DFB-Pokal
Blamage für die Gipfelstürmer
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| Donnerstag, 28. Oktober 2010Mainz kann den Erfolg aus der Bundesliga nicht in den Pokal retten, der BVB blamiert sich in Offenbach und Armin Veh leidet nicht nur an Grippe
Roland Zorn (FAZ) lobt die Kickers für ihre Pokalsensation gegen Dortmund: „Wie sich die Offenbacher ihrem hocherfreuten Anhang an diesem Fußballfeiertag über weite Strecken präsentierten, das hatte Niveau und beeindruckte die Westfalen. Der BVB blieb in Offenbach weit unter seinen Möglichkeiten. Dass hier eine Spitzenmannschaft der Bundesliga auf Pokalbesuch war, war mit fortschreitender Spieldauer kaum noch zu sehen. Auch das ein großes Kompliment für die Stärke und Klasse des OFC an diesem Abend. Die Kickers erfüllten vor der Pause exakt die Vorgabe ihres Trainers. Offenbach zeigte keine Hemmungen und keine Nerven gegen den Tabellenzweiten der ersten Liga und besaß dazu eine kapitale Gelegenheit, in Führung zu gehen. Der vorzügliche Linksverteidiger Teixeira zog aus dreißig Metern einfach mal ab. Und wie! Torhüter Weidenfeller musste in diesem Moment exzellente Fliegereigenschaften beweisen, um den Ball noch gegen die Latte lenken zu können.“
Felix Meininghaus (Tagesspiegel) freut sich über das Weiterkommen der Kickers: „Am Ende haben 25.000 Besucher im ausverkauften Stadion auf dem Bieberer Berg tatsächlich ein atmosphärisches Feuerwerk abgebrannt. Warum auch nicht, schließlich gab es eine faustdicke Überraschung zu feinern: Kickers Offenbach rang Borussia Dortmund nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen nieder. Zum Helden eines ungeheuer spannenden Abends wurde Offenbachs Torhüter Robert Wulnikowski, der die Strafstöße von Barrios und Lewandowski hielt. In der ersten Halbzeit erfüllten die Kickers exakt das, was ihr Trainer und die heißblütigen Fans von ihnen erwartet hatten: Sie gaben Gas und ließen die Dortmunder mit ihrer kämpferischen Einstellung nur selten zum Zug kommen.“
Klopp mit Wutausbrüchen
Andreas Hunzinger (FR) freut sich mit den Hessen: „Der OFC-Mannschaft war des Präsidenten Wunsch Befehl. Auch nach der Pause bearbeiteten die Kickers die Westfalen mit großer Hingabe und erzwangen somit ein offenes Spiel. Dortmund spielte hingegen weiter ungenau und wirkte zudem pomadig. Was bei BVB-Coach Jürgen Klopp an der Seitenlinie mehrfach Wutausbrüche herausforderte. Der OFC kam zu guten Kontersituationen, allerdings mangelte es Wolfs Spielern an der nötigen Ruhe. So mussten Zufälle herhalten, damit es Chancen gab. Erst gegen Ende der Begegnung machte sich bei den Offenbachern der große läuferische und kämpferische Aufwand bemerkbar, so dass die Gäste Druck aufbauen konnten. Doch die Kickers-Spieler warfen sich in die Bälle, wenn Dortmund mal in den Strafraum kam, und den Rest bereinigte Wulnikowski.
Gregor Derichs (FAZ) kommentiert das Mainzer Ausscheiden im DFB-Pokal: „Die Mainzer erreichten in keiner Phase ihre Form aus der ersten Liga und erlitten vier Tage vor dem Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund ihre zweite Saison-Niederlage nach dem 0:1 gegen den Hamburger SV. Der Bundesligaspitzenreiter hatte in dieser Spielzeit in Bremen, beim FC Bayern, in Wolfsburg und Leverkusen gewonnen, aber in Aachen fand er vor 25.660 Zuschauern seinen Meister. Die Aachener schlugen die Mainzer mit ihren eigenen Waffen. Sie waren angriffslustig, stürmten schnell und geradlinig nach vorne. Dies war nicht überraschend, da Peter Hyballa in Aachen als ein Trainer eingestuft wird, der ähnlich arbeitet wie der Mainzer Thomas Tuchel. Die beiden Trainer sind sich auch schon einmal im Finale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft 2009 begegnet, als Tuchel mit Mainz gegen Hyballas Dortmunder gewann.“
Salat statt Sauerbraten
Andreas Morbach (Tagesspiegel) sah ein packendes Pokalspiel in Mönchengladbach: „Am Anfang muss sich Leverkusens Coach vorkommen sein wie einer, der im Restaurant einen Sauerbraten bestellt und dann einen Salat serviert bekommt. Angriffsspiel fand bei den Gästen in der ersten halben Stunde überhaupt nicht statt, stattdessen startete der Liga-17. mit Unterstützung der bemerkenswert konfusen Bayer-Defensive einige verheißungsvolle Angriffe. Das große Manko: Das Team von Michael Frontzeck, im Meisterschaftsbetrieb seit dem 6:3 Ende August beim gestrigen Gegner ohne Sieg, setzte hierbei nahtlos die Verschwendungssucht vom jüngsten 1:4 gegen Bremen fort.“
Ralf Weitbrecht (FAZ) leidet mit dem kranken Armin Veh: „Wenige Kilometer vom sportlichen Treiben entfernt verfolgte der grippekranke Armin Veh vom Hotelbett aus das muntere Pokalspiel. Der HSV-Coach ließ sich in der Frankfurter Arena von Assistent Michael Oenning vertreten. Der aber konnte auch nichts gegen starke Frankfurter ausrichten. Eintracht-Cheftrainer Michael Skibbe war an diesem Pokalabend der Fußballlehrer, der sich auf seine Mannschaft verlassen konnte. Das erste vorweihnachtliche Präsent ist schon verteilt. Am 21./22. Dezember kommt es im Achtelfinale des DFB-Pokals zu einer Partie mit Beteiligung der Frankfurter Eintracht. Für den Einzug in die dritte Runde erhalten die Hessen eine halbe Million Euro.“
Gekas mit Torriecher
Frank Hellmann (Tagesspiegel) sorgt sich um den Bundesliga-Dinosaurier: „Der Veh-Vertreter sah eine ohne den verletzten Stammtorwart Frank Rost und Torjäger Ruud van Nistelrooy angetretene HSV-Elf, die an diesem Abend vor allem im zentralen Deckungsverbund führungs- und hilflos wirkte. Und das war am wenigsten Ersatzkeeper Jaroslav Drobny anzulasten, der schon früh durch einen tückischen Distanzschuss von Caio überlistet wurde. Der 24-jährige Brasilianer war erst drei Minuten zuvor für den verletzen Alexander Meier eingewechselt wurde. Noch vor der Pause stellte zweimal der Grieche Gekas seinen Torriecher unter Beweis, denn jeweils kaltschnäuzig verwandelte der 30-Jährige erst eine Flanke von Halil Altintop per Kopf, dann eine Hereingabe von Sebastian Jung mit dem Fuß.“
Ingo Durstewitz und Thomas Klichenstein (FR) planen schon das Finale in Berlin: „Natürlich schallte irgendwann der Pokal-Evergreen durchs Oval, wonach alle zusammen im Frühjahr nach Berlin fahren, natürlich ließen sich die Spieler der Frankfurter Eintracht auch standesgemäß feiern von den insgesamt 39.400 Zuschauern im Stadtwald, doch die ganz große, die überschwängliche, überschäumende Begeisterung blieb aus. Fast ist man geneigt zu folgern, die Hessen haken einen verdienten und ungefährdeten Sieg wie jenen in der zweiten Hauptrunde des DFB-Pokals gegen den hoch gehandelten Hamburger SV schon ganz routiniert ab.“
Die Resultate stimmen
Andreas Burkert (SZ) sieht die Bayern auf einem guten Weg: „Es muss sich wohl nicht wirklich jemand Sorgen machen um das Gemüt von Lahm und seinen Bayern, vielmehr werden sie in der Bundesliga allmählich die Stirn in Falten legen müssen wegen der sonderbar guten Laune, die schon wieder von Fußballmünchen ins Land ausstrahlt. Seit Wochen schleppt sich die hiesige Showtruppe, in der Liga Elfter, mit müden Knochen und Zweitbesetzungen durch den Spielplan, weshalb unbeschwerte Vorträge ausbleiben, wie auch jetzt beim 2:1 über Werder Bremen. Und doch sind die Bayern heiter und vergnügt wie noch nie in dieser Spielzeit, denn die Resultate stimmen wieder aus ihrer Sicht.“
Maik Rosner (Berliner Zeitung) warnt vor dem Wiedererstarken des Rekordmeisters: „Es ging um Trainer Louis van Gaal und seinen ausgelassenen Jubel mit Bastian Schweinsteiger, nachdem der Nationalspieler mit seinem wuchtigen Schuss aus rund 30 Metern in der 74. Minute für die Entscheidung gesorgt hatte. In die Arme des Niederländers war Schweinsteiger danach mit viel Anlauf gesprungen, der stämmige van Gaal aber hielt dem Aufprall Stand. Unverletzt, das war die frohe Kunde Nerlingers, sei der Trainer diesmal geblieben. Anders als in der Vorsaison beim 3:2 der Bayern in Bremen in der Bundesliga, als Arjen Robben ähnlich gefährlich mit van Gaal feierte und den gestürzten Coach mit einem verwundeten Finger zurückließ.“
Kein Haarschnitt für Stahl
Boris Herrmann (SZ) schreibt Koblenz‘ Michael Stahl in die ewigen Fußball-Annalen: „Fernschüsse machen Leute. Natürlich wurde Beckhams Gesellenstück bei Manchester United später zum ‚Tor des Jahrzehnts‘ in der Premier League gewählt. Und wer in der entsprechenden Rubrik der Bundesliga-Historie blättert, der findet die Achtzigerjahre durch ein ähnliches Tor von Klaus Augenthaler repräsentiert und die Neunziger durch einen Gewaltakt Bernd Schusters. Der Fernschuss, in angegilbten Lexika auch Fernbombe genannt, ist in der Ruhmeshalle der großen Fußballtore sogar noch höher angesehen als der Fallrückzieher oder das Endlosdribbling. Wenn jemand aus dem Nichts kommt und plötzlich auf der großen Bühne steht, dann sind die Legenden meistens schon da. Es stimmt, dass Michael Stahl nach einer schweren Knieverletzung in der vergangenen Saison bei der zweiten Mannschaft von Koblenz ausgeholfen hat – in der Bezirksliga. An dem Märchen vom Hobbykicker, der die große Hertha zu Fall bringt, will er allerdings nicht mitschreiben. David Beckham wurde unmittelbar nach seinem Weitschuss erstmals in die Nationalelf berufen. Und bald schnitt er sich auch die Haare. Michael Stahl hat sich erst einmal keinen Friseurtermin geben lassen“