Bundesliga
Es fehlen verbindliche Regeln
| Donnerstag, 5. August 2010Die Presse nimmt die derzeitige Situation bei den Münchnern unter die Lupe und entdeckt dabei viele unzufriedene Gesichter, die Verletzung Arjen Robbens verdeutlicht den Konflikt zwischen der Fifa und den Vereinen
Bei den Bayern herrscht dieser Tage alles andere als Ruhe. Robben ist verletzt und der Terminkalender voll. Thomas Becker (Financial Times Deutschland) beschäftigt sich mit der Situation beim Meister: „Nachdem sich beim Trainingsauftakt herausstellte, dass Arjen Robben keineswegs fit ist, sondern mit einem fünf Zentimeter großen Loch im linken Oberschenkelmuskel lostrainieren wollte, ist die Wut der Bayern-Bosse gewaltig. Bayern-Hausarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt wurde für seine Verhältnisse geradezu laut: `Ich finde es unverantwortlich, dass man die Verletzung nicht genauer diagnostiziert hat und Arjen hat spielen lassen.` In Südafrika hatte er den Holländern seine Hilfe angeboten, doch die lehnten ab. Was der Bayern-Doc von Dick van Toorn und seinen unkonventionellen Methoden hält, behält er lieber für sich. Die gut zweimonatige Zwangspause für Robben ist nicht die einzige Baustelle. Ungemach droht vor allem vom Kalender: Supercup am Samstag gegen Schalke, von Montag bis Donnerstag Länderspiel in Dänemark, am Freitag Abschiedsspiel für Franz Beckenbauer gegen Real Madrid. Am Montag darauf steht dann mit der DFB-Pokal-Partie gegen Windeck in Köln das erste Pflichtspiel an. Verständlich, dass Trainer Louis van Gaal das alles mal wieder `unglaublich` findet. Es sind mal wieder unruhige Zeiten beim FC Bayern.“
Christian Zaschke (SZ) lenkt den Blick auf den Konflikt auf der sportpolitischen Ebene: „Wer trägt die Schuld an Robbens Verletzung? Er selbst, weil er seine vor der WM erlittene Muskelverletzung nicht geduldig auskurierte, sondern sich der Dienste des als `Wunderheiler` bezeichneten Dick van Toorn bediente? Vielleicht van Toorn, der Robben, wie es hieß, `aggressiv` fitmachte? Oder doch die medizinische Abteilung der holländischen Nationalelf, weil sie Robbens Einsatz zuließ, eine Untersuchung durch den Arzt des FC Bayern aber untersagte? Vielleicht ja, vielleicht nein. Allgemeiner gefragt: Liegt nicht im Verhältnis von Vereinen und Verbänden etwas im Argen, wenn die Klubs während großer Turniere das Gehalt der Spieler weiterzahlen, obwohl die Verbände, insbesondere Dachorganisationen wie die Fifa, durch die Turniere sehr, sehr reich werden? Und läuft nicht etwas falsch, wenn die Spieler bei diesen Turnieren unversichert auflaufen, weil die Versicherung für die Verbände zu teuer wäre? Wenn sie verletzt zurückkommen, ist das allein ein Problem der Klubs; bis zum nächsten wichtigen Länderspiel dauert es ja gewöhnlich noch eine Weile. Über die allgemeinen Fragen müssten Klubs und Verbände reden und eine verbindliche Regel finden, damit im Konkreten jederzeit klar ist, wer wann was tun darf, wer wann was bezahlt.“
Kein Platz mehr für Klose, Gomez und Olic?
Für Elisabeth Schlammerl (FAZ) zeichnet sich so langsam die Wunschelf vom Bayern-Coach ab: „Van Gaal hatte in den vergangenen Wochen bereits angedeutet, wie seine ersten elf aussehen könnte. Nicht schon beim Auftakt, denn da fehlt nicht nur Robben, sondern womöglich ist auch der eine oder andere WM-Spieler noch nicht fit. Viel wird sich gegenüber der vergangenen Saison nicht ändern, denn van Gaal hält gerne am Erprobten fest – wenn die Leistung stimmt. Allerdings plant er mit Badstuber als zweitem Innenverteidiger neben van Buyten, für Martin Demichelis bliebe dann nur der Platz auf der Bank. Und als einzige Sturmspitze will er Müller, den Unverzichtbaren, ausprobieren. Denn den Platz etwas weiter hinten braucht der Trainer für Kroos, mit dem sein Wunsch nach einer echten Nummer zehn im zweiten Jahr seines Wirkens in München endlich in Erfüllung gehen könnte. Van Gaal dürfte seine personellen Vorstellungen mit Kalkül vorgetragen haben, denn neben seinem permanenten Hinweis auf die schwierige Vorbereitung war der zu große Kader sein Lieblingsthema in den vergangenen Wochen.“ Im Angriff herrsche ein Überangebot: „Spätestens nach Robbens Genesung ist nicht einmal mehr Platz für Ivica Olic, im vergangenen Jahr noch Stammspieler. Geschweige denn für die Nationalspieler Miroslav Klose und Mario Gomez.“
Jan Reschke (Spiegel Online) sieht im Ausfall von Robben eine große Chance für Toni Kross: „Trainer Louis van Gaal könnte nun nach einem neuen Spieler rufen, doch adäquater Ersatz wäre teuer. Und es stellt sich die Frage, ob Robben überhaupt gleichwertig ersetzt werden kann. Ohnehin: Den wohl besten Vertreter Robbens hat van Gaal bereits in seinen Reihen. Thomas Müller hat bei der Weltmeisterschaft in Südafrika in der deutschen Nationalmannschaft gezeigt, dass er auf der rechten Angriffsseite derzeit zu den besten Spielern der Welt gehört. Bei van Gaal war er ursprünglich als hängende Spitze im 4-4-1-1-System vorgesehen, nun könnte er auf rechts wechseln und Robben ersetzen. In diesem Fall wäre der größte Profiteur einer, von dem man zwar wusste, dass er sehr gut spielen kann, dem man aber dennoch nur vage Perspektiven in der Bayern-Elf vorhergesagt hat: Toni Kroos.“
Kommentare
4 Kommentare zu “Es fehlen verbindliche Regeln”
Freitag, 6. August 2010 um 12:04
Vielen Dank für die Presseschau. Nachdem das Projekt „Indirekter Freistoss“ schon fast zum Erliegen gekommen zu sein schien bin ich für jede Aktualisierung dankbar.
Freitag, 6. August 2010 um 12:15
Gern geschehen. Immer am Ball bleiben.
Montag, 9. August 2010 um 21:58
Da die FIFA erneut mit einem stattlichen Gewinn nach Hause fährt, bin ich der Meinung, die Vereine, die Nationalspieler abstellen, sollten eine Entschädigung bekommen, die Gehalts- und etwaige Versicherungskosten für die gesamte Zeit der WM und auch während der Vorbereitung erhalten. Nur so kann vermieden werden, dass zu Beginn einer Saison gleich die Stammspieler verletzt fehlen.
Donnerstag, 12. August 2010 um 11:46
Hallihallo, was ist denn eigentlich hier auf der Webseite los?
Dänemark gegen Deutschland?
Gar keine Berichte mehr?
Oder nur noch nach Lust und Laune alle paar Wochen?
Schade.