen Euro und bis Saisonende Mitte 2010 weitere 10 Millionen Euro zu beschaffen.“
Jan Christian Müller (FR) bestätigt und kommentiert die Schalker Finanzlage: „Es sind erschreckende Zahlen. Es sind aber auch Zahlen, die langjährige Beobachter nicht verwundern, nachdem Schalke in der verzweifelten Hatz nach dem ersten Meistertitel seit 51 Jahren alles holte und mit üppigen Gehältern versorgte, was nicht schnell genug auf die Bäume kam. Umso bemerkenswerter, wie der Allmächtige [Magath] die schwer verträgliche Situation meistert: Er krittelt an den Vorstandskollegen allenfalls in seiner unnachahmlich leisen Ironie herum, setzt auf dem Fußballplatz auf preiswerte junge Spieler, arbeitet knüppelhart und klaubt Punkte wie ein Eichhörnchen. Aber er weiß natürlich auch, dass er zum Siegen verdammt ist. Schalke 04 braucht schleunigst wieder die fetten Einnahmen aus der Champions League.“
Persönliches Paradoxon
Nicht mehr als gute Fleißnoten verteilt die FAZ für einen ehemaligen Champions-League-Teilnehmer, derzeit am Tabellenende: „Podolski sah sich am Sonntag einem persönlichen Paradoxon gegenüber: Er erfüllte zwar die Erwartungen, enttäuschte aber die großen Hoffnungen, die mit seiner Rückkehr ins Rheinland verbunden waren. Offenbar beschwingt von seinem 34. Länderspieltor vier Tage zuvor gegen Aserbaidschan, übernahm Podolski gegen Schalke die Rolle als Antreiber seines Teams.“ Podolski habe nicht nur das erste Bundesligator seit seiner Rückkehr erzielt, sondern sich auch mit Vehemenz und Kampfkraft auffallend eingebracht, wie man es von ihm zuletzt selten gewohnt sei. Doch das Gros seiner Teamkollegen stellte sich „anfängerhaft“ an und kassierte jeweils zwei schnelle Gegentore der Schalker. Der vom Heilsbringer zum Hoffnungsträger gestutzte Kölner konnte am Ende nicht zufrieden sein, auch wenn nach dessen erstem Treffer die Mannschaftskollegen an eine Wende zum Guten für Podolski glaubten. „Eine Wende des 1. FC Köln im Großen und Ganzen ist allerdings nicht absehbar.“
Till Schwertfeger erinnert in der Welt an Podolskis bisherige Erstliga-Saisons in Köln und wirft ihm Stagnation vor: „Nun nimmt Podolski seinen dritten Anlauf, mit dem FC den Klassenerhalt zu schaffen. Das ist das Minimalziel, insgeheim hofft man in Köln natürlich auf die Champions League. Das Problem ist: Der 1. FC Köln hat keine erstklassige Mannschaft, sondern ist der ‚1. FC Poldi‘, verstärkt durch den brasilianischen Innenverteidiger Geromel sowie die Ü30-Kombo Petit, Maniche und Novakovic. Aber selbst wenn Superstar Podolski ordentlich spielt und trifft, wie gegen Schalke, heißt das nicht, dass die Mannschaft punktet. Der neue Trainer Zvonimir Soldo hat Podolski zwar zum Führungsspieler bestimmt. Doch als solcher ist dieser bislang selten in Erscheinung getreten. Um auf dem Platz ein wahrer König zu sein, mangelt es ihm an Konstanz, übermannt ihn zu oft die Lethargie. Im Vergleich zu Cristiano Ronaldo, Lionel Messi oder Franck Ribery, gegen die er sich vor drei Jahren bei der Wahl zum besten Nachwuchsfußballer der WM durchsetzte, ist Podolski in seiner Entwicklung stehen geblieben.“
Seltsam defensiv und gehemmt
Bei Spiegel Online ahnt Christoph Biermann Konsequenzen dieser Stagnation für Podolskis Trainer. Und das, „obwohl die Mannschaft nicht schlecht spielt und mit nur einem Punkt aus fünf Partien deutlich unterbewertet ist. Dennoch rumort es hinter den Kulissen bereits, weil Zvonimir Soldo in seinem Auftreten seltsam defensiv und gehemmt wirkt. Gegen Schalke wurde dem unerfahrenen Coach von Felix Magath zudem vorgemacht, wie man durch taktische Raffinesse aus einer Mannschaft das Beste herausholt. Auf die Rochaden des Gästetrainers fand Soldo keine Antwort, und in den kommenden Wochen wird es nicht leichter. Nach dem Spiel in Stuttgart kommt Bayer Leverkusen über den Rhein, und nur Soldos bester Spieler ist ungebrochen zuversichtlich. ‚Man muss sich keine Sorgen machen‘, sagte Lukas Podolski und ging nach Hause.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Magaths zwangsläufige Mission”
Dienstag, 15. September 2009 um 09:01
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