Am Grünen Tisch
Ticketproblematik und ausufernde Streiks
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| Donnerstag, 17. Juni 2010In den WM-Stadien bleiben erstaunlich viele Plätze frei, ein Problem besonders für die lizenzierten Tickethändler; zudem gibt es die ersten Unruhen rund um die WM
Jens Weinreich (NZZ) hat sich in die Welt der Tickethändler gestürzt: „Nach Gesprächen mit einem halben Dutzend Agenten und Ticketdealern lässt sich destillieren: Die Experten gehen davon aus, dass nur etwa 50 bis 60 Prozent der rund 3 Millionen WM-Billette (inklusive der Hospitality-Pakete) zum Marktwert verkauft wurden. Schätzungsweise ein Drittel wurde unter Wert verschleudert, teilweise an Schulklassen verschenkt, um die Stadien zu füllen. Mindestens 10 Prozent der Tickets dürften noch auf dem Markt sein, sagen die harten Jungs an der Basis. Sie trauen den Zahlen nicht, die etwa der Fifa-Generalsekretär Valcke seit zwei Wochen verbreitet. 97 bis 98 Prozent verkaufte Tickets? Wer immer danach gefragt wird, muss lachen. Das Lachen geht stets in Fluchen über.“
Den Artikel in voller Länge gibt es bei jensweinreich.de
Simon Riesche (11Freunde) freut sich über den fairsten WM-Ticket-Schwarzmarkt aller Zeiten: „Es ist viel geschrieben worden über die Ticketsituation der WM in Südafrika. Zwar seien die Spiele größtenteils ausverkauft, doch gleichzeitig gäbe es sehr viele Sponsorentickets, viel mehr als Sponsoren. Keine schlechten Voraussetzungen also für einen blühenden Schwarzmarkt.“ Sein Erfahrungsbericht beschreibt den ungewöhnlich billigen Weg ins Stadion: „Wie viel ich denn zahlen wolle, fragt mich eine ältere Dame mit Zahnlücke. »Nicht mehr als 200 Rand«, sage ich frech, das sind in etwa 20 Euro. Es sollte eigentlich ein Scherz sein, bestenfalls eine kühne erste Verhandlungsposition. Umso überraschter bin ich, als die Frau sofort einwilligt. „Das ist ein fairer Preis“, sagt meine Dealerin, es sei ja schließlich nur ein Fußballspiel. Woher sie die Karten habe, frage ich. Ein weißer Mann habe sie ihr geschenkt, lacht sie. Klingt komisch, aber wer weiß, vielleicht stimmt es ja. Erst jetzt schaue ich auf das Ticket in meiner Hand. Kategorie 1 steht da in kleinen schwarzen Buchstaben. Liest sich gut.“
Erste Unruhen bei der WM
G. Majola und M. Schwikowski (taz) berichten über die ausufernden Streiks rund um die WM-Stadien. Zunächst waren es nur die Ordner der privaten Sicherheitsfirma Stallion Security, die in Durban auf die Straße gingen und gegen die schlechte Bezahlung für ihre Arbeit in den WM-Arenen protestierten. Die Lage weitet sich aber aus: „Inzwischen werden mehrere WM-Stadien bestreikt. Die Fifa hat der Firma Stallion die Rote Karte gezeigt, die südafrikanische Polizei hat bis auf Weiteres in fünf Stadien die Sicherheit übernommen. Über 1.000 Polizeiauszubildende der Polizeiakademie Pretoria kommen nun kurzfristig zum Einsatz. Aber in Port Elizabeth in der Provinz Ostkap gab es sofort Streit über die Frage der Ernährung und Unterbringung der zusätzlichen Kräfte. Dies soll jedoch rasch geklärt worden sein.“ Im Kern geht es um unterschiedliche Gehaltsvorstellungen: „Die Sicherheitskräfte behaupten, ihnen seien 500 Rand (50 Euro) pro Tag versprochen worden, aber nur 180 bis 200 Rand pro Tag werden ausgezahlt. In den beiden Stadien von Johannesburg geht es um 4.000 Angestellte, in Kapstadt um 3.800 und in Durban um 3.500. In den anderen Austragungsorten arbeitet eine ähnliche Anzahl lokaler privater Ordnungskräfte.“