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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Am Grünen Tisch

Blau-weiß-rote Schmierenkomödie

Kai Butterweck | Dienstag, 22. Juni 2010 3 Kommentare

Frankreichs Politik sorgt sich nach den Negativschlagzeilen der Équipe Tricolore um das Ansehen des Landes und kündigt Konsequenzen an

Martin Beils (RP Online) beobachtet, wie sehr die französische Politik darum bemüht ist, den in den vergangenen Tagen entstandenen Schaden in Grenzen zu halten: „Sarkozy erteilte Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot-Narquin den Auftrag, die Hauptdarsteller der Schmierenkomödie zu einem Krisengipfel einzubestellen. In den vergangenen Tagen war Bachelot einige Male im Quartier in Knysnia zu Gast, saß bei den Spielen der Blauen auf der Tribüne und schoss fleißig mit der Handykamera Erinnerungsfotos. Die Anhängerin im rosa Pullover verwandelt sich damit in die Chefaufpasserin für Trainer Raymond Domenech, Franck Ribéry und die anderen schwierigen Charaktere.“  Man denke auch bereits über Konsequenzen nach dem Turnier nach: „`Wir werden nach der WM eine Untersuchung einleiten über alles, was hier passiert ist.` Eigentlich sei eine WM Angelegenheit des Fußball-Verbandes, `aber die Regierung muss eingreifen, wenn der Ruf Frankreichs auf dem Spiel steht, das ist hier der Fall.`“

Auch Sascha Lehnartz (Welt Online) beobachtet, wie sich die Staatsmänner in Frankreich um das Ansehen ihres Landes sorgen: „Kaum waren Anelkas Worte in der Welt, meldete sich Präsident Sarkozy aus Moskau: Sollten diese Worte so gefallen seien, seien sie `vollkommen inakzeptabel`. Der Präsident des französischen Fußballverbandes, Jean-Pierre Escalettes, bestellte Anelka ein und forderte ihn auf, sich zu entschuldigen. Dies lehnte dieser ab – mit der Begründung, er habe die in der Presse erschienenen Worte so nicht gesagt. Daraufhin suspendierte der Verband Anelka, teilte aber irritierenderweise zugleich mit, der Verbalrüpel habe die Nachricht von seinem Ausschluss `sehr würdevoll` aufgenommen. Die Bildungsministerin Valérie Pecresse warf im Laufe des Tages die Frage auf, wie man eigentlich von jungen Leuten noch erwarten wolle, ihre Lehrer zu respektieren, wenn sie Anelka sähen, der seinen Trainer beleidigt. Der sozialistische Politiker Jérôme Cahuzac bot derweil eine gewagte politische Interpretation des Werteverfalls im Fußballermilieu: der Präsident sei schuld, denn das Klima, das in der Nationalmannschaft herrsche, sei jenes, das Nicolas Sarkozy im ganzen Land hervorgerufen habe: `Es ist der Individualismus, der Egoismus, das Jeder-für-sich, und der einzige Maßstab des menschlichen Erfolges ist der Scheck, den jeder am Ende des Monats kassiert.`“

Kommentare

3 Kommentare zu “Blau-weiß-rote Schmierenkomödie”

  1. [me]
    Dienstag, 22. Juni 2010 um 15:00

    Wäre wirklich schade, wenn die französische Regierung nach dem zu erwartenden Ausscheiden der Bleus heute Nachmittag Ernst macht. Wer sorgt dann für solch großartige Unterhaltung bei der nächsten EM und WM, wenn die FIFA die Franzosen wegen Einmischung der Regierung in Verbandsangelegenheiten und Verletzung der FIFA-Statuten suspendiert?

  2. Manfred
    Dienstag, 22. Juni 2010 um 22:03

    Die spinnen, die Gallier.

  3. 1ng0
    Mittwoch, 23. Juni 2010 um 11:27

    der franzmann ist gern renitent
    befehlen folgt er selten
    wenn man bemängelt, wie er rennt
    dann dreht er durch. Nichts hält’n

    ob louis oder domenech
    der chef wird angepöbelt
    und flieht er nicht zurück ins eck
    Womöglich gar vermöbelt

    wer einst sich als rebell gefiel
    dem drohte guillotine
    doch heute löst man das zivil
    mit der air-france-maschine

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