DFB-Pokal
Pleite vor dem Spitzenspiel
| Freitag, 29. Oktober 2010Offenbachs Torwart schummelt vor dem Elfmeterschießen und verlässt sich auf modernstes Scouting. Außerdem: Tuchels Wutausbruch und Aachener Rache
Boris Herrmann (SZ) macht einen ganz besonderen Vorteil für Offenbachs Torwart Robert Wulnikowski aus: „Neulich hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine netzpolitische Grundsatzrede im Berliner Technikmuseum gehalten. Natürlich fiel dabei auch der berühmte Satz vom Internet, das niemals vergisst. Man habe das Phänomen lange genug bestaunt, gab de Maizière zu. Damit sei nun Schluss. Der Minister entwarf die Vision eines digitalen Radiergummis. Für den BV Borussia Dortmund kommt diese hübsche Vision allerdings zu spät.Alles, was Robert Wulnikowski am Mittwochabend über die Dortmunder Elfmeterschützen Lucas Barrios und Robert Lewandowski wissen musste, haben sie ihm praktisch selbst verraten – indem sie bei früheren Gelegenheiten schon einmal in dieselbe Richtung zielten. Wulnikowski, der Internet-affine Torsteher des Drittligisten Kickers Offenbach, hatte das Elfmeterverhalten der Dortmunder vorab mittels YouTube-Videos studiert.“
Andreas Hunzinger (Berliner Zeitung) feiert den Schlussmann: „Der so Gelobte würde das von sich nie sagen. Wulnikowski, in der Jugend von Schalke 04 ausgebildet, ist das, was man einen bodenständigen Menschen nennt. Auf dem Platz kann er ein Vulkan sein, der seine Kollegen bisweilen ordentlich zusammenstaucht, wenn sie nachlässig sind. Doch wenn er die Torwarthandschuhe ausgezogen hat, ist Wulnikowski der nette Kumpel aus dem Ruhrpott. Mit der für diese Region oft typischen herzlichen Geradlinigkeit. In Offenbach schätzen sie die ehrliche Haut. Doch Wulnikowski ist längst mehr als nur die Nummer eins im Tor des OFC.Der Mann mit den riesigen Händen wird vom Publikum geliebt. Vor allem wegen seiner sportlichen Taten. Seit Wulnikowski im Sommer 2008 vom damaligen Regionalligisten Sportfreunde Siegen an den Bieberer Berg wechselte, hat er die Kickers-Fans auf seiner Seite. Als sich in der Drittliga-Saison 2009/2010, in der Offenbach lange um den Aufstieg mitspielte, um am Ende enttäuschender Siebter zu werden, die Wut der Anhänger in Schmähungen gegen die Spieler entlud, wurde Wulnikowski stets ausgenommen.“
Mainzer als scheue Rehkitze
Bernd Müllender (SZ) blickt auf das Pokalspiel zwischen Mainz und Aachen: „Seine Himmelsstürmer hatten diesmal nicht an rockende Hirsche erinnert, eher an eine Gruppe scheuer Rehkitze: bedächtig beim Aufbauspiel und gehemmt abwartend – im Vertrauen auf Automatismen, die in der Liga geklappt haben. Aber im Pokal funktionierte das nicht gegen einen wilden Zweitligisten in einem brodelnden Stadion, das im 22.Anlauf dort das erste großes Match erlebte. Für Aachens Trainer Hyballa war dieser Sieg ein persönlicher Meilenstein. Weil es gegen Thomas Tuchel ging, gegen dessen Mainzer er 2009 das A-Jugend-Finale mit Borussia Dortmund 1:2 verloren hatte.“
Gregor Derichs (Tagesspiegel) kommentiert das Pokal-Aus des Tabellenführers der Bundesliga: „Trainer Thomas Tuchel fiel es schwer, die Fassung zu wahren. Ihm war die zweite Niederlage im elften Pflichtspiel der Saison sehr nahe gegangen, kurz vor Spielschluss rastete er förmlich aus und wurde wegen seiner Aggressionen gegen den vierten Offiziellen von der Bank auf die Tribüne verwiesen. Der Mainzer Coach beklagte unter anderem, dass ein Treffer von Sami Allagui von Schiedsrichter Peter Gagelmann wegen angeblichen Abseits nicht gegeben worden war. Nachdem schließlich kurz vor dem Abpfiff erneut eine zweifelhafte Entscheidung getroffen worden war, warf Tuchel wütend eine Wasserflasche zu Boden und wurde vom Spielfeld verbannt.“
Dämpfer für die Tabellenführer
Lars Wallrodt (Welt) warnt vor Nervenflattern: „Was wurden Tuchel und sein Kontrahent Jürgen Klopp bisher bejubelt: Der Mainzer als ‚Zaubertrainer‘ (‚SZ‘), der Dortmunder als ‚Trainerliebling‘ (‚Bild‘), die nun zum ‚Gute-Laune-Gipfel‘ aufeinandertreffen (‚Kicker‘). Gemeinsam überraschen sie mit ihren Klubs die Liga und überbieten sich gegenseitig in formidablen Sympathiewerten und darin, die jeweils jüngsten Startformationen ins Rennen zu schicken. Nun, ausgerechnet vor dem persönlichen Vergleich, gab es die ersten herben Dämpfer. Denn auch Klopp musste mitansehen, wie sein BVB im Elfmeterschießen 2:4 gegen die Offenbacher Kickers verlor und bereits nach der zweiten Pokalrunde den ersten Titeltraum in den Wind schreiben muss. Tuchel hingegen stürmte nach dem Abpfiff von den Zuschauerrängen zurück auf den Platz und redete erregt auf den vierten Unparteiischen ein. Auch wenn der genaue Wortlaut der Unterredung nicht überliefert ist: Um eine Entschuldigung für seinen Flaschenwurf handelte es sich dabei eindeutig nicht – trotz des abschließenden Händedrucks.“
Kommentare
2 Kommentare zu “Pleite vor dem Spitzenspiel”
Freitag, 29. Oktober 2010 um 16:32
Ich dachte beim Schummeln des Offenbacher Torwarts ginge es darum, dass er durch einen Sprung bei jedem Elfer seine Position deutlich verbessert hat, weil er dann weit vor dem Tor stand und so die Winkel verkürzt hat. FIndet komischerweise nirgendwo Beachtung. Ich finde es gerade schade, dass der Schiri in dem Fall so lasch war, weil Dortmund gegen Hoffenheim kein Elfmetertor machte, weil der Schiri zu pingelig war. Wieder einmal fehlt die klare Linie.
Samstag, 30. Oktober 2010 um 16:09
[…] nE Kickers-Keeper Wulnikowski wird im Elferschießen …BZDie Kirsche -Derwesten.de -indirekter-freistoss.deAlle 23 […]