Vermischtes
Innige, gänzlich unbefleckte Bewunderung
| Freitag, 6. November 2009Ein Portrait des Ost-Stars Peter Ducke, des SC Freiburgs Solaranlage wird immer mehr zum Vorbild, Interviews mit dem Schweizer Johann Vogel und mit Wolfgang Holzhäuser, Timo Hildebrand goes nicht ganz Broadway
Der ostdeutsche Franz Beckenbauer
Jörg Schindler (FR) portraitiert sehr lesenswert Peter Ducke, von dem viele Westdeutsche nie gehört haben. Eine Legende im Fußball-Osten ist Ducke. Als ziemliches Gegenteil der West-Legende Beckenbauer lernt man den Mann kennen, der eigentlich im Spiel der DDR gegen die BRD hätte auflaufen sollen und dort weltweit bekannt hätte werden können. Jetzt ist es Sparwasser. Ducke aber war der Liebling der Massen in der DDR: „Einer, der immer das macht, was er gerade nicht machen soll, stur, bockbeinig, jähzornig, aber meistens erfolgreich. – Ducke macht sich nicht nur Freunde [mit seiner Spielweise]. Während daheim in Jena sein Mentor und Trainer Georg Buschner die schützende Hand über ihn hält, streiken in der Nationalmannschaft, für die er 68 Mal spielen wird, einmal sogar die Mitspieler: Der Ducke gibt nicht ab, der Ducke macht alles allein. Mitte der 60er wird seinetwegen eine Krisensitzung einberufen, in Kienbaum, Sportleistungszentrum, ganz nah an Berlin, sogar vom Politbüro reisen welche an. Man weiß sich nicht anders zu helfen, der Ducke wird vorübergehend gesperrt. Er verspricht Besserung. ‚Ich werd’ mir Mühe geben‘, sagt er. Dann macht er weiter wie bisher. Eigenwillig, aufmüpfig – auf dem Platz und jenseits davon. Man wird ihn dafür noch häufiger schikanieren. Die Menschen aber lieben ihn, den Rebell in kurzen Hosen, der noch dazu unverschämt gut aussieht. Schwarze Haare, kesse Koteletten, blaue Augen, stell ihn dir im Anzug vor: Sein Name ist Ducke, Peter Ducke, er hat die Lizenz zum Schießen. Und er trifft, wo immer er hin kommt.“
Solardach wird zum Vorbild
Jens Bierschwale (Welt) war beim SC Freiburg, der nicht ganz so unbekannt eine Solaranlage auf seinem Stadiondach trägt. Nun wollen auch andere Teams der Bundesliga etwas für die Ökologie tun: „Anfangs war Freiburg dafür in München, Hamburg oder Berlin belächelt worden, doch längst gilt die Ausrichtung des SC als Vorbild für etliche Mitbewerber. Werder Bremen etwa hat gerade ebenso wie der 1. FC Kaiserslautern eine riesige Photovoltaikanlage auf dem Stadiondach installieren lassen, der HSV prüft mit dem künftigen Stadionsponsor eine umfassende ökologische Umrüstung der Arena, und Aufsteiger Mainz plant gar die radikale Wende zum CO-neutralen Klub. In Zeiten abnehmender fossiler Brennstoffressourcen und steigender Energiepreise entdeckt die Liga ein wenig notgedrungen die seit Jahren mögliche Alternative. In Freiburg gewinnen sie schon heute dank der Solarmodule 250.000 Kilowattstunden jährlich und decken damit 50 Prozent des Strombedarfs im Stadion.“
Ein bisschen Werbung für den Namensgeber des Stadions des SC Freiburg ist auch dabei: „Im Gegensatz zu vielen anderen Stadionsponsoren geht es diesem nicht um die schlichte Platzierung des Firmennamens, sondern um die Verfolgung gemeinsamer ökologischer Ziele. Und das laufe eben nicht im Stile eines anonymen Großsponsors ab, der seine Millionen einfach so verteile. Trotzdem gab es auch in Freiburgs Vorbehalte gegen ein Engagement des alternativen Energieversorgers. Doch die legten sich rasch, mit Hilfe des Sponsorings beträgt die Bekanntheit des Sponsors in der Region 98 Prozent.“
„Nun rufen Sie doch einen Titel als Ziel aus!“
Jan Christian Müller macht Bayer Leverkusens Sportchef Wolfgang Holzhäuser im Interview mit der FR Mut, doch mal etwas mehr als für Bayer üblich zu wagen. Holzhäuser lässt sich von diesem Appell zu einem geradezu flammenden Bekenntnis inspirieren, siehe seine letzte Äußerung in diesem Zitat:
„Herr Holzhäuser, Bayer Leverkusen hat bisher noch nicht ein einziges Bundesligaspiel verloren. Wie kommt das?
Wir haben eine gute Mannschaft und in Jupp Heynckes einen Trainer, der genau zur rechten Zeit am rechten Ort ist.
Dann rufen Sie doch jetzt bitte mal den Titel als großes und realistisches Ziel aus!
Das ist kein realistisches Ziel. Ich habe vor der Saison gesagt, dass Bayern München, Hoffenheim, Werder Bremen und Schalke 04 die Titelfavoriten sind…
Typisch Leverkusen. Sie trauen sich nicht, aus der Komfortzone herauszukommen. Fehlt Ihnen diese Gier, dieses ‚Wir wollen unbedingt‘?
Natürlich wollen wir unbedingt. Wir haben durchaus die Gier nach einem Titel. Wir haben außer einem Uefa- und einem DFB-Pokalsieg nämlich noch keinen, und es ist ja auch bekannt, dass wir mehrfach Vizemeister waren. Von daher ist es geradezu logisch, eines Tages Deutscher Meister zu werden. Wenn es gut läuft und Mannschaften, die wir für stärker einschätzen, schwächeln, dann sind wir auch in der Lage, um die ersten drei Plätze zu spielen.“
Köbi Kuhn trat zu spät ab
Der schweizer Internationale Johann Vogel, europaweit gereist und in Italien, Spanien und England unter Vertrag gewesen, hört im Platini-esken Alter von 32 Jahren mit dem Fußball auf. Das Feuer sei weg, ansonsten sei er aber rundum zufrieden mit seiner Karriere, erzählt er der NZZ:
„Sie sind 94-facher Nationalspieler. Auch hier gilt: gute Karriere, missratener Abgang. 2007 wurden Sie im Anlauf zur Euro 2008 vom früheren Nationaltrainer Köbi Kuhn kurzerhand ausgebootet.
Auch eine solche Kurve kann es geben. Jemand anders entschied gegen mich.
Jemand anders? Das war Köbi Kuhn.
Er sagte mir das am Telefon. Die Art war ungerecht, das geht so nicht. Die Art ist in solchen Fällen wichtig. Aber darin war Kuhn nie gut. Wann war die Euro für die Schweiz vorbei? Nach 180 Minuten. Vielleicht wäre es mit mir ähnlich gewesen. Was ich sagen will: Kuhn hätte nach 2006 die Euro nicht mehr machen sollen. Bei ihm war das Feuer weg. Das war so deutlich. Das wäre, wie wenn ich jetzt weitermachen würde.
Hat Sie dieser Bruch lange beschäftigt?
Nein. In Spanien, Italien und England ist das Schweizer Nationalteam oft kein Thema. Wirklich: null.“
„Das Schlusswort des Solisten“
Timo Hildebrands Gedankenwelt ist Inhalt eines Theaterstücks, welches in Form eines 20-minütigen Monologs dargereicht wird. Tim Schleider war für die Stuttgarter Zeitung bei der Premiere des Stückes mit dem Titel „Das Schlusswort des Solisten“ im Stuttgarter Fernsehturm und gähnt unüberhörbar angesichts der dramaturgisch wenig gelungenen Aneinanderreihung von Fußballer-Platitüden: „Schauspieler Stephan Bruckmeier trug das alles völlig ironiefrei und bruchlos vor, vom Kopf bis zu den Fußballstutzen erfüllt von jener innigen, gänzlich unbefleckten Bewunderung, die Theaterleute ja häufig gegenüber Fußballspielern hegen. Am Ende des Intermezzos stand jedenfalls fest: Okay, dieser Theaterabend hat seinen Scoop, Timo Hildebrand ist uns immer noch äußerst sympathisch, aber ein Theaterstück ist sein ‚Schlusswort‘ ganz sicher nicht.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Innige, gänzlich unbefleckte Bewunderung”
Montag, 9. November 2009 um 08:12
Solaranlage in Freiburg…soso…Vorbild für andere Bundesligavereine. Lange nicht mehr nach OWL geschaut, wa? Da steht schon etwas länger so eine Anlage auf dem Stadiondach der Alm.