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Als könne er durch Wände gehen

Frank Baade | Donnerstag, 1. Oktober 2009 Kommentare deaktiviert für Als könne er durch Wände gehen

Bayern präsentiert sich gut wie lange nicht, doch der verdiente Sieg misslingt, Wolfsburg spielt im Theater der Träume forsch auf, der VfB Stuttgart steckt fest und der FC Zürich landet einen Coup

Johannes Aumüller lässt sich für Sueddeutsche.de immer wieder gerne von Bayerns Trainer überraschen: „Erst seit knapp drei Monaten ist Louis van Gaal als Cheftrainer des FC Bayern tätig, und noch steckt der Niederländer voller Rätsel und Unwägbarkeiten, was sich bei nahezu jedem Spiel der Münchner beim Blick auf den Aufstellungsbogen manifestiert. Formal hatte van Gaal wieder das 4-3-3 gewählt, wobei mit Thomas Müller einer aus dem Mittelfeld seine Rolle diesmal so offensiv auslegte, das die Bayern-Formation bisweilen schon einem 4-2-4 glich – was eine im Weltfußball erfolgreiche Mannschaft zum letzten Mal zu einer Zeit praktizierte, als die Aufstellungsbögen noch auf Pergament notiert wurden.“

Michael Neudecker bereitet die teure Flügelzange in der Berliner Zeitung ein ordentliches Vergnügen: „Die Schlüsselspieler des FC Bayern sind Arjen Robben und Franck Ribéry, weshalb es kaum überraschte, dass die beiden an vielen Aktionen der Münchner beteiligt waren. Die spektakulärste kam vom gerne spektakulären Ribéry: Der Franzose dribbelte in der 19. Minute wenige Meter vor dem Tor durch die dicht nebeneinander stehenden Verteidiger Grygera und Legrottaglie hindurch, es sah aus, als könne er durch Wände gehen, dann lupfte er den Ball filigran über Torwart Buffon hinweg – doch eben auch hauchdünn über die Querlatte. Überhaupt setzten die Münchner Turin in der ersten Halbzeit gehörig unter Druck, immer wieder stürmten sie nach vorne, immer wieder sprangen die Zuschauer von ihren Sitzen auf, immer wieder strich der Ball knapp am Tor vorbei. Vor allem stach mal wieder Franck Ribéry hervor.“

Elisabeth Schlammerl (FAZ) stimmt zu: „Leidenschaftlicher Offensivfußball, glänzende Torraumszenen und dazu eine exzellente taktische Leistung. (…) Diego musste mehr hinten aushelfen, als dass er vorne Akzente setzen konnte. Wie schon in Hamburg am Samstag fehlten dem deutschen Rekordmeister Glück und Präzision im Abschluss.“

Bei Spiegel Online vermisst Sebastian Winter trotz bester Statistikwerte den entscheidenden Punkt im Spiel der Bayern: „Van Gaal lobte seine Spieler, die in der ersten Hälfte so gut gespielt hätten wie noch nie in dieser Saison, doch das wird den Holländer auch nicht hinwegtrösten über die zwei verschenkten Punkte. Denn die Bayern waren viel besser als Juventus Turin, vor allem in den ersten 45 Minuten. Sie hatten auch alle Statistiken auf ihrer Seite: Fast 60 Prozent Ballbesitz, viel mehr Ecken und vor allem die besseren Torchancen. Doch die Gäste retteten das 0:0 am Ende clever über die Zeit. (…) Es wirkte fast so, als würden die Bayern-Spieler überrumpelt von der Fülle ihrer eigenen Chancen. Kaltschnäuzigkeit ist bei solchen Spielen eine Tugend, die den Bayern gegen die Italiener fehlte. In der zweiten Halbzeit verebbte ihr Sturmlauf, Juve formierte sich und machte das, was man von der ersten Minute an von ihnen erwartet hatte: die Räume eng.“

Schließlich bilanziert Mirko Weber in der Stuttgarter Zeitung „Bayerns beste erste Halbzeit seit langem. Paradoxerweise machte Turin das Spiel, indem es keine Kombinationen mehr zuließ. Und wartete. Es hat sich gelohnt. Mit dem 0:0 können die Italiener leben. Die Bayern nicht.“

Gehörige Portion Anerkennung

Christian Otto (Tagesspiegel) befindet sich im überraschten Manchester Publikum, dem Armin Veh eine wirkungsvolle Maßnahme präsentiert: „Es hat schon deutlich ängstlichere Auftritte einer Gästemannschaft in einer der weltweit stimmungsvollsten Fußballarenen gegeben. Wolfsburg spielte mutig, hatte in der Anfangsphase mehr für den Spielaufbau getan als der Favorit und sorgte kurzzeitig sogar für Staunen bei den United-Fans. Der 1:0-Führungstreffer nach der Pause hatte alle im Stadion verblüfft. Mit ihrem forschen Auftreten war die Wolfsburger Mannschaft lange Zeit der Forderung von Armin Veh gefolgt. Der Trainer hatte sich angesichts der schnellen Stürmer Manchesters überraschend dazu entschlossen, seine zuletzt wackelige Abwehr umzubauen. Dass Veh Barzagli durch Ersatzspieler Ricardo Costa ersetzte, verblüffte. Aber die Umbauarbeiten in der Innenverteidigung gaben offenbar die nötige Stabilität. Costa und sein Partner Alexander Madlung leisteten sich kaum Fehler. (…) Die Frage des Abends war, wie lange sich die Wolfsburger den Angriffen des Starensembles erwehren konnten. Je länger die Partie dauerte, desto weniger gelang es dem Mittelfeld um Misimovic für Entlastung zu sorgen. Das Sturmduo Grafite und Edin Dzeko, von Manchesters Trainer Sir Alex Ferguson vor der Partie mit einer gehörigen Portion Anerkennung bedacht, mühte sich redlich, konnte sich aber nur einmal in Szene setzen. Zu selten, um Manchester einen Punkt abzuringen.“

Zum Schluss dann doch „business as usual“ in Manchester, bedauert die Berliner Zeitung: „Es gibt halt Tage, an denen letztlich alles so kommt, wie es von allen erwartet wurde. Forsch waren die Wolfsburger allerdings in die Partie gestartet, ohne ein Anzeichen, dass sie die beeindruckende Kulisse im Theater der Träume hemmen könnte. Das Spiel ‚normalisierte‘ sich erst, als Ferguson eingriff.“ Er brachte Dimitar Berbatov in die Partie. „Jetzt hatte United den Target Player, wie Markus Babbel, der englanderfahrene Trainer des VfB Stuttgart, zu sagen pflegt. Berbatow gab den Angriffen seines Teams eine Richtung, die Richtung: Wolfsburger Tor. Allerdings bekamen Fergusons Männer an diesem Abend ihre Abwehrschwäche nicht mehr in den Griff.“ Und gingen deshalb mit 0:1 in Rückstand. „Der Grundstein für eine Überraschung war gelegt, doch letztlich drehte Manchester United mit dem Selbstverständnis einer großen Mannschaft doch noch die Partie. Gereizt von Dzekos Tor steigerten die Engländer wieder die Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen.“

Stillstand statt neuer Zeitrechnung

Marko Schumacher vermisst in der Stuttgarter Zeitung Qualität beim VfB Stuttgart: „Der Klub tritt auf der Stelle – der Schritt nach vorne, auf den der Verein seit Jahren wartet, er mag nicht gelingen. In den entscheidenden Momenten verfallen die Spieler immer wieder in die gleichen Handlungsmuster und lassen nach, wenn sie doch eigentlich nachlegen sollten. An der fehlenden Erfahrung und Reife alleine, das kommt erschwerend hinzu, liegt es allerdings nicht. In der Champions League, mit all den nahezu perfekt organisierten Mannschaften, macht die individuelle Klasse den Unterschied – und die wird beim VfB am allermeisten im Angriff vermisst. Mangelnder Einsatz war Ciprian Marica und Pawel Pogrebnjak in Bukarest nicht vorzuwerfen – doch mit braven Kämpfern alleine gewinnt man sehr selten ein Spiel in der Königsklasse. Es reicht gegen Frankfurt – aber schon gegen den rumänischen Meister aus der Provinz stößt der VfB an seine Grenzen.“

Erste Heimniederlage gegen eine schweizer Mannschaft

Die NZZ wähnt den AC Milan im überdauernden Tief: „Vom Glanz der sieben Meistercup-Siege ist nichts mehr übrig. Der erste Erfolg einer Schweizer Mannschaft im San Siro seit dem 1:0 Luganos gegen Inter (1995) bedeutet für den Serie-A-Verein den Tiefpunkt einer bisher miserablen Saison mit nur drei Toren in sechs Meisterschaftsspielen.“ Der schweizer Sieger hingegen habe sich sein zum Erfolg nötiges Glück erarbeitet: „Der in der Meisterschaft zuletzt mehrfach enttäuschende FCZ liess sich von den grossen Namen keineswegs beeindrucken. Mit klugem Passspiel und guter defensiver Raumaufteilung stellte Zürich die Italiener in der ersten Hälfte regelmässig vor Probleme. Und als die Rossoneri die erste Heimniederlage gegen eine Schweizer Mannschaft mit allen Mitteln abwenden wollten, stand ihnen Zürichs starker Goalie Johnny Leoni im Weg. Und am Ende, in der 96. Minute, kam dem FCZ auch noch das verdiente Wettkampfglück zupass – Zambrottas Schuss prallte vom Pfosten zurück.“

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