Am Grünen Tisch
Leere Sitze, Chaos am Stadion und das Tabuthema Doping
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| Montag, 14. Juni 2010Die Organisation der WM gerät in die Kritik, die Stadien sind nicht voll, die Anreise beschwerlich und über Doping spricht man nicht so gerne
Über die vielen freien Plätze in den WM-Stadien berichtet Thomas Kistner (Deutschlandfunk). Anders als von der Fifa versprochen, seien keineswegs 97 Prozent der Eintrittskarten verkauft. Die bewegten Bilder aus den Arenen hätten ganz deutlich ein anderes Szenario gezeigt. „Sogar beim Eröffnungsspiel in Johannesburg blieben mehr als 500 Plätze frei. Tausende leere Sitze gab es heute bei Algerien gegen Slowenien und Serbien gegen Ghana. Und im Match Südkorea gegen Griechenland in Port Elizabeth war gleich ein Drittel des Stadions leer geblieben, 15.000 Plätze.“ Um beim Eröffnungsspiel zwischen Südafrika und Mexiko die leeren Ränge zu vertuschen, seien „hunderte Plätze mit freiwilligen WM-Helfern gefüllt“ worden. Die Schuldigungen habe die Fifa derweil bei Ticketbesitzern gefunden, die nicht zu den Spielen erschienen seien. Laut Kistner liege ein weiteres Problem der Fifa darin, „dass sich in Südafrika aus Sicherheitsgründen nicht die üblichen Last-Minute-Tricks anwenden lassen, um WM-Stadien am Spieltag mit Freikarten-Aktionen für Einheimische aufzufüllen.“ Auch die Tickets in den höheren Preisklassen würden sich nicht größter Beliebtheit erfreuen „und diese Edelsitze lassen sich kaum nachträglich zu Dumpingpreisen unters Volk bringen.“
Auch Brian Hayward, Gareth Wilson und Luyolo Mkentane (The Herald) gehen auf die Probleme rund um die leeren Sitzplätze in den Stadien ein, beschreiben darüber hinaus jedoch auch einige Hindernisse, die die Fans auf ihrem Weg in die Stadien überwinden müssten. Ein Fan, der mit seiner Familie vom Fan Fest zum Spiel gelangen wollte, habe so versucht mit einem der offiziellen Spielort-Busse zu fahren. „Doch nachdem er zehn Helfer gefragt hatte, von denen niemand wusste, wohin er gehen sollte, fand er 14 Busse in der Rink Street, deren Fahrer ihm ebenfalls nicht den richtigen Bus zum Stadion nennen konnten.“ Nachdem der Fan dann doch noch am Stadion angekommen sei, habe dort schon das nächste Problem auf ihn gewartet. „Dank des Streiks der Speise- und Getränkelieferanten, der erst zum Anstoss um 13:30 Uhr beendet wurde, mussten mehrere Tausend Fans nach der Ankunft am Stadion erst einmal hungern.“ Positiv werden dagegen die Bemühungen um die Sicherheit angesehen. Beim Spiel der Griechen gegen Südkorea sei so das schlimmste Verbrechen der Raub einer Handtasche eines weiblichen koreanischen Fans gewesen. Kein Wunder, wenn man sich die Sicherheitsmaßnahmen genauer anschaue: „Das verdankt man zu großem Teil der, in dieser Anzahl, beispielslosen Ansammlung von Sicherheitskräften in der letzten Woche, die seit Freitag auch von Beamten von Interpol verstärkt worden sind.“
Die Fifa braucht keine Hilfe
Mit dem, im Fussball immer noch (Rand-)Thema Doping befassen sich Remo Geisser und Peter B. Birrer (NZZ). Bei der diesjährigen WM gab es bisher noch keinen Doping-Zwischenfall und der letzte liegt mit dem Turnierausschluss von Diego Armando Maradona 1994 auch schon einige Jahre zurück. Dennoch spielt das Thema auch im Weltfussball eine wenn auch nicht genauer definierte Rolle. „32 000 Dopingproben wurden 2009 weltweit im Fussball durchgeführt, nur 0,3 Prozent davon waren positiv. Und weitaus die meisten Fälle betrafen Marihuana oder Kokain.“ Neben diesen offiziellen Zahlen gebe es aber auch Meldungen von nicht ganz legalen Machenschaften. So sollen der FC Barcelona und Real Madrid in der Saison 2005/2006 auf der Patientenliste von „Dr. EPO“ Michele Ferrari gestanden haben. „Es habe Medikationspläne für die ganze Saison gegeben. Im Zeitplan seien auch die wichtigsten Wettbewerbe festgehalten gewesen: Meisterschaft, Champions League, WM 2006.“ Im Hinblick auf die WM stelle sich dann für Geisser und Birrer die Frage, warum die Fifa während des Turniers nicht mit der weltweit führenden Anti-Doping Agentur zusammenarbeite. „Lange war das Verhältnis zwischen der Fifa und der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) angespannt. Das hat sich inzwischen verbessert. Und dennoch wird die Wada in Südafrika nicht offiziell präsent sein.“ Für die Fifa sei es ausreichend, ihre Athleten selbst zu überwachen. Ob damit die Unabhängigkeit der Prüfer und vor allem die Qualität der Ergebnisse gesichert werden könne, sei jedoch zweifelhaft.
Noch ein Wunder?
Der ehemalige Präsident Südafrikas, Frederik Willem de Klerk, äußert sich im Interview mit Christian Putsch (Welt) über die Möglichkeiten, die das Turnier seinem Land bietet. „Man sollte auch eines nicht vergessen – wir Südafrikaner haben schon zuvor Wunder vollbracht.“