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Bundesliga

Hannovers neue Einheit trotz Niederlage, Bayern mit altem Selbstbewusstsein wieder Tabellenführer

Frank Baade | Dienstag, 2. März 2010 Kommentare deaktiviert für Hannovers neue Einheit trotz Niederlage, Bayern mit altem Selbstbewusstsein wieder Tabellenführer

Hannover verliert unglücklich gegen leblose Wolfsburger, Bayern wird punktgenau zum Vereinsgeburtstag wieder Tabellenführer und hängt Leverkusen ab, Herthas Funkel in der Diskussion

Im Tagesspiegel leidet Christian Otto mit den weiterhin Punkte verschenkenden Hannoveranern: „Nicht die siegreichen Wolfsburger, sondern die tapfer kämpfende 96-Mannschaft war über weite Strecken der Partie deutlich besser. Das kleine Lebenszeichen für einen Verein, der seit Ende Oktober keinen Sieg mehr bejubeln konnte, gaben Hannovers Spieler und Fans gemeinsam.“ Allerdings doch nicht alle Beteiligten zusammen: „Wie von Klubchef Kind gewünscht hatte keiner der zu Hilfe geholten Psychologen, mit deren Hilfe der Tod des langjährigen 96-Kapitäns verarbeitet werden soll, auf der Auswechselbank Platz genommen. Die Mannschaft wirkte trotzdem so entschlossen, als könne sie sich im Abstiegskampf doch noch selbst zu helfen. Die eingewechselten Arnold Bruggink und Mike Hanke hätten 96 leicht zum Sieg schießen können – was ihnen verwehrt blieb, glückte aber nur Misimovic.“

So wäre Slomkas Job noch zu retten

Alle Bausteine eines Absturzes seien in Hannover gegeben, bilanziert Roger Repplinger umfassend in der taz: „Wolfsburg spielte entspannt, ohne Körperkontakt. Es sieht nicht so aus, als ob sich der amtierende Deutsche Meister in der Bundesliga noch besonders engagieren will. Hannover dagegen kämpfte, lief viel, sah gut aus und setzte auf eine Schwäche des Wolfsburger Ersatzkeepers Marwin Hitz bei Fernschüssen. Allerdings gingen die Schüsse entweder vorbei oder Hitz zeigte keine solche Schwäche.“ Die Spieler machen Fehler, die Trainer machen Fehler und selbst die Zuschauer machen Fehler – indem sie nicht mehr hingehen, wenn es drauf ankommt. Hannover stürze nach dem 0:1 weiter ab.

Etwas anders sieht das die SZ. Plötzlich sei das Publikum wieder eine Einheit mit den Spielern von Hannover 96, berichtet Jörg Marwedel aus der Arena: „Jeder im Stadion hatte nämlich gemerkt, dass die Hannoveraner sich endlich wieder wehren, dass sie sogar noch passablen Fußball spielen können. Und endlich einmal hatte auch Slomka einen Fortschritt erkennen können. Wenn dieser Aufwärtstrend am Samstag beim SC Freiburg endlich auch Punkte bringt, könnte das gerade noch seinen erst im Januar angetretenen Job retten.“ Der von Medien und Teilen der Mannschaft als „arrogant“ eingestufte Slomka habe mit der Verbannung Schlaudraffs und Rauschs die richtigen Maßnahmen getroffen, denn Amateur Manuel Schmiedebach habe Dzeko hervorragend bewacht. „Erwähnen muss man aber noch, dass die Wolfsburger es dem Niedersachsen-Rivalen leicht machten, ins Spiel zu kommen. Viel gelaufen sind sie nicht.“

Schließlich resümiert Frank Heike (FAZ) die drei Punkte für Wolfsburg: „Unverdient, glücklich, aber aus Sicht Hannovers in eine Situation passend, in der nichts läuft.“

In München ist alles wie immer

Christian Eichler (FAZ) zählt die Holländer in der Allianz-Arena und kommt mit 2 Spielern auf jeder Seite plus Bayerns Trainer van Gaal sowie dem zuschauenden holländischen Bondscoach van Marwijk auf 6 an der Zahl: „Sogar der Rasen in der Münchner Arena kommt aus Holland. Dazu feierte der FC Bayern vor der Partie seinen 110. Geburtstag – und gedachte dabei auch des ersten Trainers seiner Geschichte, Willem Hesselink, noch ein Holländer. Fehlte nur noch, dass die Riesen-Rauten auf der Außenhaut der Arena, die bei Bayern-Heimspielen rot illuminiert sind, diesmal in orange geleuchtet hätten.“ In der Partie selbst hätte sich zunächst aber kein Übergewicht des Geburtstagskindes ergeben: „Der HSV hatte weniger vom Spiel, war aber gefährlich, weil die Bayern-Abwehr um Demichelis sich mehrere riskante Ballverluste leistete – und weil der HSV mehrere Spieler hat, die mit ihrer Explosivität und Schusstechnik ein Spiel manchmal aus dem Nichts entscheiden können.“ Gegen Ende der Partie dann „wuchs der Bayern-Druck, doch es bedurfte einer Einzelaktion von Ribéry, um das Spiel zu entscheiden – und dazu des Bayern-Glücks, dass Toruns Ball auf die Latte tropfte.“

Als Resultat dessen steht trotz einer nicht überzeugenden Spielweise eine Rückkehr zu einem Zustand zu Buche, welchen die Bundesliga ausreichend kennt, schreibt Andreas Burkert in der SZ: „Von dominanten und attraktiven Vorträgen in Serie sind die Bayern noch ein gutes Stück entfernt, aber sie vermitteln längst überzeugend den Eindruck, auf dem Weg dorthin zu sein. Sie haben sich für ihr Spiel ein Gerüst erarbeitet, van Gaal errichtete es, und das ist sehr viel für eine Mannschaft, die vor allem wegen der großen Qualitäten ihrer Individualisten Robben und Ribéry wahrgenommen wird.“ Doch nur wegen dieser Stabilität des Systems könnten die beiden R-Mitarbeiter ihre Fähigkeiten gewinnbringend einsetzen. „So basteln die Bayern jetzt wieder sehr entspannt an der Fortschreibung ihrer Siegerlisten und an einer Mannschaft, die für kommende Saison wohl nur punktuell verändert werden soll.“ Van Gaals Verdienst sei es auch, dass sich Hoeneß und Rummenigge wieder um ihre eigenen Themen kümmern könnten, die da Mitmenschen (Magdalena Neuer) und Mitkonkurrenten (Leverkusen) heißen. „Keine Frage, in München ist alles wie immer.“

Das gnadenlose Selbstbewusstsein der Münchner

Mit diesem Überholen Leverkusens zeichne sich der erneute Einbruch des Konkurrenten ab, vermutet Jörg Hanau (FR), auch, weil die Bayern bekanntlich so intensiv an ihre Stärken glaubten: „Dort wo die Luft am dünnsten ist, fühlt sich das Bergvölkchen eben am wohlsten. Kaum angekommen, haben sie sich dort gedanklich auch schon festgesetzt. Das gebietet das Münchner Selbstwertgefühl. Dieses gnadenlose Selbstbewusstsein, aus dem die Bayern wie keine zweite Mannschaft in der Bundesliga Kraft schöpft. Es spricht viel dafür, dass die Bayern in den letzten zehn Spielen vorneweg marschieren werden.“ Denn des Konkurrenten Atem reiche nicht weit genug: „Nach monatelanger Führungsarbeit, droht Leverkusen auf der Zielgerade die Puste auszugehen. Bayer droht der ultimative Alptraum: Ungeschlagen – und doch nur Vizekusen.“

Noch nicht ganz sicher bezüglich des Ausgangs der Meisterschaft ist Sebastian Winter (Spiegel Online): „Es war ein Geduldsspiel und die Bayern haben es für sich entschieden. Sie haben die Gabe, besondere Momente auf der ganz großen Bühne zu zelebrieren.“ So sei es bereits mit dem Sieg gegen Haifa gewesen, nach welchem Uli Hoeneß entspannt Präsident werden konnte, so beim Sieg in Turin und so auch jetzt beim Sieg gegen den HSV. „Es sieht ganz danach aus, als hätte der neue Tabellenführer zum richtigen Zeitpunkt wieder ein Zeichen der Stärke gesetzt. Doch sie sollten sich nicht zu sicher sein. Denn die entscheidenden Wochen dieser Saison kommen erst noch.“ Man müsse in Leverkusen und in Gelsenkirchen antreten, zudem stünde bei Qualifikation das Viertelfinale der Champions League auf dem Programm. „Es sind zwei Wochen der Wahrheit, in denen sich zeigen wird, ob die Bayern eine wirklich erfolgreiche Saison spielen können.“

Frustrierte Hamburger Führungsspieler

Nach seiner ersten Niederlage in der Allianz-Arena gibt der HSV die Hoffnung auf Platz 3 und somit die Qualifikation zur Champions League auf, konstatiert in der Welt Matthias Linnebrügger: „Es scheint, als müsste Bruno Labbadia in den kommenden Tagen viel Aufbauarbeit verrichten, als würde er vor allem als Psychologe gefordert sein. Denn allen voran seine Führungsspieler wirkten nach der Pleite in München und angesichts der aktuellen Tabellensituation frustriert. Während an der Spitze so richtig die Post abgeht, hecheln die Hamburger hinterher – und haben den Anschluss an das Führungstrio verloren.“ Der Spielplan mache zwar noch einige Hoffnung, da der Hamburger SV noch zu Hause gegen die Schalker antrete, während diese zu ebenjenen Hamburgern, nach Leverkusen und zu den Bayern reisen müssten. Erfolge im letzten Saisondrittel seien allerdings auch bitter nötig, denn der Abstand zu Rang 6 beträgt nur noch „magere zwei Pünktchen.“

Herthas Trainerdebatte ist eröffnet

Nur 12 Punkte aus 17 Spielen, das ist auch nicht viel besser als das, was Favre zuvor mit der Hertha errang, weshalb in Berlin nun etwas stattfindet, was man tunlichst vermeiden wollte. Michael Jahn (Berliner Zeitung) nennt es beim Namen: „Eine weitere Trainerdebatte. Längst lancieren auch einige Mitglieder des neunköpfigen Präsidiums ihre Unzufriedenheit mit Funkel in der Öffentlichkeit. Fakt ist: Die Arbeit des Trainers wird auch in diesem Gremium unterschiedlich beurteilt und kontrovers diskutiert. Das ist legitim, weil die Rechnung mit dem abstiegskampferprobten Funkel bislang nicht aufgegangen ist.“ Stabilisiert habe Funkel die von Favre verunsicherte Mannschaft zwar, Letzter bleibe sie aber weiterhin und die Punkteausbeute lasse ebenso deutlich zu wünschen übrig. Am Ende wird man Funkel wahrscheinlich behalten, aber wohl eher mangels Alternativen. „Funkel selbst kann die Debatte im Keim ersticken. Sein Team muss nur siegen. Aber sofort.“

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