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Bundesliga

Schalke bleibt in Lauerstellung, Hertha überrollt Wolfsburg – zu spät?

Frank Baade | Mittwoch, 24. März 2010 1 Kommentar

Schalke nutzt die Chance in Hamburg nicht, Tabellenführer zu werden, Rakitic läuft bei Schalke zu großer Form auf, Berlin sendet ein deutliches und in seiner Deutlichkeit überraschendes Lebenszeichen aus dem Keller

Die Partie Hamburger SV gegen Schalke 04 stellte durchaus ansehnlichen, gehobenen Bundesliga-Schnitt dar, ausnahmsweise heißt die zentrale Figur dabei aber nicht Ruud van Nistelrooy.

Superhirn Magath

Rainer Schäfer (Berliner Zeitung) schildert anschaulich: „Vor allem im zweiten Durchgang Fußball mit höchstem Unterhaltungswert. Beide Teams erspielten sich Chancen im Minutentakt, mit hoher Intensität rangen sie um den Sieg. (…) Schalkes Trainer Felix Magath, das Superhirn im deutschen Fußball, hat sein Mittelfeld mit emsigen Fußballarbeitern bestückt, die darauf programmiert sind, unaufhörlich gegen den Gegner anzulaufen. Schalke kann einen Fußball abrufen wie von Maschinen gespielt, mit Dauerenergie, an der größtmöglichen Effektivität ausgerichtet.“

Unkreativ zwar, aber alles andere als Maschinen seien die Hamburger Spieler, findet Frank Heike (FAZ): „Der HSV wirkte müde, er reagierte nur noch. Allenfalls lange Bälle auf Ruud van Nistelrooy fielen den Hamburgern ein, nach dem Motto: Ruud wird es schon richten.“

Balance zwischen innerer und äußerer Stärke

Bereits vor Anpfiff zeigte sich Richard Leipold (FAZ) angetan von der Entwicklung Ivan Rakitic‘, dessen bisherige Leistungen in den zweieinhalb Jahren seiner Schalker Zugehörigkeit eher eine Vorschau auf das gewesen sein sollen, was er mittlerweile (seit der Rückrunde) zeigt. Er habe endlich den Kopf eingeschaltet, sich erfolgreich auf Fehlersuche begeben und setze nun „Kunst, Kraft und Kampf ins richtige Verhältnis. Rakitic lebt seine frisch gewonnene Lauffreude nicht mehr auf ausgetretenen Pfaden aus, als klassischer ‚Zehner‘ etwa oder in den Außenbezirken des offensiven Mittelfeldes. Neuerdings strebt er von weiter hinten nach vorn, gewissermaßen mit Anlauf.“ Seine gesamte Umstellung mache sich bezahlt, gegen Dortmund traf er zum Sieg: „Ein Tor wie ein Symbol für die neue Balance zwischen innerer und äußerer Stärke.“

Auch Jörg Marwedel (SZ) sieht im Schalker Trainer den großen, einflussreichen Faktor: „Gerade die jungen Spieler – also etwa die Hälfte des Teams – hätten das Bedürfnis, sich zurückzuziehen, wenn sie etwas verlieren können, wie Psychologe Magath erkannt hat.“ Über den in dieser Partie überzeugenden Baumjohann berichtet Marwedel Magaths Einschätzung: „Es sei schwierig, während der Saison den Spielmacher zu wechseln, sagte Magath hinterher über den vom FC Bayern heimgekehrten Baumjohann. Aber nach Einwechslungen, ‚wenn der Gegner schon etwas müder ist‘, könne er dem Schalker Spiel einiges geben.“ Während der Hamburger SV immer weiter davon wegdriftet, was ihn zu Beginn der Saison ausgezeichnet habe. „Kollege Bruno Labbadia wirkte da schon etwas angestrengter, als er erklärte, seine Mannschaft habe ‚das Ding im Griff gehabt‘ gegen die Schalker. Vielleicht hat der HSV-Coach ja weggesehen, als seine Abwehrspieler Rozehnal und Joris Mathijsen mal wieder ihre Aussetzer hatten. Wie zuletzt schon in Leverkusen und Anderlecht – nur dass es diesmal wenigstens nur zwei statt vier Gegentore gab.“

Hertha sendet wieder

Eine völlig ausgewechselte, gar noch besser als in der letzten Saison agierende Hertha erlebte Sven Goldmann (Tagesspiegel) beim Kantersieg in Wolfsburg: „Über allem stand eine Frage, die an diesem denkwürdigen Abend niemand so richtig beantworten mochte: Wie kann eine Mannschaft mit der am Sonntag demonstrierten Qualität nur auf dem letzten Tabellenplatz stehen? Die Berliner spielten so klug, schnell und rational wie zuletzt in der Fast-Meistersaison – mit dem bemerkenswerten Unterschied, dass dabei auch noch jede Menge Tore heraussprangen.“

Auch Boris Herrmann (Berliner Zeitung) war angetan: „Herthas Spiel sah aus wie eine Kopie der ersten Halbzeit gegen Nürnberg – nur mit Toren. Jeder wollte seinen Teil zur Wiedergutmachung beitragen. Arne Friedrich, dem das von allen Feldspielern am besten gelang, hatte den mutmaßlichen 40-Millionen-Mann Edin Dzeko über weite Strecken so gut im Griff, dass er sogar noch Zeit für gelegentliche Abenteuerreisen in die gegnerische Hälfte fand.“ Herrmann hat auch den umtriebigen Berliner Fans gelauscht: „Zu den satirischen Höhepunkten zählten dagegen die ‚Hoeneß raus!‘-Rufe vonseiten des Berliner Anhangs.“

Funkel gibt nicht auf

Noch aus Frankfurter Tagen bekannt sein dürfte Ingo Durstewitz (FR) die Einstellung des Berliner Trainers: „Funkel weiß, dass es eng wird; dass die Chance abzusteigen weit größer ist als die drinzubleiben. Aber er gibt nicht auf. Wenn es die Hertha nicht schafft, sei die Hinserie schuld. Sollte es nicht klappen, ist für ihn sowieso Schluss in Berlin. Vielleicht schmeißt er sogar die Brocken hin, obwohl die Hertha das Wunder schafft. Denn sein Berlin-Abenteuer hatte sich Funkel anders vorgestellt. Ganz anders.“

Gekas wie Podolski plus Müller

Den dreifachen Berliner Torschützen beobachtet hat Sven Goldmann (Tagesspiegel): „Jedes Mal vollendete Theofanis Gekas mit einer Seelenruhe, wie sie Lukas Podolski zu seinen besten Zeiten in der deutschen Nationalmannschaft auszeichnete. Theofanis Gekas ist keiner, der zum Flanken auf die Flügel ausweicht, der sich die Bälle aus dem Mittelfeld holt oder es mit Schüssen aus der Etappe versucht. Sein Operationsgebiet hat er dorthin verlagert, wo Zentimeter und der gute Blick des Linienrichters über einen Abseitspfiff entscheiden. Wenn Gekas im Strafraum erst einmal an den Ball gekommen ist, dreht er sich auf engstem Raum so schnell wie früher Gerd Müller.“ Gleichzeitig war dieser deutliche Sieg auch Gelegenheit, den Gerüchten, es gebe eine Südamerika-Fraktion innerhalb der Mannschaft, die nur für sich spiele, eine Abfuhr zu erteilen. Da sei nichts dran, wird Gekas vernommen.

Hertha wieder unter Erfolgsdruck

Katrin Weber-Klüver (SZ) befasst sich mit der kurzfristigen Zukunft der siegreichen Hertha: „Weil sie durch den Sieg in Wolfsburg wieder losen Anschluss in der Tabelle gefunden und also wieder etwas zu verlieren hat, steht die Mannschaft nun unerwartet unter Erfolgsdruck. Es spricht nicht viel dafür, dass sie dem im kommenden Heimspiel gegen Dortmund standhalten wird. Ob ihrer chronischen Sturmschwäche hat Hertha in dieser Saison zu Hause nur ein Punktspiel und noch nie zwei Partien hintereinander gewonnen. Sehr wahrscheinlich ist der Nichtabstieg angesichts des Restprogramms nicht. Aber Wahrscheinlichkeit ist im Fußball wie überall eine Größe, die nur statistischen Wert hat.“

Klischee von der One-Man-Show

Robert Ide und Christian Otto (Tagesspiegel) im Gespräch mit Dieter Hoeneß, der zwei, drei häufig mit ihm in Verbindung gebrachte Aspekte berichtigen möchte: „Das Klischee über mich von der One-Man-Show hat doch nie gestimmt. Bei Hertha hieß es doch, ich hätte auch noch den Speiseplan für das Nachwuchs-Leistungszentrum bestimmen wollen. Aber das ist einfach unwahr. In Berlin hatten wir mit Ingo Schiller einen guten Mann für die Finanzen, im Vergleich zu ihm bin ich in diesem Bereich eine Null. Aber dennoch bin allein ich mit allen finanziellen Dingen in Verbindung gebracht worden – im Positiven wie im Negativen. (…) Mich ärgert, dass da unterschwellig immer suggeriert wird, der Hoeneß könne nicht mit starken Trainern. Und das, obwohl ich mit Typen wie Jürgen Röber, Huub Stevens, Hans Meyer oder Lucien Favre gearbeitet habe – alles andere als Duckmäuser und jeder auf seine Art bisweilen auch schwierig. Bei einem Fußballverein ist es doch so, dass jeder Trainer ein Pendant braucht. Es geht nicht in erster Linie darum, was der Trainer wünscht, sondern was der Verein möchte. Allein dem fühle ich mich verantwortlich. Wenn du ein kleines Kind fragst, ob es zwei oder fünf Eiskugeln haben möchte, wird es fünf sagen. So ist es mit den Trainern auch. Willst du mehr Macht oder weniger? Aber das hier ist doch kein Wunschkonzert. Die Trainer haben das Beste für den Verein zu tun.“

Kommentare

1 Kommentar zu “Schalke bleibt in Lauerstellung, Hertha überrollt Wolfsburg – zu spät?”

  1. Wolfsburg - Blog - 24 Mar 2010
    Mittwoch, 24. März 2010 um 20:27

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