Champions League

Im Prinzip ein Klassemann

Frank Baade | Freitag, 18. September 2009 1 Kommentar

Es rumort zwischen Stuttgarter Mannschaft und Publikum, der „eigentliche“ Weltklasse-Mann Hleb muss als Sinnbild herhalten: beim VfB Stuttgart nähert man sich der Krise, psychologisierend

Michael Eder (FAZ) fühlt sich wie im Kino, allerdings ohne Happy End. Eigentlich sei alles bereit gewesen für einen sicher nach Hause gebrachten Sieg der Stuttgarter, doch plötzlich sei der Film des überzeugenden Auftritts gerissen. Während Babbel psychologische Ursachen ins Feld führt, hält Eder dem „ganz konkrete Gründe“ entgegen: „Alexander Hleb zum Beispiel, die vom FC Barcelona ausgeliehene Mittelfeldgröße, beendete sein Wirken schon nach einer halben Stunde, agierte danach völlig konfus und spielte sich immer wieder fest. Nun ist Hleb im Prinzip ein internationaler Klassemann, hat beim FC Arsenal und in Barcelona gekickt, und warum er bei den Stuttgartern bislang nicht richtig Tritt gefasst hat, erklärt Babbel in seiner Rolle als Fußball-Psychologe. Hleb setze sich selbst zu sehr unter Druck, wolle zu viel. Doch auch Babbel selbst gerät allmählich unter Druck.“ In den letzten vier Bundesligaspielen sieglos, nun nur ein Remis zu Hause – in Stuttgart gellten bereits Pfiffe.

Christoph Ruf erhebt in der Berliner Zeitung Hleb gar zur Personifizierung der Lage: „Hleb, dessen Fitnesswerte für gut befunden worden waren, wird zunehmend zum Sinnbild der Stuttgarter Probleme – helle Momente, wie beim brillanten Pass auf Cacau folgen Phasen unerklärlicher Passivität.“

Kein Verständnis für die Pfiffe des Publikums schon während der Partie bringt Johannes Aumüller (SZ) auf: „Eine ob der VfB-Leistung ziemlich erstaunliche Reaktion war das, was sich das Publikum da leistete. Immerhin war dies keine Partie im Rennen um die schwäbische Meisterschaft, sondern die Champions League; immerhin war der Gegner kein unbekannter FC Heckhuscheid, sondern der amtierende schottische Meister; und immerhin war der VfB spielerisch keineswegs enttäuschend, sondern über weite Strecken der Partie die klar bessere Mannschaft.“ Dennoch fragt Aumüller, ob man in Stuttgart angesichts von Spielern wie Christian Träsch, Arthur Boka oder Roberto Hilbert nicht ohnehin seine Anspruchshaltung überdenken müsse. Diese Spieler täten sich schwer mit der Champions League. Babbels Reaktion auf den bisher geringen Erfolg sei die Abkehr von der Rotation gewesen. Zuletzt hätten immer die nominell besten Spieler in der Anfangsformation gestanden. Babbel wisse um das Risiko auch für ihn selbst: Wer schon in der Champions League bei einem Remis pfeife, was würde derjenige erst bei einer Niederlage gegen Köln oder Lübeck tun?

Platinis soziale Bewegung

Ob er sich dazu von der Leistung des VfB Stuttgart hat inspirieren lassen, ist unbekannt. Markus Lotter (Berliner Zeitung) jedenfalls möchte die Kleinen möglichst schnell wieder aus der Champions League verbannen: „Der erste Spieltag der Champions-League hat wieder einmal deutlich gezeigt, dass die Gruppenphase für die Elite Europas nicht mehr ist als die Verlängerung der Saisonvorbereitung, während die Schwellen- und Kleinklubs zum Teil auf dramatische Art und Weise ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Die erste Wettbewerbsstufe ist nur die krächzende Mühle, welche die Spreu vom Weizen trennt. Die Großen tun nur das Nötigste, um sich Platz eins oder zwei in der Vierergruppe zu sichern. Die Kleinen müssen erfahren, dass sie in Anbetracht ihrer beschränkten Möglichkeiten an sich in der bescheidenen Europa League besser aufgehoben wären. Nun sehen Michel Platinis Reformbemühungen aber vor, dass sich künftig noch mehr Außenseiter an der Champions League versuchen dürfen. Wer noch mehr spannungsfreie Fußballabende in Kauf nehmen will, sollte Platinis soziale Bewegung unterstützen.“

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