Vermischtes
Stimmen zum Tod von Robert Enke
| Freitag, 13. November 2009Robert Enke starb an den Auswirkungen seiner psychischen Erkrankung, sein Tod schockiert ganz Fußball-Deutschland, die Diskussionen um die Gründe, die Folgen und die kollektive Trauer sind weit gefächert
Liebe Leserinnen und Leser,
wir haben es uns nicht leicht gemacht mit der Entscheidung, auch über den tragischen Tod Robert Enkes eine Presseschau zu erstellen. Wenn wir die Worte des Spiegelfechters über die Gefahr der Nachahmungstäter dieser Zusammenstellung voranstellen, wollen wir uns damit einer Mitverantwortung für solche Fälle, der wir uns bewusst sind, nicht entziehen. Wir hoffen aber, dass wir mit den ebenfalls zitierten Fakten zum Thema Depression beitragen, den mangelnden Kenntnissen über diese Erkrankung entgegenzuwirken; auch wenn wir, das mag naiv sein, annehmen, dass dieses Thema für die Mehrheit unserer Leser zuvor schon kein unbekanntes war. Die Redaktion ist ebenfalls bestürzt über den Tod Enkes, und da Gefühle nicht richtig oder falsch sein können, sondern nun mal existieren, werden wir auch keine Rechtfertigung für Einwände darlegen, wie man um jemanden trauern könne, den man persönlich nicht gekannt hat. Wir bitten außerdem darum, dass dieser Beitrag als Versuch gesehen wird, unserer Aufgabe, Sie auch über negative Themen zu informieren, gerecht zu werden und keineswegs dazu gedacht ist, sich an einem hohlen Heischen zu beteiligen oder Klickzahlen und Umsätze in die Höhe zu treiben.
Frank Baade
Redaktion indirekter freistoss
Jens Berger macht auf seiner Seite „Spiegelfechter“ auf den so genannten „Werther-Effekt“ aufmerksam: „Robert Enke war nicht nur ein sensibler Spitzensportler, er war auch ein Sympathieträger, der für viele Fußballanhänger eine Vorbildfunktion hat. Genau dieser Umstand macht aus der Berichterstattung über den Freitod des Sportlers ein Politikum. In dem Fachaufsatz ‚Selbstmord als Nachahmungstat‘ beschreibt Psychologieprofessor Volker Faust die Problematik wie folgt:
‚Suizide von Prominenten haben eine ggf. ernstzunehmende Sogwirkung, wenn darüber entsprechend berichtet wird. Dieser Effekt wird umso deutlicher, je bekannter, sympathischer und beliebter die durch eigene Hand verstorbene Person ist.‘
In Wien gibt es seit über 10 Jahren ein Gentlemen’s-Agreement zwischen den lokalen Medien und den Wiener Verkehrsbetrieben. Seit nicht mehr über Suizide in der Wiener U-Bahn berichtet wird, ist die Zahl der Selbstmorde um rund 50% gesunken. Es wäre nach wissenschaftlichen Erkenntnissen über den ‚Werther-Effekt‘ naiv, anzunehmen, dass die Berichterstattung im Falle Enke keine Nachahmungstäter finden wird. Suizidgefährdete sind oft extrem labil und bereits der kleinste Funke kann ausreichen, um eine verhängnisvolle Reaktion auszulösen. Die Verantwortung der Medien ist allerdings in Zeiten der rückläufigen Auflagen und Werbeerlöse anscheinend zu einem Thema für Sonntagsreden verkommen.“
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Wie wirkt eine Depression? Was sind die Ursachen?
Christian Stöcker, studierter Psychologe, allerdings kein Psychotherapeut, fasst bei Spiegel Online erhellend und auch für Laien klar zusammen, was diese Störung bedeutet: „Eine echte Depression verändert den Menschen in vielerlei Hinsicht. Manche erleben sie vornehmlich körperlich. Oft geht die Erkrankung auch mit einer körperlich empfundenen Antriebsschwäche einher, einem Gefühl der Kraftlosigkeit, das den Betroffenen buchstäblich lähmt. Andere Patienten hingegen werden rastlos und können nicht mehr oder kaum noch stillsitzen. Verbunden ist dies oft mit der Unfähigkeit, außer Verzweiflung überhaupt noch irgendwelche Gefühle zu empfinden. Depression verändert auch das Denken: Betroffene haben Konzentrations-Probleme, manche erleben massive Gefühle von Schuld und eigener Wertlosigkeit. Sie sehen die Welt schwarz-weiß. Dinge, die nicht rundweg positiv laufen, werden als katastrophal schlecht empfunden.“
Dass es nicht, wie früher angenommen, klare Abgrenzungen bezüglich der Ursachen gebe, erwähnt Matthias Hohnecker (Stuttgarter Zeitung): „Eine einheitliche Definition der Depression gibt es nicht. Im Gegensatz zu früheren Annahmen, man könne Depressionen nach organischen und nicht-organischen Ursachen unterschieden, steht heute nur fest: Die Depression ist eine Erkrankung des Gehirns. ‚Die Übergänge zwischen den verschiedenen Formen sind fließend, das starre Festhalten an Diagnoseschemata hat sich als wenig zielführend erwiesen‘, schreibt Florian Holsboer, der Direktor des Max-Planck-Institutes für Psychiatrie, auf seiner Internetseite. Holsboer hatte den Fußballer Sebastian Deisler behandelt, der seine Depression 2003 öffentlich machte.“
Frauke Haß begegnet Spekulationen um einen Zusammenhang zwischen dem Tod von Robert Enkes Tochter und dem Auftreten seiner Erkrankung mit dem Erkenntnisstand unserer Zeit (FR): „Eine Depression, bei der der Stoffwechsel des Gehirns gestört ist, hat selten eine einzige Ursache: Forscher gehen davon aus, dass sich belastende Lebenssituationen zu genetischen Faktoren gesellen. Obwohl Depression mit Psychotherapie und Medikamenten gut in Schach gehalten werden kann, werde ‚nur eine Minderheit optimal behandelt‘, kritisiert die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und sieht dringenden Handlungsbedarf – auch mit Blick auf die Ärzte, von denen viele Depressionen nicht erkennen.“
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Enkes Umgang mit der Depression
Michael König hat für die SZ eben jenen Florian Holsboer befragt, der beobachtet hat, dass ein Sportler zu jeder Zeit seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen müsse. Doch: „Die Öffentlichkeit reagiert hier in einer sehr irrationalen Weise. Eigentlich hat ein Spitzensportler seine besondere Befähigung ja bereits bewiesen. Dennoch darf es keine Zweifel daran geben, dass er ein harter Kerl ist, der sich durchbeißen kann. Andernfalls wird er schräg angeguckt. Dabei ist das Umgehen mit und das Überwinden einer Depression ja etwas, was einen Menschen eher stärker macht als schwächer.“ Auf die Frage, ob der DFB mithelfen könne oder solle, Depressionen bekannter zu machen und zu enttabuisieren, antwortet Holsbroer: „Ich weiß nicht, ob der DFB die richtige Instanz ist, um die öffentliche Meinung zu korrigieren. Tatsache ist, dass es im Berufsfußball solche Fälle gab, gibt und auch weiterhin geben wird. Wenn Spieler zur Depression neigen, egal ob generell oder aufgrund einer besonderen Situation, dann sollte man dies so betrachten wie jede andere Erkrankung. Man wirft Arjen Robben ja auch nicht vor, dass er verletzungsanfällig ist und deswegen öfter mal ausfällt. Warum muss man das also bei Herrn Enke oder bei Herrn Deisler tun, die ihre Verletzlichkeit nicht im Knie haben, sondern in bestimmten Arealen ihres Gehirns?“
Ein Interview mit Michael Rosentritt, dem Autoren von Sebastian Deislers Biografie, im Morgenmagazin bei der ARD. Rosentritt beantwortet neben anderen auch Fragen zu Parallelen und Unterschieden zu Sebastian Deislers Umgang mit der Depression.
Daniel Theweleit erinnert in der Financial Times Deutschland an ein nicht unbedeutendes Detail des Falls Deisler: „Vielleicht hätte eine stationäre Behandlung Enke retten können, aber dieser Weg kam für ihn offenbar wegen seiner Prominenz nicht in Frage. Das Beispiel Sebastian Deisler, der während einer akuten Phase seiner Depression bis in die Klinik von Paparazzi verfolgt wurde, war gewiss abschreckend.“
In vielen Kommentaren wird Enke vorgeworfen, Unbeteiligte mit seiner Tat belastet zu haben. Joachim Wille (FR) schildert, wie sich die Realität eines Berufes darstellt: „Viele Lokführer erleiden einen Schock, der sie monate- und jahrelang beeinträchtigt. Im Schnitt erlebt jeder von den bundesweit 25.000 Männern und Frauen auf dem Führerstand im Berufsleben zwei, drei Suizide. ‚Es gibt aber Fälle, in denen Kollegen fünf, sechs oder sieben solcher Schocks erlebt haben‘, so ein Insider. Die sähen irgendwann hinter jedem Schatten auf der Strecke oder auf einer Brücke einen Menschen, der springen will. ‚Dann ist Schluss‘, sagt er. Teilweise versetzt man die Lokführer auf andere Dienststellen, oft sind sie aber auch berufsunfähig.“ Alle technischen Vorkehrungen wie Einzäunungen von Bahnstrecken seien leider ineffektiv, denn es „sei eine Illusion zu glauben, man könne jemanden, der zum Suizid entschlossen ist, dadurch von seinem Schritt abhalten.“
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Öffentlichkeit und Medien
Thomas Kistner diagnostiziert auch dem System, dessen Teil Enke war, pathologische Züge. In der SZ schreibt er: „Im Sport wird jetzt nach dem Rezept gesucht, wie der stillen Bedrohung zu begegnen sei, die Robert Enke in den Tod getrieben und die Karrieren mancher Spitzenathleten beendet hat, von Deisler bis Hannawald. Ein gut gemeinter, typischer Reflex der Branche. Doch Lösungen sind im kommerziell aufgetunten Leistungbetrieb Spitzensport so wenig zu finden, wie die Sportpsychologen, auf die nun verwiesen wird, in der Lage sind, psychisch kranke Menschen aufzufangen.“ Es gäbe Möglichkeiten, doch sei das System eher selbst ein Patient: „Der Sport könnte etwas tun. Das würde aber seinem Selbstverständnis als geschlossene Gesellschaft, als Kameradensystem widersprechen: Sich öffnen – und die Themen enttabuisieren, die mit seinen Leistungsansprüchen zu tun haben. Auch der Spitzensport kränkelt, auch er braucht Hilfe von außen – auch, wenn die meisten Fälle nicht so enden wie bei Robert Enke.“
Michael Rosentritt (Tagesspiegel) hofft auf eine längerfristige Wirkung der Berichterstattung: „Enkes Tod als mediales Ereignis zu zelebrieren ist nicht unproblematisch. Sollte diese Aufmerksamkeit dem Zweck dienen, das Thema Depression zu enttabuisieren, wäre es positiv.“
Die Kritik an der Art der Berichterstattung muss sich übrigens nicht auf deutsche Medien beschränken. Der ansonsten geschätzte Guardian wartet in einem Beitrag über Enkes Tod mit einem selbststartenden Video vom Tatort auf. Welcher Mensch würde denn nicht wissen, wie etwa eine Bahnstrecke und blaulichternde Rettungswagen aussehen, als dass man solche Originalbilder benötigte?
Thomas Kilchenstein (FR) rückt in seinem Kommentar die Bedeutung des Fußballsports zurecht und versucht, unsere Blicke zu schärfen: „Wir sehen in den Fußballspielern immer nur die Stars auf der Sonnenseite des Lebens, reich, berühmt, umjubelt. Wir sehen nicht oder viel zu selten die Schattenseite dieses knallharten Gewerbes, die Furcht, dem immensen Anspruch der Branche nicht gerecht zu werden. Wir wissen nichts von der Angst vor dem Versagen, vor dem Eingeständnis persönlicher Niederlagen. Wir ahnen nur, welch unmenschlicher Druck es sein kann, Samstag für Samstag Vorbild- oder gar Kultfigur sein zu müssen fürs ganze Volk. (…) Depression gehört wie Homosexualität zu den Tabu-Themen der Bundesliga. Vielleicht rüttelt der Tod von Robert Enke wach: Es ist nur ein Fußballspiel – das wahre Leben ist anders.“
Jannik Sorgatz (Entscheidend is auf‘m Platz) weiß wie die meisten nicht, an welchen Platz die Begegnung mit dem Ende einer Existenz zu stellen sei: „Fußball-Fans, der DFB, die Medien, prinzipiell alle, die sich betroffen fühlen, haben am Dienstag die Erfahrung gemacht, dass ihnen eine wichtige Schublade fehlt. Eine Schublade, in die sie den Tod von Robert Enke einordnen könnten. Eine Schublade, die ihnen konkret mitteilt, was nun richtig, falsch oder auf gewisse Weise beides ist. Denn es gibt keinen vergleichbaren Fall. Und so musste eine Fußball-Nation nun im Aktenschrank ihrer Lebenserfahrungen wühlen. Sie musste sich notdürftig einen Flickenteppich aus möglichen Verhaltensweisen zusammennähen, um sich zu großen Teilen doch auf ihre Intuition und ihren – zumeist gesunden – Menschenverstand zu verlassen. (…) Die letzten knapp 48 Stunden haben gezeigt, dass es einfach keinen goldenen Weg der Bewältigung gibt. Wir wissen, dass der Handlungsspielraum die Absage eines Länderspiels beinhaltet. Gleichzeitig endet er ein paar Meter vor dem, was beispielsweise Johannes B. Kerner gestern Abend in einer überflüssigen Sondersendung fabrizierte.“
Auf „Volk ohne Raumdeckung“ steht Rob Alef noch unter dem Eindruck des 20-jährigen Jubliäums des Mauerfalls und der damit vermeintlich gewonnenen Freiheit, wenn er fragt: „Was für eine Freiheit ist das, wenn jemand sich eher das Leben nimmt, als offen einzuräumen, dass er Depressionen hat? Sollte es hier und heute, ohne blaue Hemdchen und Herren in grau lackierten Trabis so etwas wie Konformitätsdruck geben, der zum Tode führt? Mitten im ewigen Völkerfrühling sterben Menschen an inneren Erfrierungen? (…) Bedauerlicherweise gehört es unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht nur zum Standard, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren. Es gelingt zugleich, das Scheiden aus dem Leben, die kleine Abstimmung mit den Füßen immer ganz und ausschließlich privat zu deuten, während der Erfolg sofort Zulauf von offizieller Seite findet und umstandslos als systemisch gedeutet wird. Ich frage mich, ob einer der vielen Spitzenpolitiker, insbesondere eine bestimmte Spitzenpolitikerin, die sich 2006 und 2008 im Glanz der DFB-Elf gesonnt haben, ein paar mütterliche Worte zur Dialektik vom Zwang zur fehlerfreien Funktionstüchtigkeit und Freitod in der Lage zu finden sind.“
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Zum Umgang mit Trauer, im Besonderen mit kollektiver Trauer
Michael Thiel, einer der in diesen Tagen viel gefragten Psychologen, bewertet im Interview mit dem Hamburger Abendblatt die Vielzahl der Möglichkeiten, Trauer Ausdruck zu verleihen, positiv. Zudem sei eine solche Trauer oft auch Ventil für früher erlittene Anlässe: „Dieses kollektive Trauern ist erleichternd für die Menschen. Sie dürfen jetzt öffentlich weinen. Gerade im Fußball dürfen Männer ihre ganze Gefühlspalette zeigen. Dieser Moment der kollektiven Trauer nach Enkes Tod ist aus psychologischer Sicht gesund und wichtig. Bei jedem Einzelnen können die Tränen auch stellvertretend stehen für eine Trauer, die er vorher in anderen Zusammenhängen erlebt hat. Wir wissen: In Tränen stecken antidepressive Substanzen. Anders gesagt: Wer weint, ist zwar völlig ausgelaugt, fühlt sich danach aber besser.“
Weniger in der jeweils individuellen, privaten Biografie der Trauernden, sondern in der großen Wirkung und Bedeutung des Fußballs in Deutschland seien die Ursachen für das Phänomen der kollektiven Trauer zu suchen. Spiegel Online vermutet, dass eben doch der Charakter des Berufs des Betrauerten entscheidend sei: „Genau das mag [ein weiterer] Grund dafür sein, warum die Anteilnahme am Tod Robert Enkes so überwältigend ist: Es gibt eben noch jenes Fußballdeutschland, das schon vor einem halben Jahrhundert wie gebannt an den Transistorradios hing, wenn am Samstagnachmittag die Mannschaften gegeneinander antraten. Wie viel dieser Sport zur Integration der Gesellschaft beiträgt, kann niemand messen. Es ist aber gewiss tausendmal mehr als alle Sonntagsreden und Moralpredigten zusammen, und trotz aller Exzesse markiert dieses Spiel ein Gemeinschafts- und Lebensgefühl, das ein bisschen Transzendenz in unsere nahezu restlos säkularisierte Gesellschaft bringt: ein bisschen Hoffnung auf ein besseres Leben, die Idee, ein Ziel aus eigener Kraft erreichen, sich selbst befreien zu können.“
Christian Zaschke (SZ) macht in dieser Trauer auch eine Trauer um einen Stellvertreter aus: „So viele Menschen sind von Enkes Tod in besonderer Weise bewegt, weil sie spüren, dass Enke für diese Werte stand, dass er ein Mensch voller Mitgefühl war, ein fürsorglicher Mensch. Es berührt sie, manche im Innersten, dass gerade ein Mensch, der diese Werte lebte, keinen anderen Weg mehr sah als den in den Tod.“
Boris Herrmann berichtet in der FR ein tröstliches Detail der öffentlichen Trauer: „Der Verein hat vor dem Ansturm am Morgen alle Enke-Produkte aus seinem Fanshop entfernen lassen. Er will die Trauer über seinen Torhüter nicht von einem Vermarktungswahnsinn wie bei Michael Jackson stören lassen.“
Und noch einmal ein Interview mit einem Experten, dem Psychologen Thomas Schnelzer in der FR. Schnelzer entkräftet alle absurden Vorwürfe, Enke habe „feige“ oder „egoistisch“ gehandelt:
„Wie können Freunde und Angehörige so einen Tod verarbeiten?
Einen Suizid zu verarbeiten, ist ein hoher Anspruch. Wichtig ist, ein angemessenes Verständnis von Suizid zu bekommen. Ein Mensch tut so etwas nicht aus freien Stücken, sondern unter dem immensen Druck eines schweren seelischen Leidens. Deshalb ist der Ausdruck Freitod völlig unangemessen. Wer so etwas tut, ist kein böser egoistischer Mensch, sondern ein leidender Mensch.
Das Spiel der Nationalmannschaft ist abgesagt worden. Ist das ein richtiges Zeichen?
Ein Suizid ist ein plötzlicher, völlig unerwarteter Tod. Den Gedanken, dieser Mensch kommt nicht wieder, den muss ich erst einmal an mich heranlassen. Es braucht Zeit, das Gefühl der Trauer zu verarbeiten. Die haben die Spielerkollegen nun. Die Absage des Spiels ist eine angemessene Lösung. Ein Signal, nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen, nicht einfach weiterzumachen wie bisher. Das Innehalten ist ein Zeichen der Ehre für Robert Enke.“
Frank Hellmann (FR) erinnert an einen der wenigen ähnlichen Fälle und sieht realistischerweise nur einen Weg, dem Verlust zu begegnen: „Der Tod des Torwarts stellt die Menschen bei Hannover 96 vor eine ungeahnt schwierige, weil völlig unbekannte Aufgabe. Etwas Ähnliches widerfuhr im Juni vorigen Jahres Austria Kärnten, als sich Adam Ledwon umbrachte. Präsident und Trainer der Kärntner leisteten damals in der Sommerpause intensive Trauerarbeit, Seelsorger halfen am Telefon, der Pfarrer verlas einen an Ledwon gerichteten Brief der Mannschaft. Trauern, sprechen, lesen – und innehalten: Anders werden auch Verein und Fans den Verlust des sozial engagierten, intelligenten und authentischen Torwarts nicht verarbeiten können. Enke war nicht nur bester Profi, sondern auch Idol und Integrationsfigur.“
Pro und Contra Spielabsage
Leisen Protest gegen die Spielabsage durch den DFB äußert Markus Lotter in der Berliner Zeitung: „Kann man nicht auch spielen und sich zerstreuen und ehrlich trauern? Das eine schließt doch das andere nicht aus. Der Sonnabend wäre jedenfalls der beste Tag für das große Abschiedsspiel von Robert Enke gewesen. Es wäre der optimale Moment für eine Hommage an einen Mann gewesen, der sich aufgegeben hatte, dessen tragischer Fall aber viele im Umgang mit ihren Mitmenschen sensibilisiert haben dürfte.“
Anderer Auffassung ist Robert Ide im Tagessspiegel: „Der DFB hat eine vorläufige, aber die einzig richtige Antwort gegeben: Die Spiele gehen nicht gleich weiter. Das Innehalten hat Herz und Verstand. Das Leben geht weiter, sagt man. Aber das heißt nicht, dass es morgen weitergehen muss, so wie man es zu kennen glaubt. Auch nicht übermorgen, auch nicht am Wochenende. Zeit muss verstreichen dürfen, wenn es sie braucht. Zeit zum Nachdenken und zum Befragen, auch sich selbst. Zeit für Tränen.“
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Nachrufe auf und Portraits von Robert Enke
Lesen wir Markus Völker in der taz stellvertretend für die viele anderen Nachrufen auf den Torwart Robert Enke: „Er galt als ein Meister auf der Linie. Enke war ein moderner Keeper. Er spielte mit, schlüpfte, wenn Not am Mann war, in die Rolle des Liberos. Seine Arbeit zwischen den Pfosten sah nicht besonders spektakulär aus. Nüchtern verrichtete er seinen Dienst der Ballabwehr. Enke verzichtete auf Aufmerksamkeit heischende Paraden. Andere leisteten sich Flugeinlagen, er schnappte sich den Ball einfach. Andere kullerten mit dem Ball wie aufgezogen im Strafraum herum, Enke machte vielleicht eine Umdrehung, mehr nicht. Er war ein pragmatischer Fänger. Ein Torhüter müsse ein Rückhalt für seine Mannschaft sein, das sei das Wichtigste, sagte er, und ein Keeper müsse in der Lage seine, Fehler sofort abzuhaken. Auf dem Spielfeld gelang ihm die gedankliche Bewegung in der Gegenwart nahezu perfekt, im Leben, das neben dem Platz stattfand, war das wohl anders. Dort hing er Ereignissen, wie aus seinem Umfeld berichtet wird, oft lange nach.“ Andere Suizide hätten nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit erhalten, „weil sie nicht Teil des öffentlichen Diskurses waren. Enke, sagen sie, war einer von uns, nicht abgehoben und entrückt. Ein Sympathieträger. Er war einer, der manchmal mit dem Regionalzug zum Training gefahren ist, einer zum Identifizieren für den Fan um die Ecke.“
Dass es nicht nur den Fußball-Fans und dem DFB schwerfällt, mit Enkes Tod umzugehen, erfährt man an anderer Stelle. Ob seine Antwort zur Veröffentlichung gedacht war, ist nicht eindeutig. DerWesten lässt jedenfalls Ronald Reng selbst zu Wort kommen: „Ein enger Freund von Robert Enke war auch unser Spanien-Korrespondent Ronald Reng, früher selbst Torwart und Autor eines preisgekrönten Artikels über Enke. Um einen Nachruf gebeten, hat er uns geantwortet: ‚Ich würde gerne etwas schreiben, aber es gelingt mir nicht. Auch alle weiteren Geschichten wie die Reise zum Länderspiel Portugal gegen Bosnien muss ich leider absagen. Entschuldigung.‘“
Mindestens zwei lesenswerte Portraits Robert Enkes verfasste Ronald Reng, der sich natürlich nirgendwo für seine Trauer entschuldigen muss: Eines stammt von Mai 2004 und ist bei Zeit Online zu finden, ein weiteres ist vom Juni 2006 bei der SZ abrufbar.
Kommentare
18 Kommentare zu “Stimmen zum Tod von Robert Enke”
Freitag, 13. November 2009 um 10:50
Ich hatte mich gewundert, warum hier solange nichts stand. Vielen Dank für den besonderen indirekten Freistoss, insbesondere für den Lesetipp am Ende. Die Beiträge von Ronald Reng, sehr zu empfehlen, eigentlich das beste überhaupt.
Es tut mir unheimlich leid, dass Hr. Enke sich selber getötet hat. Dass er nicht mehr leben wollte. Dass er seine Krise verheimlichte, dass keiner ihm durch die kritische Zeit helfen konnte.
Mir zerreißt es fast das Herz, wenn ich an seine Frau denke, die er verlassen hat, während sie ihn liebte und bereit war, alles mit ihm zu teilen und jeden Weg mit ihm zu gehen. Da war er reich beschenkt.
Ich wünsche Fr. Enke viel Kraft, dass sie – nachdem sich die Öffentlichkeit aus ihrem Leben zurückgezogen hat – mit und in ihrer Trauer über Verlust und Verlassenheit den Mut findet, wieder glücklich werden zu wollen. Das wünsche ich ihr von ganzem Herzen.
Freitag, 13. November 2009 um 13:16
Ich stelle mir gerade mal vor was wäre denn gewesen wenn Robert Enke seine Krankheit öffentlich gemacht hätte. Wie hätte die Öffentlichkeit mit dem Wissen reagiert wenn er mal ein paar nicht so gute Spiele gemacht hätte. Sehe die Schlagzeilen des Boulevard schon vor mir. Was wären die Kommentare der Gegner und des gegnerischen Publikum gewesen. Fussball ist im Infight auch mal schmutzig und der Zweck heiligt die Mittel. Letztendlich wäre die Konsequenz nur das Karriereende gewesen.
Freitag, 13. November 2009 um 14:17
Lesenswert:
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/lebt-er-noch/
(Ich möchte hier definitiv keine Werbung machen, aber was dort zu lesen ist, sollte meines Erachtens möglichst viele Menschen erreichen.)
Freitag, 13. November 2009 um 14:18
Ich geb Rene völlig recht. Man muss sich doch nur das Beispiel Deisler angucken. Er wurde von seinen Mannschafts-“kameraden“ bei Bayern nur die „Deislerin“ gerufen und die Konsequenz war nun mal das viel zu frühe Karriereende.
Freitag, 13. November 2009 um 15:59
@Trainer
Ein wie ich finde besonders gelungener IF!
Freitag, 13. November 2009 um 17:04
Ich finde es sehr tragisch, wie Robert Enkes junges Leben so plötzlich und unerwartet enden musste.
Depressionen sind eine ernstzunehmende Erkrankung, die jeden treffen kann.
Auch wenn mittlerweile die Depression in der Psychiatrie und in den Neurowissenschaften sehr gründlich und intensiv untersucht worden ist und eine breite Palette an effektiven Behandlungsmmöglichkeiten besteht, wird die Erkrankung trotzdem oftmals nicht rechtzeitig erkannt bzw. nicht adäquat behandelt.
Persönlich halte ich das Verhalten der Medien allerdings teilweise für sehr heuchlerisch. Wäre Robert Enke in die Psychiatrie gegangen, um sich stationär behandeln zu lassen, hätten sich die Boulevardblätter das Maul zerrissen – eine unerträgliche Vorstellung für jeden Depressiven.
Jetzt wo Herr Enke den Freitod gewählt hat, wird die Thematik auf fast allen Titelblättern gnadenlos ausgeschlachtet. Genau dieser Voyeurismus hat Herrn Enke wahrscheinlich
u. a. in den Tod getrieben.
Ein tragisches Ende, eine kranke Gesellschaft und bedauernswerte moralische Ideale!
Fuck the System!!!
Freitag, 13. November 2009 um 17:51
[…] Eine sehr gute Zusammenfassung der Presse in den letzten Tage liefert (wie immer): LINK: INDIREKTER FREISTOSS – Stimmen zum Tod von Robert Enke […]
Samstag, 14. November 2009 um 23:28
Vielleicht, aber nur auch ganz vielleicht, kann der Suizid von Robert Enke tatsächlich eine über das Mediengedöns hinaus gehenden Effekt haben. Allüberall wird die Frage nach den Auswirkungen gestellt. Reinhard Rauball schwafelt im Sportstudio von grundsätzlich neuen Sichtweisen in Fußball, Sport und Leben.
Diese Art von Betroffenheitsorgien (auch von Jackson unerreicht: Lady Di), zeichnen vor dem Hintergrund einer eigentlich untolerierbaren Weg-Schau-Haltung unserer Gesellschaft ein bizarres Bild. Was wird sich ändern?
Werden sich die Medien ändern in ihrem Bestreben, möglichst schnell und möglichst exklusiv die auflagen- quoten- oder klickstärkste Story zu bringen?
Werden sich die Fußballer bzw. Sportler ändern, ändern können, weil sich einer von ihnen umgebracht hat?
Werden sich die Menschen in unseren gegenwärtigen, allgemein fast als göttlich gegeben betrachteten, Rahmenbedingungen ändern? Im Hinblick auf Depression? Oder im Hinblick auf das Leben? Ihr Leben?
Werden also die vielen, sich so betroffen zeigenden Menschen, etwas in ihrem Leben ändern?
Und mit Ändern ist nachhaltiges Ändern gemeint, nicht nur die 3 Wochen Medienhype, die so ein Event andauert.
Wird sich wirklich was ändern?
Sonntag, 15. November 2009 um 06:36
Der Text in der Zeit von Ronald Reng entfaltet nun fünf Jahre später und nach Enkes Tod gelesen, wirklich eine unglaubliche Sogwirkung, geht mehr ans Herz als alle aktuellen Texte.
Umso verstörender von Journalistenkollegen zu hören, dass Ronald Reng wohl bei der SZ rausgemobbt wird.
Sonntag, 15. November 2009 um 17:18
Ich frage mich was wirklich dahintersteckt.
R.Enke bekommt ein Begräbnis, dass einer Staatstrauerfeier gleicht. Alle Redner sprechen plötzlich von den bösen Seiten der Maßlosigkeit, kritisieren den Leistungsfussball und bei allem nötigen Respekt, T. Enke tritt so gefasst vor die Presse, dass es fast unheimlich ist.
Steckt da vielleicht ein schlechtes Gewissen dahinter, eine Art Vertuschung? Wie kommt es dass alle sich so einig sind und so eine Riesenzeremonie verabschieden.
Bei einem Oli Kahn oder Beckenbauer würd eich es gerade noch so nach vollziehen können, aber so eine Position hatte eine R. Enke nicht.
Ich glaube man hat diesen Menschen in den Tod getrieben, durch Druck oder was auch immer. Wer weiß wieviel Dreck dahinter steckt, den man jetzt mit diesem Staatsbegräbnis zudecken will.
Schade ist s um einen Menschen. Hätte Enke es wie S. Deisler gemacht, er wäre vermutlich kein Keeper mehr aber evtl. glücklich am Leben.
Depression im Leistungssport ist so ein Tabu nicht. Fälle wie Martin Schmitt kommen zwar in die Medien, aber sind eben keine sexy Themen. Das liegt aber auch uns Konsumenten dieser News. Über Depression wollen wir nichts wissen, außer beim „Heldentod“.
Sonntag, 15. November 2009 um 17:58
@Dave: Neben all dem sonstigen Unsinn den du hier schreibst, hast du auch noch Martin Schmitt mit Sven Hannawald verwechselt.
Sonntag, 15. November 2009 um 21:50
@Dave: keine Ahnung wie alt du bist, ich hoffe nicht so sehr.
Fr. Enke hat die Begabung auch oder gerade unter Druck präzise ihre Gefühle und Gedanken offen und rückhaltlos formulieren zu können. Manche Menschen können das. Und manche können auch verstehen, was sie sagte und es hat sie sehr bewegt. Du scheinbar nicht. Ok.
Normalerweise hat jeder Nahestehende im Falle eines Suizids den Gedanken, vielleicht doch nicht alles getan zu haben oder fragt sich, hätte man es merken können. Hr. Enke hat seinen ärztlichen Betreuer und seine Frau über seinen Zustand im Dunklen gelassen. Manche Menschen können das, gerade auch wenn sie am Gemüt krank aber nicht doof sind. Eventuell liegt es an der Angst, wieder zurückgeholt zu werden um dann später wieder einen Rückfall zu haben und dann wieder. Die Angst vor dem Kreislauf, den man kennt. So wie manchmal nur die Erinnerung an einen Schmerz schmerzt und hemmt.
Der Verein wollte Leistung, die Fans wollten Leistung, klar. Er war Bundesliga Torhüter und hätte bei der WM im Tor stehen können. Und jetzt bricht er zusammen und bringt sich um. Ohne Vorwarnung, ohne Anzeichen für den außenstehenden Betrachter. Das schockiert. Auch wenn Du von einem Staatsbegräbnis sprichst, die Menschen, die das Stadion gefüllt haben sind nicht herbei zitiert worden. Die wollten kommen. Trauern, Abschied nehmen. Weil hier einer gegangen ist, der eigentlich doch so viel hatte und auch so viel geben konnte. Robert Riese.
Sicher, die Berichterstattung hat geholfen, hier gibt es das Henne Ei Phänomen, hätte niemand die Berichte angeklickt, wären keine neuen dazu gekommen, hätte es die bewegende (und für mich ein Moment des Jahres 2009) Pressekonferenz nicht gegeben, wären die Medien und die Öffentlichkeit viel schneller zur nächsten Nachricht übergegangen. So hat aber der Tod und die Trauer die Menschen unmittelbar gepackt und nachdenklich gemacht.
Du kannst Dich gerne wundern über manche Reden, was hättest Du denn gesagt? Lies dir mal Tafelrundes Fragen durch.
„Depression im Leistungssport ist so ein Tabu nicht.“ Dieser Satz zeigt mir doch Deine komplette Ahnungslosigkeit. Es geht hier nicht um Schwulsein oder Tattoos. Depression ist immer eine einzeln auftretende Krankheit. Jeder einzelne Kranke hat seine Historie, sein Päckchen, seine Sozialisation, die ihn und seine Krankheit besonders macht. Der eine kann darüber reden, eventuell später und dann auch gern zuviel (Andre Ich-hasse-Tennis Agassi), der andere will nicht. Eventuell redet er sich und seinem Umfeld sogar eine „rationalen“ Grund ein, warum er es geheim halten will.
Eigentlich beisst sich Leistungssport und Depressivität und sind doch fast ein wenig wie zwei Seiten einer Medaille. Oben ist die Luft dünn und dennoch gibt es ein großes Gedränge. Es gewinnt immer nur einer und selbst der kann vom lebenslangen Kampf um Leistung einen mitbekommen. Und wenn dann noch private Schläge der allerschlimmsten Sorte dazu kommen, dann ist eine ausgewachsene Depression nicht weit. Leistungssport heißt eben immer auch ein Leben am Limit, ein auf Kante genähtes Leben. Das macht anfällig. Was aber an sich nicht unbekannt ist.
Hr. Enkes Tod ist daher sicherlich kein Versagen des Leistungssports, eher eine zutiefst ergreifende persönliche Tragödie. Im Englischen nennt man das einen (ich bitte um Verzeihung für die Wortwahl) freak-accident. Wie als die Titanic den Eisberg rammte. Daher blickten wir alle erschrocken auf.
Sonntag, 15. November 2009 um 23:00
Ich habe in den letzten Tagen alle Sportseiten gemieden und gestern im Pressebereich vom Fanmagazin der 96-Fans (im dortigen Forum) einige der vielen Presseberichte gelesen.
Darunter war dieser Artikel:
http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Zwischen-Mensch-und-Image
Ich fand diesen Bericht sehr lesenswert und habe eben erst die dortigen Kommentare zum Bericht gelesen.
Es ist ja leider so, dass in der Gesellschaft Menschen mit einer psychischen Krankheit leicht wie „Menschen 2. Klasse“ angesehen werden, so eine Krankheit nicht als Krankheit sondern vielleicht als „Marotte“ abgetan werden. Nur ist so etwas nicht wie ein Kreuzbandriss oder Beinbruch in einigen Monaten zu heilen, wie sich das viele wohl vorstellen. Bei so einer körperlicher Sache reagieren die Menschen ganz anders als wenn einer psychisch krank ist, das kann oft nicht akzeptiert werden.
DAss dann prominente Sportler nicht den Mut haben sich zu outen, muss doch nicht verwundern.
Vielleicht sollten sich diejenigen Fans, die im Stadion die Spieler auspfeifen und beschimpfen, meinen, wenn sie Eintritt zahlen, haben sie das Recht dazu, mal Gedanken darüber machen, dass auch Profifußballspieler Menschen sind und keine Roboter.
Noch schlimmer finde ich aber die Presse und das Fernsehen, wie die mit Spielern und Trainern bei Mißerfolgen umgehen.
Ich schalte dann beim Fernseher gerne den Ton ab, weil mich das einfach nervt, was da manchmal nach Spielen gefragt wird. Die Reporter meinen ja immer, dass die Zuschauer das wissen wollen… ???
Für mich ist Fussball Sport, bei dem es Sieger und Verlierer sportlich gesehen gibt, aber ich gehe doch nicht zu einem Spiel, nur um „meine“ Mannschaft siegen zu sehen… (was natürlich schöner ist), aber wenn die Spieler alles geben und es nicht reicht für einen Sieg reicht, dann ist es auch nicht so schlimm, es ist eben Sport…
….und das vergessen anscheinend viele.
Sonntag, 15. November 2009 um 23:21
Leider hat es in Niedersachsen einen weiteren traurigen Fall im Fußball gegeben beim heutigen Spiel von Güldenstern Stade in der Oberliga Niedersachsen Ost. Ein Spieler brach zusammen. Alle Wiederbelebungsmaßnahmen vor Ort und im Krankenhaus blieben erfolglos.
http://www.diefussballecke.de/
Sonntag, 15. November 2009 um 23:31
Hätte sich irgendeiner die Außmaße träumen lassen?
Ich mir jedenfalls nicht, ich bin ziemlich verwundert von dem allem.
Größte Trauerfeier seit Adenauer hab ich irgendwo gelesen.
Verstehen kann ichs nicht.
Was glaubt ihr, wäre gewesen, wenn derjenige Michael Rensing geheißen hätte?
Montag, 16. November 2009 um 10:48
@ Andreas. Ich bin eben nicht unfehlbar.
Und meine Meinung als Unsinn abzutun ist nett von Dir. Diese Betroffenheitsnummer kaufe ich so vielen einfach nicht ab.
Für mich klingt das ganze eben nicht rund und das darf ich auch einwerfen. Woher weisst Du dass es nicht so ist?
Das bedeutet nicht, dass mir der Tod eines Menchen egal ist. Aber Trauer empfinde ich für Menschen die mir nahe standen. Mir tut der arme Zugführer leid, den Enke traumatisiert hat. Seine Frau auch. Und ich verstehe nicht, wieso sein Therapeut so gegen den ausdrücklichen Wunsch Enkes zu Lebzeiten verstößt, seine Krankheit so publik zu machen.
Betrachtet man die letzten Tage einfach mal mit Abstand klingt das alles für mich wie ein Krimi.
@Heffer
genau das lässt mich auch wirklich ein zumindest schlechtes Gewissen bei den Fussballverantwortlichen vermuten.
Montag, 16. November 2009 um 11:04
@Lena
Alt genug und joberfahren genug um mir meine Meinung leisten zu können.
ich habe sehr viel mit Depressiven in meinem Umfeld zu tun. Von denen höre ich keine Hobbypsychologie sondern durchaus andere Meinungen.
Und das T.E. sehr gefasst ist kann auch andere Gründe haben. Der eine auch Psychologen nicht ganz unbekannte ist der, dass man sich innerlich schon von einem Menschen gelöst hat.
Aber ich klinke mich hier zu eurer Freude aus und erhalte die heile Welt. Ich wollte nur mein mulmiges Gefühl formulieren. Fussballvereine sind keine Heiligen, der DFB auch nicht. Fussballspieler sind heutzutage Söldner. Dazu gibt es wenige gelungene Bücher.
R. Enke hat diese Instrumentalisierung, die mit ihm stattfindet, nicht verdient. Kein Mensch hat das.
Und nicht nur die armen Sportler sind Opfer, Depression und daraus resultierendes Mobbing sind auch in anderen Bereichen Tagesordnung. Und auch da geht man mit seiner Krankheit nicht hausieren.
Montag, 16. November 2009 um 12:29
Naja hier jetzt eine Verschwörung zu vermuten ist mir dann doch etwas zu abstrus. Mein mittlerweile EX-Arbeitskollege litt ebenfalls über Jahre an einer psychischen Erkrankung die auch immer im herbst ihren Höhepunkt hatte. Nach seine Kündigung hat er mir gesagt, dass das regelmäßige zur Arbeit gehen iihm wahnsinnig wichtig war. Andererseits war es aber auch der Druck in der Firma der vieles ausgelöst bzw. verstärkt hat.
Das öffentlich Machen im Scheinwerferlicht der Bundesliga stelle ich mir gänzlich unmöglich vor. Ich kann mir schon vorstellen was für ein Teufelskreis dies für Robert Enke darstellte.
Trotz der enormen Anteilnahme kann ich mir nicht vorstellen das sich hier mittelfristig was ändert. Da denke ich immer an Herberts Lied: „…wie ein träge Herde Kühe. Schauen kurz auf und grasen dann gemütlich weiter.“
So wird es ausgehen denn Fussball ist eine Massenbewegung und die Masse ändern zu wollen ist ein hartes Brot.