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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

DFB-Pokal

Sonderling Soldo

Frank Baade | Donnerstag, 24. September 2009 Kommentare deaktiviert für Sonderling Soldo

Nach Abschluss der 2. Runde im DFB-Pokal erstellt die Presse Charakterbilder von den Menschen an der Seitenlinie: Soldo, der Stoiker, Favre, der Marionettenspieler, Babbel, der Wüterich, uvm.

Philipp Selldorf (SZ) ist nicht ganz so knapp mit Worten wie das Subjekt seiner Beschreibung: Nachdem es ihm erst als Nachteil ausgelegt worden sei, lobten nun alle Soldos stoische Natur. Und sähen sie als Vorteil an, weil jeder im Verein davon habe profitieren können. Soldo habe die Balance gehalten, er sei nicht nervös und nicht aktionistisch geworden, meint Manager Meier. Genauso kenne ihn auch sein Ausbilder Erich Rutemöller vom Trainerlehrgang: nie hektisch, immer sachlich. „Soldo, 1967 in Zagreb in einfachen Verhältnissen zur Welt gekommen und erst im biblischen Alter von 26 Jahren zum Berufsfußballer aufgestiegen (nachdem er zuvor einige Semester Jura studiert hatte), hat eine eigene Art des öffentlichen Auftritts. Er ist das Gegenteil von geschwätzig, in Köln wird man dadurch als Sonderling angesehen. Für seine Selbsteinschätzung genügt ihm stets der Satz: ‚Ich bin ein Arbeiter.‘ Er ist freundlich, höflich, verbindlich, aber unnahbar. Bei den Pressekonferenzen ist es vorgekommen, dass Reporter pünktlich erschienen und die Veranstaltung bereits vorbei war: Soldo hatte drei Minuten vor der verabredeten Stunde Platz genommen, für seine Statements und Antworten braucht er nicht viel Zeit.“

Nächste brillante Vorrunde

Bei Christoph Rufs Vergleich zweier Bundesligateams in der taz werden unüberwindbare Unterschiede deutlich: „Dabei spielte der 1. FC Nürnberg, der nach dem Pokalsieg von 2007 nun im dritten Jahr hintereinander in der zweiten Runde ausgeschieden ist, alles anderes als schwach. Oenning hatte auf vier Positionen rochiert und präsentierte ein Team, das so offensivfreudig auftrat, wie er das vor der Partie angekündigt hatte. Engagiert präsentierte sich die erneut sehr junge Mannschaft, laufstark, mit einigen gelungenen Spielzügen und ein paar Torszenen. Nicht unzufrieden sei Oenning laut Selbstauskunft gewesen, denn ‚das war im Rahmen dessen, was wir können.‘ Was der Club mit der jungen Mannschaft kann, scheint allemal gut genug, um der Konkurrenz aus dem unteren Tabellendrittel auf Augenhöhe zu begegnen. Aber eben nicht gut genug für eine Hoffenheimer Mannschaft, die sich derzeit anschickt, die zweite brillante Vorrunde ihrer zweijährigen Bundesligageschichte zu schreiben. Dass man aus dem Leistungsabfall in der Rückrunde die richtigen Lehren gezogen hat, betonten die TSG-Offiziellen nach dem Spiel. Und tatsächlich kann man das Nürnberg-Spiel als Beweis dafür sehen, dass in dieser Spielzeit auch mehrere Stammspieler ausfallen können, ohne dass das Außenstehenden sofort auffallen würde.“

Fußball ist doch ein Sport

Jürgen Schmieder beschreibt den Berliner Trainer als Puppenspieler, dem die Puppen nicht immer gehorchen (SZ): „Favre ist ein Trainer, der Fußball eher als Wissenschaft betrachtet denn als Sport. Er will Fußball planbar machen, kontrollierbar, vorhersehbar. Wenn er am Spielfeldrand steht und seine Spieler dirigiert, dann wird deutlich, dass er am liebsten elf Männchen hätte, die er wie Marionetten über das Spielfeld bewegen kann. Der Wissenschaftler Favre muss mittlerweile einsehen, dass Fußball eben doch ein Sport ist und dass sich im Sport vieles nicht planen lässt – weil Spieler eben doch keine Marionetten sind, die immer dorthin laufen, wohin der Trainer sie schickt.“ Konkret bleibe zum Spiel festzuhalten, dass Hertha in den ersten 75 Minuten lang keinen einzigen Angriff zu Stande brachte und selbst beim Anschlusstor sei noch viel Glück im Spiel gewesen. Danach wurde es zwar etwas besser mit dem Berliner Offensivspiel, dennoch: „Es waren zwei gute Angriffe des Bundesligisten innerhalb von 90 Minuten. Noch einmal: Der Gegner war eine Mannschaft, die in der 2. Bundesliga auf Platz 13 steht.“

Rätselhaftes Gladbach

Gregor Derichs betreibt im Tagesspiegel Ahnenkunde anlässlich der Partie Gladbachs gegen Duisburg: „Das Duell gegen Duisburg sollte eigentlich dazu dienen, nach Niederlagen in Nürnberg und gegen Hoffenheim das Team aufzurichten. Aber Pokal und Gladbach, das passt nicht mehr richtig zusammen. Im Juli 2004 zog der Verein vom Bökelberg in den Nordpark um, wo bisher 89 Bundesliga- und 17 Zweitliga-Spiele stattfanden. Die Damen und Herren, die zuletzt die Loskugeln gezogen haben, meinten es nicht gut mit dem dreimaligen Pokalsieger. Achtmal in Serie traten die Gladbacher auswärts an, viermal scheiterten sie in der zweiten Runde. Beim ersten Pokalheimspiel im Borussia-Park hatte Frontzeck gehofft, einen Schritt Richtung Berlin zu vollziehen, um im familieninternen Wettbewerb aufzuholen. Während sein Vater Friedhelm 1960 mit den Gladbachern Pokalsieger wurde, schaffte er selbst mit der Borussia 1984 gegen den FC Bayern nur eine Finalteilnahme. Die Familiengeschichte wurde auf der anderen Seite geschrieben. Kristoffer Andersen, Sohn des früheren Kölner Bundesligaspielers Henrik Andersen, wurde erst zum zweiten Mal in einem Profispiel eingewechselt. Vor den Augen seines Vaters verschaffte der ehemalige Gladbacher den Duisburgern neue Zuversicht.“

In der FAZ fährt Gregor Derichs mit Blick auf den Verlierer fort: „Nun rätseln die Gladbacher, warum das Team stark schwankende Leistungen offeriert. Zu Beginn der Spiele deutet die Mannschaft meist an, dass das fußballerische Niveau im Vergleich zur vorigen Saison gestiegen ist. Frontzeck wehrte sich gegen die Behauptung, einige Spieler seien konditionell nicht auf der Höhe, weil sie sich nicht das erste Mal mit zunehmender Spieldauer nicht aus der Defensive befreien konnten. Nach dem Spiel am Sonntag in Freiburg könnte sich der Verein dort wiederfinden, wo er fast die gesamte vorige Saison stand – in der Abstiegszone.“

Wütendes Auf- und Abgehen

Von seltsamen Anwandlungen des keineswegs aus der Krise entkommenen VfB-Trainers berichtet Marko Schumacher in der Stuttgarter Zeitung: „Ein Befreiungsschlag sieht irgendwie anders aus. Keine Spur von Aufbruchstimmung: Der Stuttgarter VfB begann beim Lübecker VfB so ängstlich und hilflos wie er gegen den 1. FC Köln aufgehört hatte und überließ dem Außenseiter das Kommando. In der Mannschaft von Markus Babbel stimmte es hinten und vorne nicht. In der Halbzeit setzte Babbel erneut ein deutliches Zeichen. Er verließ die Stuttgarter Kabine nach der wohl kürzesten VfB-Ansprache aller Zeiten sofort wieder und zog es vor, im Gang wütend auf und ab zu laufen. (…)“ Ob Lehmann im nächsten Spiel wieder dabei sei, hänge auch von Verlauf seiner Brustwirbelblockade ab. „Beim VfB Stuttgart allerdings klemmt es auch noch an einigen ganz anderen Stellen, darüber kann auch der Sieg in Lübeck nicht hinwegtäuschen.“

Mitten in Deutschland

Matthias Wolf rückt Cottbus in der Berliner Zeitung vom Rand der Republik zurück ins Zentrum: „Wollitz hat viel bewegt in Cottbus. Lauter junge, deutsche Gesichter tummeln sich bei Energie. Der Imagewechsel tut dem einstigen Legionärsensemble gut. Cottbus liegt für viele Fans plötzlich nicht mehr nur an der polnischen Grenze, sondern wieder mitten in Deutschland. War der Start mit dem Sieg gegen den FC Augsburg und der fußballerischen Delikatesse in Duisburg (2:2) noch vielversprechend, so kommen nun die Rückschläge. Bei den Fans rumort es schon aufgrund des abrupten Absturzes. Demonstrativ telefonierten der dienstlich in Koblenz verhinderte Präsident und der Übungsleiter noch am Dienstag, kurz nach Mitternacht. Man war sich einig: Trotz der Niederlage, dem Verlust von weiteren Pokalgeldern, mit denen Wollitz noch einmal auf dem Transfermarkt shoppen wollte, wurde spielerisch der Niedergang gestoppt. Wollitz, der das Herz auf der Zunge trägt, darf sich derzeit sicher fühlen.“

Die Frage sei erlaubt: Wie sieht denn ein „deutsches“ Gesicht aus?

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