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Bundesliga

Schachmatt für Bayern

Frank Baade | Montag, 28. September 2009 2 Kommentare

Hamburg gegen Bayern ist ein echtes Spitzenspiel, Leverkusen scheint titelfähig und bei Hertha bleibt man ratlos

In der taz hebt Roger Repplinger einen ehemaligen Bayern heraus: „Ob man die Bayern mag oder nicht, sie treiben den Gegner zu großen Leistungen. Zé Roberto zeigte der Bayern-Führung, dass es ein Fehler war, ihm keinen Zweijahresvertrag zu geben. Er zeigte Carlos Dunga, dass Alter nicht zählen sollte, wenn es um die Besetzung des brasilianischen Mittelfelds für die WM geht. Der HSV wurde stärker, weil Zé Roberto, trotz eingeschränktem Training, immer noch stärker wurde. Sechsmal hintereinander hat der HSV nun nicht gegen die Bayern verloren. Die Bayern sind, auch in Form und mit Ribéry und Robben, nicht unschlagbar.“

In der Welt ist Anja Schramm angetan vom Spitzenspiel in Hamburg: „Es war ein Spiel auf taktisch hohem Niveau, mit der reiferen Spielanlage der Münchner und einem Übergewicht an Leidenschaft beim HSV. Schon seit Wochen predigt van Gaal, dass es noch eine Weile dauern werde, bis seine Mannschaft dort sei, wo er sie hinhaben wolle. Er sagte das auch nach den fünf Spielen, die der FC Bayern zuvor recht eindrucksvoll gewonnen hatte. In Hamburg nun wurde van Gaal in seiner Erkenntnis bestätigt, dass noch nicht jeder der Profis versteht, was er will. Da schert der eine oder andere noch aus, wenn es gilt, das Spiel schnell zu machen. Wie in Hamburg ab und an selbst Nationalspieler Bastian Schweinsteiger. Der Grundsatz der van Gaal’schen Philosophie fußt auf Überlegenheit an Ballbesitz. Jene Ordnung soll Raum für notwendige Kreativität schaffen. Nun ist es nicht verwunderlich, dass noch nicht alle Automatismen greifen, bei der Vielzahl an neuem Personal, das van Gaal eingebaut hat. In Hamburg standen mit Lahm, Schweinsteiger und Franck Ribery lediglich drei Spieler in der Startelf, die auch in der vergangenen Saison zum Stamm zählten.“

FC Barcelona

Johannes Aumüller erklärt in der SZ die Taktik dieser Partie: „Das, was Labbadia und van Gaal mit ihren Mannschaften veranstalteten, bot sich ein Begriff wie Rasenschach durchaus an.“ Oft spreche man von toller Taktik, wenn eine Partie in Wahrheit einfach langweilig sei. „Beim Spiel Hamburg gegen Bayern aber bedeutete solch ein Satz keine rhetorische Schönrederei, sondern traf den Kern der Partie. Gegen Hamburg ergänzte van Gaal die nicht gerade kurze Liste der diesjährigen taktischen Bayern-Modelle um eine weitere Variante, indem er seine Elf in einem 3-3-3-1 antreten ließ. Diese Aufstellung entsprang nicht einer spontanen Idee, sondern war länger geplant. Das letzte Mal übrigens, das die Bayern mit einer Dreierkette gespielt hatten, war vor zirka einem Jahr unter Jürgen Klinsmann, dem diese Idee als Fehler und mangelndes taktisches Konzept vorgehalten wurde.“

Auch Rainer Schäfer verweist bei Spiegel Online auf die vielen Kniffe, die van Gaal beherrsche: „Van Gaal soll der Trainer sein, der endlich den heiß ersehnten Paradigmenwechsel erzwingt: Vom erfolgreichen, aber hausbackenen Safety-First-Fußball der Ära Ottmar Hitzfeld hin zum erfolgreichen und attraktiven Tempofußball, wie ihn die europäischen Spitzenteams praktizieren. An dieser Aufgabe sind Felix Magath und Jürgen Klinsmann gescheitert, van Gaal soll es richten, nachdem er die erste Krise, verursacht durch den schlechtesten Saisonstart seit 43 Jahren, gemeistert hat. Inzwischen ist die Handschrift des 58-Jährigen zu erkennen, die Mannschaft verfolgt konsequent ein taktisches Konzept, anders als unter Jürgen Klinsmann. Van Gaals Vorbild ist der FC Barcelona, den er Ende der neunziger Jahre trainierte. Barcelona zeigte damals Traumfußball in Serie. Jetzt versucht van Gaal Stück für Stück seine Visionen umzusetzen, vom FC Barcelona an der Isar. Mit Ribéry und Robben verfügt er über Akteure, die das Offensivspektakel inszenieren können. Über die Leistungsfähigkeit seines Mittelfeldes und vor allem seiner Abwehr wird van Gaal nachdenken müssen.“

Regen aus Bierbechern

In der FR lobt Felix Meininghaus konkret: „Zwei Spieler hatten die 134. Auflage des ewig jungen Klassikers bestimmt, beide trugen das Schalker Trikot. Der eine heißt Manuel Neuer. Das Jahrhunderttalent hielt fantastisch. Das Tor des Tages gelang dem zweiten überragenden Schalker: Jefferson Farfan war in der spärlich besetzten Offensivabteilung der Knappen einfach überall zu finden. Es war kein Zufall, dass der quirlige Peruaner nach einer halben Stunde das Spiel entschied. Auch der Torschütze machte den Fehler, seinen Erfolg in der gegnerischen Kurve zu feiern, was einen Regen aus Bierbechern zur Folge hatte. Am Ende ging Felix Magaths Defensivstrategie auf.“

40 Minuten kein Wort

Jan Christian Müller hört in der FR den Berlinern beim Schweigen zu: „40 Minuten hockten die Berliner Profis nach Spielschluss in ihrer Kabine. Trainer Lucien Favre wirkte dann in der Pressekonferenz nicht wie ein Mann, der noch die Kraft aufbringen kann, der Mannschaft zu helfen. Kein Wort sei gefallen in diesen 40 Minuten, stammelte der Schweizer, schloss einen freiwilligen Rücktritt eher halbherzig aus und fügte an: ‚Wir können viel, viel besser spielen.‘ Dennoch: Dieses Team, das nur beim Abgang zum Bus Geschlossenheit demonstrierte, ist nicht nur mental am Boden, es ist auch qualitativ nicht gut genug, um sich weit von den Abstiegsrängen zu entfernen. Zur überforderten Abwehr gesellte sich am Sonntag ein spielerisch heillos überfordertes Mittelfeld. Nicht einmal der Treffer zum 1:3 in der psychologisch günstigen letzten Minute vor der Halbzeit durch den einsam kämpfenden Raffael nutzte. Die Hertha fiel danach in ihre Einzelteile auseinander.“

Tobias Schächter ergänzt in der Financial Times Deutschland: „Es war ein demütigender Abend für die Hertha. Sie präsentierte sich in desolater Verfassung. Ohne Kacar und Ebert ergab sich die Mannschaft in ihr Schicksal, als sei sie auf Saisonabschlussfahrt. Es ist schon erstaunlich, wie eine Mannschaft, die die letzte Saison auf dem vierten Platz abschloss, so auseinanderfallen kann.“

Ergebnis- statt Erlebnisfußball

Frank Hellmann (FR) hat die Bremer auf seinem Zettel und staunt über deren neue Defensivstärke: „Es ist merkwürdig verdächtig, wenn sogar der lautsprechende Wortführer so wenig Aufhebens davon macht, dass Werder Bremen wieder Tuchfühlung zur Spitze hat. Mit Ergebnis- statt Erlebnisfußball. Mit Resultaten wie 1:1 oder 0:0. Oder einem schmucklosen 3:0. Man habe sich gegen den Aufsteiger schwergetan, brummte Trainer Thomas Schaaf, wirkte dabei aber nicht miesepetrig, denn die Seinen sind seit fast fünf Bundesliga-Stunden ohne Gegentor. Das ist ganz neu im Schaafschen System: Vorne entfachte Bremen früher einen solchen Orkan, der dem Gegner zwangsläufig die Bälle ins Netz blies, doch hinten kam es zu sintflutartigen Erscheinungen – Werders Abwehr war oft brüchiger als ein durchweichter Weserdeich. Aber: Werder hat nur eines von zwölf Pflichtspielen verloren – das erste Heimspiel gegen Frankfurt.“

Derby wie von „derb“

In der FAZ erkennt Gregor Derichs neue Qualitäten in der Leverkusener Mannschaft: „Der Nachbarschaftsstreit war sehr unansehnlich verlaufen. Der Begriff Derby schien an diesem Samstag beim Duell zwischen dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen von derb abgeleitet. Die Leverkusener, die mit einem 1:0 ihre seit 1997 anhaltende Erfolgsserie gegen den Rivalen ausbauten, waren natürlich zufrieden. In einem zähen Spiel hatte der Zweite der Tabelle den Vorletzten der Liga niedergerungen, aber gerade darin entdeckten die Leverkusener eine erfreuliche Perspektive. Bayer blieb in der Bundesliga schon zum vierten Mal ohne Gegentor. Das gefiel Jupp Heynckes besonders. Siegen, ohne schön zu spielen, heißt die neue Devise, die unter seiner Leitung von einer Mannschaft umgesetzt wird, die früher vor allem wegen ihres attraktiven Fußballs geschätzt wurde.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Schachmatt für Bayern”

  1. Fubafan
    Dienstag, 29. September 2009 um 07:37

    Schade, auch hier wird die Denunzition Großkreutz u.a. – Neuer nicht thematisiert. Aber kein Vorwurf, denn hier wird ja wohl nur eine Presse-Zusammenfassung gemacht.

    Man stelle sich aber trotzdem mal vor das, was da in Dortmund passiert ist, wäre irgendwo anders (z.B. beim „DFB-Liebling Offenbach“) passiert:

    Da fliegen unzählige Getränkebecher aus Hartplastik der Dortmunder „Fans“ in Richtung der feiernden Schalker Spieler. Nur zur Info: Anderswo (z.B. Offenbach vor kurzem) gibt es für einen einzigen fliegenden Bierbecher bereits eine saftige Gledstrafe. Würden irgendwann mal so viele fliegen wie in Dortmund am Samstag bekäme der OFC (und sicher auch andere Vereine) eine Platzsperre.

    Und dann behauptet der Dortmunder Spieler Großkreutz er sei von Manuel Neuer mit dem Ellenbogen ins Gesicht geschlagen worden. Zwei Dortmunder „Zeugen“ (Sahin und Schmelzer) bestätigen das sogar noch, obwohl das – wie der WDR/ARD mit Filmaufnahmen anchgewises hat – schlicht unwahr ist:

    Wenn das Spieler von anderen Vereinen gemacht hätten, dann wäre das sicher von der Sportgerichtsbarkeit sanktioniert worden.

    Kurzum: Unfassbar, was sich die Dortmunder erlauben können, ohne dafür auch nur angeklagt zu werden!

    Genauso erstaunlich: Die Presse greift das Thema so gut wie gar nicht auf. Nur so lange die Aufnahmen des WDR/ARD nicht veröffentlicht wurden, hat man die Vorfälle zum Thema gemacht und Neuer an den Pranger gestellt und Schalke mit Dreck beworfen.
    Übrigens bis heute nach Veröffentlichung der Filmaufnahmen wrde diese von der Presse schlich ignoriert. Und das betrifft leider nicht nur die bekannten Schalke-Basher von der Bild, sondern auch die spa-Meldungen. Es wird in deren Meldungen immer noch suggeriert, dass Neuer (also das Opfer von Denunziation!!) Glück gehabt habe, dass der Fall nicht weiter verfolgt wird.

  2. fan
    Dienstag, 29. September 2009 um 08:06

    Alles klar, hier wird jetzt – anders als Oliver Fritsch – richtig gehend zensiert. Warum, Macher auch Kloppo-Hofberichterstatter?
    Die Kommentarfunktion sollte man dann aber weglassen. Das wäre ehrlicher, wenn man keine unangenehme Meinungen mehr zulassen will.
    Was rege ich mich darüber auf: Ich sage nach Jahren hier einfach Tschüss als Schreiber, denn es gibt noch genügen unzensierte Seiten.

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