Internationaler Fußball
Kernkompetenz Konservierung
| Mittwoch, 27. Januar 2010Der Erfinder des Skorpions hört auf, in Paraguay wird ein Nationalspieler angeschossen, Ronaldinho auf dem Weg zurück zu alter Form und Marco Materazzi lässt mal wieder mit außersportlichen Eskapaden von sich hören
Der Erfinder einer ganz besonderen Torwartparade ist abgetreten. Rene Higuita hat mit einem Abschiedsspiel seine Karriere beendet. „El Loco“ lautet sein Spitzname. Felix Bräm (NZZ) erinnert an dessen bewegte Karriere. Licht und Schatten im Spiel dieses Exzentrikers würden durch zwei besonders bekannte Szenen repräsentiert: „sein legendärer ‚Skorpion‘ im Wembley und sein lapidarer Ballverlust gegen Roger Milla. Higuita stand sich in seiner Karriere immer wieder selber im Weg. Freundschaften aus seiner Kindheit zu Personen aus dem Drogenmilieu brachten ihn immer wieder an die Grenze des Gesetzes. Wegen einer Verwicklung in eine Entführungsgeschichte musste er 1993 gar für einige Monate ins Gefängnis. Aber Higuita wäre nicht «El Loco», wäre er nicht immer wieder zurückgekommen.“ Bei seinem Abschiedsspiel bat er um Verzeihung für seine Fehler und die Zuschauer, dass jeder ein halbes Kilo Reis für die Opfer in Haiti mitbringen möge.
Aus Südamerika berichtet Tobias Käufer (FAZ). Salvador Cabanas, Nationalspieler aus Paraguay, ist bei einem Raubüberfall in den Kopf geschossen worden. Er liegt im Koma, die Ärzte wagen keine Prognosen. „Er ist das jüngste Opfer einer Reihe von Anschlägen gegen prominente Fußballer in Lateinamerika: Die steigenden Mordraten in den großen südamerikanischen Metropolen machen auch vor großen Namen nicht halt. Vor allem Mexiko gilt wegen des dort tobenden Drogenkrieges zwischen Staat und den Kartellen als besonders gefährliches Pflaster. Erst vor wenigen Wochen wurde der ehemalige argentinische Nationalspieler Fernando Caceres in seiner Heimat Opfer eines brutalen Raubüberfalls. Zwei Jugendliche hatten den WM-Teilnehmer von 1994 und Gewinner der Copa America 1993 mit einem Kopfschuss lebensgefährlich verletzt.“ Er verlor ein Auge, überlebte aber nach längerer Zeit im Koma und kann immerhin wieder sprechen und essen. Wie es mit Cabanas weitergehe, sei dagegen völlig ungewiss.
Nach dem Feiern ein Hattrick
Christian Eichler (FAZ) weiß, dass sich Ronaldinho beim AC Mailand langsam wieder der Form annähere, die ihn so wertvoll gemacht hatte. „Die Kernkompetenz des Klubs des ebenfalls kunstvoll restaurierten Silvio Berlusconi ist die Konservierung von Ü-30-Kickern auf Weltklasseniveau. Auch wenn Ronaldinho erst 29 ist, scheint hier ein fußballgeriatrisches Kunststück gelungen zu sein.“ Mit dem alten Trainer Ancelotti sei Ronaldinho wegen einer starren Taktik nicht zurecht gekommen, unter dessen Nachfolger Leonardo habe Ronaldinho wieder mehr Freiheiten, die er erfolgreich nutze. „Letzte Woche wurde Ronaldinho wie schon oft beim Feiern in einem Nachtklub gesichtet – und schaffte wenige Tage später seinen Hattrick gegen Siena.“ Jetzt kommt es mal wieder zum Mailänder Stadtderby, und weil Inter auf dem Papier als Gastgeber zählt, ist eine beeindruckende Serie in Gefahr: „die 127 Liga-Heimspiele ohne Niederlage für Trainer José Mourinho. Und zugleich eine perfekte Gelegenheit für Ronaldinho, seine neue Stärke für alle Welt sichtbar zu machen – vor allem für Carlos Dunga.“ Denn: „Die beste Anti-Aging-Therapie für Fußballer ist eine bevorstehende WM.“
Die NZZ berichtet davon, dass Marco Materazzi von der Ligaleitung verwarnt worden sei, weil er nach einer Partie mit einer Plastikmaske von Silvio Berlusconi auf den Platz gelaufen sei. Inzwischen habe er sich auf Druck persönlich bei Berlusconi entschuldigt.
Einen Bundesliga-Spieler mit Angela-Merkel-Maske möchte man sich lieber nicht vorstellen.
Kommentare
2 Kommentare zu “Kernkompetenz Konservierung”
Mittwoch, 27. Januar 2010 um 14:59
„die Konservierung von Ü-30-Kickern auf Weltklasseniveau“
…und bisweilen fragt man sich ja schon, ob im berühmt-berüchtigten milanlab alles so koscher abläuft.
Donnerstag, 28. Januar 2010 um 10:18
War das Derby in Mailand nicht am vergangenen Wochenende? Oder spielen die gleich noch einmal gegeneinander?
Edit: Jetzt seh ich’s auch: Der Artikel ist ja schon vom Sonntag. Entschuldigen Sie die Unterbrechung, es geht weiter mit Musik.