Unterhaus
Derby gegen die Fremden
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| Freitag, 17. September 2010Union gegen Hertha, Ost- gegen West-Berlin. Heute steigt in der 2. Liga das Berliner Derby zwischen zwei Rivalen, die sich eigentlich nur vom Hörensagen kennen
Boris Herrmann (SZ) freut sich auf ein spannendes Duell: „Derbys sind in diesem Sinne die Hochfeste des Fußballs. Hier kapituliert der letzte Rest von Rationalität vor dem Wahnsinn. Hier geht es um die Vorherrschaft im gemeinsamen Wohnzimmer. Um wie viel ärmer wäre diese Welt ohne die Hauptstadt-Scharmützel zwischen Lazio und AS Rom, Real und Atlético Madrid, Arsenal gegen Tottenham in London oder Boca gegen River in Buenos Aires? Wenn Olympiakos auf Panathinaikos trifft, dann ist sogar Athen eine Reise wert. Es passt zu dieser ewig unvollendeten Stadt, dass die Charlottenburger Hertha erst aus der Bundesliga absteigen musste, um Berlin jenes langersehnte Duell gegen den Köpenicker Rivalen, den 1.FC Union, zu bescheren. Es ist lange her, dass die lokale Presse ihre Leser so ausgiebig auf ein einziges Fußballspiel vorbereitet hat. Und es ist ebenso lange her, dass eine Sportveranstaltung in Berlin so ausverkauft war. Nur wer vor der Geschäftsstelle von Union sein Zelt aufgeschlagen hat, konnte sicher gehen, eines der rund 18000 Tickets für das Spiel am Freitag (18 Uhr) in der Alten Försterei zu bekommen. Union hätte locker das vier Mal größere Olympiastadion im Westen füllen können. Aus Glaubens- und Gewissensgründen hat der klamme Klub aber darauf verzichtet. Soviel zum Thema Rationalität.“
Gunnar Leue (taz) lauscht den musikalischen Wurzeln des Berliner Derbys: „Die Stadion-Playlists sorgen des Öfteren bei Besuchern von auswärts für Verwirrung. Sham 69, Rammstein, Beastie Boys, Rainald Grebe, alles ist möglich. Und erst recht natürlich Achim Mentzel, der berühmt-berüchtigte MDR-Stimmungskanonier. Wenn sich im Fußball ein Musikstück verselbständigt, ist das meistens ein gutes Zeichen. Nur Vereinslieder, die sich selbst den Weg ins Stadion bahnen, sind wahre Vereinslieder. Deshalb und nur deshalb kann man auch nichts gegen den Ballermann-Stampfer ‚Das geht ab!‘ von Die Atzen sagen. Der Partyrapp wurde von den Hertha-Fans in die Stadionkurve getragen, als der Klub aus Versehen auf Meisterkurs war. Und als er abstürzte, machten sie aus dem Refrain ‚Wir holen die Meisterschaft‘ einfach ‚Wir steigen niemals ab!‘“