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Am Grünen Tisch

Günstige Zeit für Politik

Kai Butterweck | Sonntag, 20. Juni 2010 Kommentare deaktiviert für Günstige Zeit für Politik

Die WM verschafft der Regierung etwas Luft, der Bundestag zieht zum Public Viewing in die Fraktionssäle

Stefan Heinlein (dradio.de) sprach im Interview mit dem Kommunikationswissenschaftler Raimar Zeh über den Einfluss der WM in der nationalen Politik. Die deutsche Niederlage habe auch etwas Gutes, denn „unter Umständen ist die Niederlage jetzt gar nicht so tragisch für die Politik, weil sie sehr stark die Medien beschäftigt. Also die Nationalmannschaft ist weiterhin in den Schlagzeilen, sie ist auf den Titelseiten, sie ist selbst in den Nachrichtensendungen auf der Nummer eins. Das schiebt die Politik nach hinten und das nützt zurzeit noch der Regierung. Natürlich wäre es im Sinne von Merkel, wenn die deutsche Nationalmannschaft sehr erfolgreich wird, das wirkt sich auf die Stimmung auf, aus und das kann ihr gut tun.“ Dass die Regierung das harte Sparpaket bewusst während der WM präsentiert habe, da der Bürger es vielleicht nur am Rande registrieren würde, sieht Raimar Zeh nicht: „Also ich denke, das war in der Tat ein Zufall. Wenn sie es geplant hätten, hätten sie noch ein paar Tage gewartet und das erst nach Spielbeginn sozusagen lanciert. Ich denke, die Regierung ist im Moment zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um so strategisch auf doch nicht ganz so zentrale Aspekte der Politikdarstellung zu achten.“

Die Linke witterte eine Intrige

Marie-Sophie Adeoso (FR-Online) beschäftigt sich mit dem Public Viewing auf höchster Ebene: „Die Handlungsfähigkeit Merkels, so eine Regierungssprecherin, werde nicht dadurch beeinträchtigt, dass sie beim Regieren `kräftig damit beschäftigt ist, die Daumen zu drücken`. Von einigen Telefonaten abgesehen, seien ihre Termine `so gestaltet, dass der Fokus auf Fußball liegt`. Im Bundestag habe es dann folgendermaßen ausgesehen: „Fast pünktlich zum Anpfiff hörten die Abgeordneten auf zu debattieren, um zum Public Viewing in die Fraktionssäle weiterzuziehen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte vorab wissen lassen, es gebe `interfraktionelle Bemühungen, die Plenarberatungen so rechtzeitig zum Abschluss zu bringen, dass alle fußballbegeisterten Abgeordneten – ohne das Risiko einer spontanen namentlichen Abstimmung fürchten zu müssen – das Spiel verfolgen können`.“ Doch es habe auch Fraktionen gegeben, die nicht so glücklich mit der Situation waren. Die aktuelle Stunde zum Thema Hilfen für Opel „war erst Mitte der Woche punktgenau auf den Zeitpunkt der WM-Partie verschoben worden, die Linke witterte eine politische Intrige. `Ein bewusster Akt der Koalition, um das Thema zu verhindern`, zürnte ein Fraktionssprecher. Wäre nicht General Motors der Linken zur Seite gesprungen und hätte das Thema mit Rücknahme der Opel-Förderanträge hinfällig gemacht, hätte die Fraktion wohl vor leeren Bänken debattieren müssen.“

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