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Niemand kann sein Unterbewusstsein ausschalten

Frank Baade | Dienstag, 12. Januar 2010 4 Kommentare

Oft redet man über sie, doch selten mit ihnen: zwei deutsche Schiedsrichter – ein aktiver, ein ehemaliger – im Gespräch bzw. Portrait

Der Altmeister und sein Nachfolger. Herbert Fandel erreichte die Altersgrenze und machte vor einem Jahr Platz auf der Fifa-Liste deutscher Schiedsrichter. Sein Nachfolger wird mit Michael Kempter einer der jüngsten Schiedsrichter, die es so weit gebracht haben.

In der FAZ spricht Bastian Steineck mit Herbert Fandel, der feststellt: „Der Ausstieg war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt, auch wenn es schmerzvoll war. Ich habe erst nach und nach gemerkt, was es eigentlich für mich bedeutet hat, Woche für Woche Spiele zu pfeifen.“ Ob er damit denn nicht auch viel Druck losgeworden sei, beantwortet Fandel so: „Der Druck ist nicht weg, er hat sich nur verlagert. Früher musste ich mich intensiv darauf vorbereiten, Barcelona gegen Manchester United zu pfeifen, auf das Spiel und alles, was damit zusammenhängt. Jetzt bin ich Leiter des Kulturamts in Bitburg, da gibt es auch eine Menge zu tun.“ Zum Thema, ob ein Schiedsrichter solch ein Handspiel wie jenes von Thierry Henry speichere und ob es ihn danach in seiner Arbeit beeinflusse, widerspricht er sich ohne mit der Wimper zu zucken in zwei Aussagen direkt hintereinander: „Niemand kann sein Unterbewusstsein ausschalten, das ist immer dabei. Erfahrungen, Erinnerungen spielen natürlich eine Rolle. Letzten Endes ist ein Schiedsrichter aber immer unparteiisch.“ Der Frage nach nachträglichen Sanktionen für den Handspieler Henry weicht Fandel allerdings aus: „Dazu habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich finde es einfach schade, dass so eine Unsportlichkeit ein Spiel entscheidet. Da denke ich wie ein ganz normaler Fußball-Fan.“ Was ein bisschen wenig ist, angesichts lebenslangem Schiedsrichtern.

Fähigkeit, Fehler zuzugeben

Ein kurzes Portrait in der Welt bietet Klaus Schlütter von Michael Kempter, dem herausstechend jungen Bundesliga-Schiedsrichter: „Jahr für Jahr stieg er eine Klasse höher, Bezirks- und Landesliga durchlief er gar innerhalb einer Saison. 2003 pfiff er schon in der Regionalliga und wurde dort auf Anhieb zum besten Schiedsrichter gewählt. Am 26. August 2006 debütierte Kempter beim 0:1 des VfL Bochum gegen Energie Cottbus als 23-Jähriger in der Bundesliga, ein Kunststück, das selbst dem dreimaligen ‚Weltschiedsrichter‘ Markus Merk erst mit 26 gelungen war. Seine Jugend ist also ein Markenzeichen, die natürliche Autorität ein anderes. Ein drittes findet sich darin, dass er auch vor ungewöhnlichen Maßnahmen nicht zurück schreckt und die Fähigkeit besitzt, eigene Fehler zuzugeben und zu korrigieren. Kein Wunder also das Manfred Amerell, der im DFB-Schiedsrichterausschuss für den Nachwuchs zuständig ist, ins Schwärmen gerät, wenn er über seinen Schützling spricht.“ Dieser sei ein Ausnahmetalent und dabei auch noch wahnsinnig ehrgeizig, denn er wolle so viele Spiele pfeifen wie möglich. „Für diesen Ehrgeiz hat Kempter eine einleuchtende Erklärung. ‚Es ist wichtig, dass man Woche für Woche auf dem Platz steht‘, sagt er. ‚Praxis hilft einem weiter.‘“ Doch trotz seiner Altersrekorde ist Konkurrenz für ihn nicht weit: sein jüngerer Bruder Robert pfeift jetzt schon in der 2. Liga – und damit ein Jahr früher als Michael Kempter selbst.

Kommentare

4 Kommentare zu “Niemand kann sein Unterbewusstsein ausschalten”

  1. van Hold
    Mittwoch, 13. Januar 2010 um 12:30

    Kleine Korinthenkackerei: Heißt der Gute nicht „Herbert“ Fandel?

  2. Frank Baade
    Mittwoch, 13. Januar 2010 um 13:05

    In der Verwirrung um Michael Skibbe und Heribert Bruchhagen war ich kurzzeitig sogar der Auffassung, er hieße Herbert Feuerstein, aber nun bleibt es dann doch dabei, dass Sie Recht haben. Ist korrigiert, Danke.

  3. Linksaussen
    Donnerstag, 14. Januar 2010 um 23:13

    „der dreimalige weltschiedsrichter“ – daß noch immer in (mehr oder weniger) seriösen medien hier: die welt) diese ehrungen der IFFHS des alfredo pöge auftauchen, wertet jeden entsprechenden journalisten ab.

  4. Experte
    Donnerstag, 21. Januar 2010 um 01:05

    Ja, das Thema Kempter… Was soll man dazu sagen? Ein junger Mann, unter den Fittichen von Manfred Amerell. Kempter kann sein Leben nicht leben (Stichwort „Keine Zeit für eine Freundin“) und lässt – wie so mancher Fussballprofi – seine wirkliche Identität hinter dem Schiedsrichter-Dress verschwinden. Ich habe für ihn nur Mitleid übrig.

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