indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Champions League

Bayern schaltet Florenz aus – trotz van Buyten, wegen Robben; Real scheitert erneut, Rooney ist erwachsen

Frank Baade | Donnerstag, 11. März 2010 2 Kommentare

Bayern erreicht trotz schwacher Abwehr in Florenz das Viertelfinale der Champions League, im Gegensatz zu Klinsmann könnte van Gaal eine Ära begründen, auch wegen seiner Einzelkönner

Es beginnt Anja Schramm (Welt) mit dem Vergleich von Rib und Rob: „In Florenz jedenfalls war Arjen Robben der bessere der Weltstars und krönte seinen Auftritt mit einem exzellenten Torsolo. Aber es war auch ein Abend mit Verlierern auf Seiten der Münchner, da der taktisch erneut clevere Gegner ihnen so zusetzte, dass vor allem in der Defensive immer wieder grob gepatzt wurde. Dem 0:1 war ein deftiger Patzer von Torwart Butt vorausgegangen. Und bei allen drei Gegentoren war ausgerechnet Abwehrchef Daniel van Buyten einer der indisponierten Hauptakteure. Es ist die Quintessenz aus dem Achtelfinale: So genau wissen sie in München eben doch noch nicht, wo sie stehen im Gesamtvergleich mit Europas Fußball-Elite.“

Wieso ausgerechnet? Hat van Buyten mal in Florenz gelebt?

Auch für Tom Mustroph war Arjen Robben der Mann des Abends (taz). „Souveränität strahlen die Bayern dennoch nicht aus. Das selbst gesteckte Ziel, mindestens ein Unentschieden zu erreichen, haben sie verpasst. (…) Weil ihr Verein nun von den großen Fleischtöpfen ferngehalten wurde, waren die Florentiner Fußballfans höchst erbost. ‚Vergogna‘ (Schande), schrien sie. ‚Bist du jetzt zufrieden, Platini?‘, legen sie noch eine Schippe drauf. Ganz Florenz verwindet schwer, dass selbst drei Tore gegen Bayern fürs Erreichen der nächsten Runde nicht ausgereicht haben. Wie Männer nun eben so sind, werden für das eigene Scheitern aber nicht zuerst die selbst gemachten Fehler als Ursache angeführt, sondern die Schuld bei anderen gesucht. Buhmann Nr. 1 ist der Norweger Tom Henning Övrebö.“

Als hätten sich die Elemente verschworen

Es sah zunächst nicht nach einem Weiterkommen der Bayern aus, bemerkt Julius Müller-Meiningen in der Berliner Zeitung: „Bayerns Ausgangsposition nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel war günstig, aber nicht ungefährlich. Die Anfangsphase im Rückspiel ließ sich für die Münchner zunächst auch nicht besonders gut an. Heftige Böen und ein vom Regen nasser Rasen machten den Ausflug in die Toskana zu einem schwierigen Unterfangen. Immer wieder blies der Wind die aus der Abwehr geschlagenen hohen Bälle zurück, als hätten sich auch die Elemente gegen den FC Bayern verschworen. Und immer wieder rutschen die Bayernspieler auf dem glitschigen Boden aus.“

Auch die FAZ hält sich zunächst ans Wetter. So schreibt Roland Zorn: „Stürmische Winde, spektakuläre Tore, haarsträubende Fehler: Das Achtelfinalrückspiel der Champions League zwischen dem AC Florenz und dem FC Bayern München summierte sich zu einem aufregenden Duell, an dessen Ende die Münchner dank einer offensiven Steigerung nach der Pause das Viertelfinale des wichtigsten europäischen Fußball-Vereinswettbewerbs erreichten. Es war ein schwer erkämpfter Erfolg, der immer wieder in Frage stand, weil sich die Bayern-Abwehr, voran Daniel van Buyten, Schnitzer en suite erlaubte.“

Eben jenem van Buyten rät Jörg Hanau in der FR: „Er kann es besser. Er muss es besser können, will der FC Bayern weiter seinen Traum leben und neun Jahre nach dem letzten Triumph in der Champions League erneut nach dem Henkelpokal greifen. Allein die individuelle Klasse von Arjen Robben und Franck Ribéry wird dafür nicht ausreichen. Der Angriff gewinnt Spiele, die Abwehr Titel.“

Und in der SZ glaubt Moritz Kielbassa, dass die Bayern dennoch einiges aus dieser Partie mitnehmen können: „Ein für die Zukunft wertvoller Aha-Effekt war, dass man auch an einem widrigen, phasenweise wilden Abend mit hoher Nervenbelastung jene ‚neue Spielkultur‘ als Stilmittel bewahrt hatte, die Uli Hoeneß inzwischen hochachtungsvoll der Lehre van Gaals zuschreibt. Immer markanter werden im Bayern-Spiel die holländischen Fingerabdrücke. ‚So viel Organisation wie nötig, so viel Individualität wie möglich‘, lautet ein Dogma der niederländischen Fußballschule. Van Gaals penible Ordnungsvorschriften, ohne und vor allem mit Ball, sind das Fundament, auf dem sich Angriffssolisten austoben. Van Gaal weiß, dass all seine Taktik wenig wert wäre ohne die explosiven Draufgänger vorne.“

Zumindest dieses „Dogma“ klingt allerdings äußerst beliebig.

Mit Plänen wuchern können

An anderer Stelle in der SZ bilanziert Moritz Kielbassa trotz nicht gänzlich überzeugender Leistung: „Es liegen dennoch Welten zwischen der aktuellen Darstellung der Mannschaft – und jenem 0:4-Fiasko von Barcelona, das das zeitige Ende der Nicht-Ära Klinsmann einleitete. Van Gaal hat reellere Chancen, eine Epoche zu begründen. Sie haben sich angenähert, der stolze Mia-san-mia-Klub und der sendungsbewusste Ich-bin-ich-Trainer.“ Barcelona und Chelsea seien zwar noch zu weit entfernt, doch: „Immerhin haben die Bayern wieder ein Pfund in der Hand, das ihnen jahrelang fehlte: einen Plan. „

Ein Team vielversprechender Unvollendeter

Mit Verlierer Florenz leidet Birgit Schönau in der SZ: „Legenden entstehen, wo es besonders weh tut, und dieser Abgang tut der Fiorentina höllisch weh. Man kennt natürlich die eigenen Schwächen. (…) Talentierte Spieler stehen in dieser Elf, die immer seltsam unfertig wirkt, wie ein Team vielversprechender Unvollendeter. Und doch waren sie an diesem Abend über sich hinausgewachsen, hatten immer noch ein Tor draufgesetzt, anstatt sich auf die Mauertaktik der Verzagten zu verlassen. Bis 25 Minuten vor Schluss wähnte die Fiorentina sich im Viertelfinale. Eine Minute später kam Robben.“

Fluch des frühen Scheiterns

Real Madrid setzt eine unrühmliche Serie fort, erwähnt die Berliner Zeitung: „Sie verpassten wieder das Viertelfinale, nun schon das sechste Mal in Serie. Der Fluch des frühen Scheiterns ist lebendiger denn je. Der Job von Trainer Manuel Pellegrini gefährdeter denn je. Dass Real Madrid in dieser Saison endlich die richtige Balance zwischen offensiver Magie und defensiver Maloche gefunden zu haben schien, wurde vor dem Spiel geschrieben. Doch das scheint nur für die erste Halbzeit zu gelten. Gegen Lyon, das sich irgendwann doch daran erinnerte, dass ein Tor ihrem Spiel ganz gut täte, war der Zauber nach dem Seitenwechsel nur noch Blendwerk. Miralem Pjanic erzielte beim zweiten Versuch, Reals Malocher hatten gerade die Arbeit niedergelegt, das 1:1.“

Erwachsen gewordenes Problemkind

Markus Lotter kennt die Gründe für das Wiedererstarken Wayne Rooneys und nennt sie in der Berliner Zeitung: „Rooney, das erwachsen gewordene Problemkind, ist das Unwiderstehlichste, was der englische Fußball derzeit zu bieten hat.“ Zuletzt habe er 12 mal in 9 Partien getroffen, auch im Hinspiel gegen den AC Milan. Dieser bekäme es im Rückspiel „wieder mit einem zu tun, der seine Lust und Leidenschaft endlich in die richtigen Wege leitet, der Wucht und Tempo und Technik in Einklang bringt. Entscheidend für sein stabiles Formhoch ist die neue Ordnung im Angriff von United. Seit dem Abgang von Cristiano Ronaldo ist Rooney wieder der zentrale Stürmer. Vergangenheit ist das kräftezehrende Leben als Vorarbeiter aus dem linken Halbfeld.“

Bitte verpassen Sie nicht den heutigen freistoss des tages, der von einem handelt, der so bald erstmal nicht wieder Champions League spielen wird: freistoss des tages.

Kommentare

2 Kommentare zu “Bayern schaltet Florenz aus – trotz van Buyten, wegen Robben; Real scheitert erneut, Rooney ist erwachsen”

  1. Jan
    Donnerstag, 11. März 2010 um 15:49

    und ewig grinst das Phrasenschwein.

  2. Peter Glock
    Freitag, 12. März 2010 um 08:01

    War Rooney nicht vor kurzem noch der unreife und Manchester United nicht mehr Weltklasse wegen des Abgangs von Ronaldo?

    Zum Glück lese ich nur den indirekten Freistoss und den ganzen anderen Kram nicht…

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