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WM 2010

The Germans again

Matthias Nedoklan | Donnerstag, 24. Juni 2010 Kommentare deaktiviert für The Germans again

England und die USA vereint der Jubel über den Achtelfinal-Einzug.  Doch während die USA Geschichte schreiben, schreiben die Briten über alte Geschichten

Kevin McCarra (The Guardian) begrüßt die Rückkehr der Engländer zum oft verspotteten Kick-and-Rush vergangener Tage. „England gewann sein erstes Spiel bei dieser WM mit Fußball wie an einem Wintertag in der Premier League. Dieser Ansatz wird nie zu richtiger Größe führen, aber er war nötig, um Ordnung in die Elf von Fabio Capello zu bringen.“ Aufgrund der mangelnden Chancenverwertung mussten die Engländer in der Schlussphase gegen die Slowenen zittern. „Trotzdem sahen wir einen mutigen und gut organisierten Auftritt Englands. Der einzige Kritikpunkt ist, dass die Überlegenheit nicht in Zählbares umgemünzt wurde.“

Die Narben aus Turin sind noch frisch

Sam Wallace (The Independent) bemüht nach dem Achtelfinaleinzug der Engländer die Vergangenheit. „Ein Großteil der Mannschaft wurde vor etwa 30 Jahren geboren. Die erste WM, die die Spieler bewusst erlebten, war 1990, als eine Generation englischer Jungs eine ernüchternde Lektion über die grausame Effektivität des deutschen Fußballs erteilt bekam. Von Joe Cole über John Terry, Frank Lampard zu Steven Gerrard, die Geschichte vom Halbfinale in Turin war ihre Einführung in die vielen grausamen Niederlagen, die England bei Turnieren erlitt.“ Möglicherweise komme die DFB-Elf zur rechten Zeit für England, ein Turnier, bevor die jungen deutschen Talente richtig aufblühen. „Doch wenn die Spieler eine Geschichte über das Halbfinale in Turin brauchen, müssen sie nur den Co-Trainer fragen. Stuart Pearce vergab den vorletzten Elfmeter. Die Narben trägt er immer noch.“

Auch Henry Winter (Daily Telegraph) rasselt vor dem Achtelfinal-Duell bereits mit den Ketten. „Es sind die Deutschen, schon wieder. Geschichte und Geschichten, Hoffnungen und Ängste vermischen sich in einem epischen Duell. Der Erzfeind. In der Stadt der Rosen geht es gegen den Dorn im Fleisch der englischen Mannschaft.“ Und der Blick geht noch weiter: „Sollte England das Spiel gegen Özil und Co. überleben, wartet Argentinien. Vielleicht soll England dieses Turnier wirklich gewinnen und dabei alte Geister vertreiben. Die Geschichte wiederholt sich selbst.“ Die Erleichterung sei nach dem Sieg gegen Slowenien zu spüren gewesen. „Die Fans skandierten: ‚Wir fahren noch nicht nach Hause‘. Endlich zeigte die Elf von Fabio Capello ihre Klasse.“

Jubel im Weißen Haus

Jere Longman (New York Times) spürt die Erlösung der Amerikaner nach dem Siegtor in letzter Sekunde. „Ein Tor wurde wegen Abseits aberkannt. Einige Schüsse trafen den Pfosten, einige verpassten das Tor um Zentimeter.  Nach 90 Minuten stand die Mannschaft vor dem Abgrund.  Aber es gibt einen Geist in diesem Team, ein Verlangen, es immer weiter zu versuchen. Ein Glaube, dass Einsatz am Ende belohnt wird.“ Und dann kam der Konter in der Nachspielzeit und Landon Donovan „erzielte nach dem Abpraller das Tor zum dramatischsten und wichtigsten Sieg in der Geschichte der US-amerikanischen Nationalmannschaft. Eine Mannschaft, der ein Siegtor gegen Slowenien aberkannt wurde und die auch am Mittwoch unter den Schiedsrichter-Entscheidungen litt, bestand am Ende. Sie erlaubte es sich nicht, auch nur einen einzigen Gedanken ans Scheitern zu verschwenden.“

Auch Kelly Whiteside (USA Today) hat sich mit der wachsenden Begeisterung um Soccer in der neuen Welt angesteckt: „Als der Mannschaftsbus das Stadion in Pretoria anfuhr, waren die Straßen von US-Fans gesäumt.  Nach dem Sieg jubelte nicht nur die Mannschaft, sondern die Wall Street und das Weiße Haus. Ex-Präsident Bill Clinton besuchte das Team nach dem dramatischen Sieg in der Kabine.“ Nur zwölf Sekunden habe die Mannschaft gebraucht, um sich in die Herzen vieler US-Amerikaner zu spielen. „Torwart Tim Howard leitet mit einem Abwurf den Konter über Donovan ein.  Dann war der Ball im Netz. Der Kapitän hat seit der enttäuschenden WM 2006 auf diesen Moment gewartet.“

Zwölf Sekunden veränderten auch für Grahame L. Jones (Los Angeles Times) die Welt des Fußballs: „Donovan rannte die rechte Seite herunter, spielte auf Altidore, dessen Flanke Clint Dempsey erreichte. Der Abpraller von Torwart M’Bolhi fiel Donovan vor die Füße. Der richtige Mann zur richtigen Zeit. In Algerien herrschte Stille, in den USA reiner Jubel. Es brauchte nur zwölf Sekunden.“ Im Achtelfinale gegen Ghana gelte es, die Niederlage von 2006 und das frühe Ausscheiden vergessen zu machen. „Wunder sind möglich.“

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