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McClaren übernimmt den VfL, Funkel entlassen, HSV-Fans haben keine Lust aufs Finale

Jens Behler | Mittwoch, 12. Mai 2010 2 Kommentare

In Wolfsburg hat die Trainersuche ein Ende. In der Hauptstadt hingegen traut man Funkel den Wiederaufstieg nicht zu und in Hamburg versuchen die HSV-Fans ihre Tickets fürs Europa-League-Finale loszuwerden

Die Gerüchte haben sich also bestätigt: Steve McClaren wird als erster Engländer überhaupt Cheftrainer eines Bundesligisten. Ein besonders guter Ruf eilt dem ehemaligen englischen Nationaltrainer allerdings nicht voraus. Claudio Catuogno (SZ) erklärt warum und blickt zurück auf den Abend als England die EM 2008 verpasste: „Es hatte nämlich geregnet in jener Nacht, wie es hin und wieder regnet in London, aber anstatt sich dem Wetter zu stellen, hatte McClaren die nationale Blamage unter einem Regenschirm verfolgt. An der Seitenlinie! Weltweit live im TV! Unter einem rot-blau gemusterten Regenschirm von den Ausmaßen eines Kinderkarussells! Tags darauf war er ‚the wally with the brolly’, und das ist er auf der Insel im Grunde geblieben: der Trottel mit dem Schirm.“ Und da McClaren „nicht sofort zurücktrat, sondern fortgejagt werden musste wie ein serviler Hofhund, galt er fortan als einer der charakterärmsten Engländer des Planeten. Und als einer der meist verspotteten.“.

Jan Christian Müller (FR) macht allein die „Macht die Bilder“ für McClarens schlechten Ruf verantwortlich: „Bei den Fußballfans hat sich Steve McClaren als Volltrottel mit Pappbecher unterm Regenschirm in die Hirne eingebrannt; er ist der Depp, die mit England gegen Kroatien verlor, die EM-Qualifikation in den Sand setzte und sich dabei wie ein Weichei vor dem ganz bestimmt nicht Britannien-untypischen Nass von oben verkroch.“ Doch seine Erfolge in Enschede sprechen eine andere Sprache: „Tatsächlich handelt es sich bei dem Ex-Assistenten von Alex Ferguson möglicherweise um einen Fachmann, der ein Team entwickeln kann. Aus dem niederländischen Enschede, gleich an der deutschen Grenze gelegen, hört man jedenfalls nur Gutes über McClaren, der den Klub erstmals in dessen Historie zum Meistertitel in der Ehrendivison führte.“

Andere Qualitäten McClarens sieht Markus Hesselmann im Tagesspiegel:  „Provinzklubs nach vorn zu führen, scheint seine Spezialität zu sein. Da ist McClaren in Wolfsburg die richtige Wahl. Und er passt ins Beuteschema des Dieter Hoeneß: Dem früheren Hertha- und jetzigen VfL-Manager wird nachgesagt, dass er keine Trainer-Stars neben sich duldet. Auch da hat McClaren die richtigen Referenzen. Vor seiner Zeit in Middlesbrough hat er sich zwei Jahre lang im Schatten eines großen Ego erprobt – als zweiter Mann hinter Sir Alex Ferguson bei Manchester United.“

Für Frank Heike (FAZ) ist auch klar, warum McClaren nach Wolfsburg geht: „In englischen Zeitungen hatte er gesagt, es reize ihn, mit der finanziellen Kraft des Volkswagen-Konzerns eine Mannschaft aufzubauen, die zurück in die deutsche Spitze wolle. Man kann sich also ungefähr vorstellen, was Hoeneß ihm an Spielgeld versprochen haben mag. Der erste Zugang soll der Berliner Arne Friedrich sein.“

Neuanfang ohne Funkel

Wie Michael Jahn (BLZ) berichtet, glauben die Verantwortlichen bei der Hertha nicht an einen Wiederaufstieg mit Friedhelm Funkel, obwohl dieser gute Argumente vorzuweisen habe: „Funkel hatte noch bis zuletzt für seine Person geworben und daran erinnert, dass er fünfmal in der Zweiten Liga gearbeitet habe und fünfmal aufgestiegen sei. Das hätte ihn für den neuen Job bei Hertha durchaus tauglich erscheinen lassen, aber nicht mehr nach seiner Vorgeschichte in Berlin seit Oktober 2009. Preetz hielt lange am Trainer-Haudegen mit den tiefen Furchen im Gesicht fest, aber die Aufgabe, glaubwürdig einen Neuanfang zu wagen, war mit dem Abstiegstrainer nicht möglich.

Kein Interesse am Finale

Udo Muras (Welt Online) rechnet mit einigen leeren Plätzen beim heutigen Europa-League-Finale in Hamburg: „Der Hamburger SV ist beim Europa-League-Finale im eigenen Stadion nur Zuschauer und sorgt damit für allerlei Hektik auf dem Ticketmarkt. Tausende Hamburger kauften ihre Eintrittskarten im Glauben, HSV gegen Liverpool zu sehen. Nun aber heißt die Paarung FC Fulham gegen Atletico Madrid und die will, pardon, im Grunde keiner sehen. Zwar ist es im Internetzeitalter kein Unding mehr, Tickets noch los zu werden, aber mit einigen leeren Rängen ist doch zu rechnen.“ Muras weiß auch, dass dies in der Vergangenheit schon des Öfteren der Fall war: „Dennoch hat so manche unglückliche Fügung dazu geführt, dass es Endspiele gab, die kaum einer sehen wollte. Deutsche Klubs waren an den historischen Tiefstwerten stets beteiligt. Nie sahen weniger Zuschauer ein Finale im alten Landesmeister-Cup als 1974, als die Münchner Bayern vor 24.000 Augenzeugen in Brüssel Atletico Madrid 4:0 schlugen. Hier gelten aber mildernde Umstände, handelte es sich doch um ein Wiederholungsspiel zwei Tage nach dem 1:1. Viele Fans hatten das nicht eingeplant und mussten da schon wieder arbeiten.“

Wem gehört der FC St. Pauli?

Der Kultklub vom Kiez ist zurück in der ersten Bundesliga. Christian Kamp (FAZ) schaut hinter die Kulissen des FC St. Pauli und beschreibt einen Konflikt zwischen „Realisten und Romantikern“, der sich nicht nur auf den Klub beschränkt, sondern „der das Leben auf St. Pauli und in der ganzen Stadt spiegelt“. Die Gentrifizierung des Stadtteils, mit dem sich der Verein so sehr identifiziert, kann weitreichende Folgen haben: „Aus den Worten weht der Geist, für den der Klub über Hamburg hinaus berühmt geworden ist: freiheitsliebend, sozial engagiert, unangepasst. Was aber passiert, wenn sich das Viertel und die Menschen verändern? Wenn plötzlich Geld und Status eine Rolle spielen, wo das Leben vorher – zumindest abseits der Amüsierbetriebe – ein eher schlichtes war?“ Besonders im Fokus steht Präsident Corny Littmann: „Bei Teilen der Fans gilt Littmann keineswegs nur als Heilsbringer, der dem Klub mit solidem Wirtschaften und viel Netzwerkarbeit eine Rückkehr in die Beletage des Fußballs ermöglicht hat. Sondern als einer, der den Ausverkauf des Klubs und seiner Werte betreibt.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “McClaren übernimmt den VfL, Funkel entlassen, HSV-Fans haben keine Lust aufs Finale”

  1. Heffer
    Mittwoch, 12. Mai 2010 um 17:16

    „Tatsächlich handelt es sich bei dem Ex-Assistenten von Alex Ferguson möglicherweise um einen Fachmann, der ein Team entwickeln kann“

    Haarscharfe Diagnose!

  2. Heinz Gründel lebt
    Donnerstag, 13. Mai 2010 um 11:37

    „Tatsächlich möglicherweise…“ Sensationeller Satz aus der Frankfurter Rundschau. Schließe mich meinem Vorredner begeistert an.

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