Am Grünen Tisch
Kriegsschauplätze und hochnotpeinliche Momente
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| Donnerstag, 8. Juli 2010Der Umgang mit der Flüchtlingssituation in Südafrika wirft dunkle Schatten auf das Land des Gastgebers; die Jubelszenen der deutschen Kanzlerin ernten Hohn und Spott
Johannes Dieterich (Berliner Zeitung) befasst sich mit der Einwanderungsproblematik in Südafrika: „Der Kontrast könnte nicht größer sein. Hier das in einem idyllischen Tal rotgefärbter Weinberge gelegene Städtchen De Doorns, und dort am Stadtrand die Plastikzelte der Flüchtlingsorganisation UNHCR, die an Kriegsschauplätze wie den Kongo oder Somalia erinnern. Pogrome gegen afrikanische Einwanderer und Asylanten sind im WM-Gastgeberland immer wieder vorgekommen. Bei den bisher schlimmsten Ausschreitungen wurden im Mai 2008 Zigtausende Afrikaner aus den Slums und Townships der südafrikanischen Metropolen vertrieben, 62 fanden den Tod, der Mosambikaner Ernesto Nhamwavane wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Der Ausländerhass ziehe sich durch die gesamte Gesellschaft, klagen die Opfer. Auch offizielle Stellen, Immigrationsbehörden und die Polizei seien daran beteiligt. Nicht zuletzt wurde den WM-Veranstaltern mangelnde panafrikanische Solidarität vorgeworfen: Es gab nur für Südafrikaner verbilligte Tickets.“
Bewegungsabläufe wie beim Step-Aerobic
Die Kanzlerin fiel beim Jubeln während des Sieges gegen Argentinien einigen Beobachtern besonders auf. Nicht allen gefiel was sie sahen. Philipp Köster (Tagesspiegel): „Wenn es überhaupt etwas gab, das beim rauschhaften 4:0-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Argentinien negativ auffiel, dann jene Entscheidung des übertragenden Senders ZDF, nach nahezu jedem deutschen Tor zu zeigen, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Ehrentribüne jubelte. Hochnotpeinliche Momente waren das für uns arme Zuschauer, vor allem, weil Merkel immer noch nicht gelernt hat, wie man ordentlich jubelt. Anstatt die Faust zu ballen oder die Arme hochzureißen, wie das jeder normale Fan macht, knickt sie ihre Arme im rechten Winkel und verharrt dann in dieser Pose, die man sonst nur aus dem Aufbaukurs Step-Aerobic kennt. Das wirkt alles so unecht und bewusst für die Kameras inszeniert, dass dem Zuschauer wieder einmal auffällt, welche Pest Politiker doch sind, die sich telegen auf den Ehrentribünen als leidenschaftliche Anhänger präsentieren und sich fabrikneue Schals um den Hals hängen, um noch dem letzten Fernsehzuschauer die eigene Volksnähe zu demonstrieren.“