Deutsche Elf
Das Experiment
| Mittwoch, 17. November 2010Vor dem Länderspiel gegen Schweden blickt die Presse auf die Neuzugänge im Nationaltrikot. Besonders die jungen Dortmunder Talente stehen dabei im Fokus.
Philipp Selldorf (SZ) sieht schwere Zeiten auf den Schalker Nationaltorwart zukommen: „Manuel Neuers Loyalität wird aber nicht bloß dadurch strapaziert, dass er sich auf die Ersatzbank setzen muss. Er muss auch damit klarkommen, dass der Bundestrainer bei seinem Dortmunder Kollegen Jürgen Klopp eine Sammelbestellung aufgegeben hat. Der Überzeugungsschalker Neuer wird somit während der Reise in die Dunkelheit (in Göteborg erlischt das Tageslicht schon gegen halb vier am Nachmittag) von den vier Tabellenführern Mats Hummels, Mario Götze, Kevin Großkreutz und Marcel Schmelzer umzingelt sein. Kein leichtes Los. „Ich konzentriere mich auf das Länderspiel gegen Schweden, das andere blende ich aus“, hat er am Wochenende erklärt.“
Michael Horeni (FAZ) warnt die neuen Nationalspieler: „Die letzte Begegnung im WM-Jahr – mit vier Neulingen (den Mainzern Holtby und Schürrle sowie den Dortmundern Schmelzer und Götze), dazu mit Hummels und Großkreutz zwei weiteren Nachwuchshoffnungen des Tabellenführers – zählt der Bundestrainer zwar schon noch zur Jahreswertung 2010, aber der Gewinn des Schweden-Trips soll sich erst 2012 und 2014 bei der Europa- und Weltmeisterschaft zeigen. Aber ob sie tatsächlich in der Lage seien, sich entsprechend weiterzuentwickeln, werde sich erst im kommenden Jahr zeigen. Denn mit 23 Jahren Weltmeister zu werden, das gelingt nicht vielen Talenten. Aber seit Sebastian Vettel das geschafft hat, dient er dem Bundestrainer auch als Vorbild für seine Spieler. Erstmals begann Löw im Frühjahr 2007 gegen Dänemark (0:1), ein Länderspiel unter Zukunftsperspektiven zu stellen. Viele der Kandidaten von damals sind bei Löw trotzdem nie wirklich angekommen: Fritz, Madlung, Manuel Friedrich, Hilbert, Freier, Castro oder Schlaudraff spielten danach allesamt keine oder keine große Rolle mehr. Der Bundestrainer erntete damals zwar noch Kopfschütteln in der Liga für seinen Testlauf, weil man ein heiliges Länderspiel doch nicht so einfach für einen Jugendtest opfern könne. Heute muss er das nicht mehr erklären. Die Zeiten haben sich geändert, die Fortschritte in der Ausbildung der Talente sind dreieinhalb Jahre später offensichtlich.“
Hummels ist Favorit auf eine lange DFB-Karriere
Matti Lieske (Berliner Zeitung) sagt besonders Mats Hummel eine dauerhafte Zukunft in der Nationalmannschaft voraus: „Hummels verweist darauf, dass er viele WM-Fahrer aus dem Europameisterteam der U21 und aus seiner Lehrzeit bei den Münchner Bayern kennt, und ihm ist bewusst, dass er den WM-Kader nur knapp verpasst hat. Am Ende der vorigen Saison hatte Holger Badstuber im Klub den besseren Lauf, besaß als Mitglied des Bayern-Blocks einen leichten Bonus und war in Löws Augen vielseitiger einsetzbar. Gewiss ist sich Hummels bewusst, dass die Position im Abwehrzentrum im DFB-Team weiterhin problembesetzt ist und er momentan angesichts der Verletzung von Arne Friedrich sowie der Leistungsschwankungen von Per Mertesacker und Heiko Westermann der beste Innenverteidiger des Landes ist, vor Badstuber.“
Thomas Borchert (Welt) blickt auf den Gegner und die Eskapaden des Zlatan Ibrahimovic: „Nach der für ihn verkorksten Zwischenstation beim FC Barcelona in der vorigen Saison trifft Schwedens einzigem Weltklasse-Fußballer derzeit bei Milan wieder auffallend oft. In den vergangenen fünf Punktspielen für den Tabellenführer der Serie A traf Ibrahimovic viermal und verdiente sich Bestnoten, weil er auch für seine Mannschaft ackert. Das war im schwedischen Nationaltrikot beileibe nicht immer der Fall. Ibrahimovic hat seine Mitspieler in etlichen der bisher 66 Länderspielen mit 25 Treffern spüren lassen, dass er durchaus einen Klasse-Unterschied zwischen sich und dem Rest der Elf sieht. Eigentlich sollte Schwedens Stürmerstar Zlatan Ibrahimovic im Göteborger Ullevi-Stadion beim Testspiel gegen Deutschland das eine oder andere Tor machen. Doch daraus wird nichts, wie Nationaltrainer Erik Hamrén am Montag entschied: „Ibra“ sei zu müde und brauche Schonung.
Kommentare
2 Kommentare zu “Das Experiment”
Mittwoch, 17. November 2010 um 16:18
Also die Meinung über Hummels hat die Berliner Zeitung aber wohl ziemlich exklusiv, oder sieht das jemand ähnlich?
Hummel verliert in wichtigen Spielen regelmäßig wichtige Zweikämpfe. Er hat die grundlegenden Fähigkeiten eines IV drauf, gebe ich zu, er liegt da auch über Ligaschnitt. Heutzutage ist es aber immer wichtiger, auch technisch richtig gut zu sein. Die Kollegen Boateng (den die Berliner Zeitung vergisst und den ich hinter Mertesacker auf einem Niveau mit Badstuber sehe) und eben Badstuber haben ihm außerdem die Schnelligkeit und die Passgenauigkeit voraus.
Mertesacker hat schon in vielen wichtigen Spielen seine Weltklasse unter Beweis gestellt. Er ist die absolute Nr. 1 unserer Innenverteidiger, auch wenn er gewiss Schwächen in Schnelligkeit und Technik hat. Das ganze Bremer Team funktioniert im Moment nicht. Das hat sicher nichts mir Mertesackers Qualitäten zu tun.
Ich lehne mich so weit aus dem Fenster zu behaupten, dass die Rolle neben Mertesacker in Zukunft von Badstuber oder Boateng ausgefüllt werden wird und ein Hummels, speziell bei Löws Spielphilosophie nie über den Status des Ergänzungs- oder Ersatzspielers hinauskommen wird. Robustheit und offensive Kopfballstärke sind nicht alles.
Wer mal ein Dortmundspiel im Stadion verfolgt, sieht auch die unheimlich starke Präsenz von Subotic, der in meinen Augen auch stärker ist und der sieht auch, wie ein Hummels von Schmelzer, Bender und Sahin profitiert.
Gerade Schnelzer sehe ich auf einem viel höheren Niveau und er ist von den Debütanten in meinen Augen der, der sich schnell als Stammkraft in der Nationalelf durchsetzen kann. Neben Lahm für mich der beste AV der Liga und echte Konkurrenz hat er auf der Position außer Boateng auch nicht (den ich aber auch im Zentrum sehen will).
Grßkreutz hat ebenfalls gute Chancen, sich zu etablieren. Als Müller- oder Podolski-Ersatz. Jetzt wo Podolski fehlt, würde ich auch gerne von Beginn an Schmelzer und Großkreutz auf der linken Seiter sehen. Rechts wie gegen Spanien dann Kroos.
Donnerstag, 18. November 2010 um 00:47
Man könnte den Freistoss auch durch eine Aussage von Steffen Simon ergänzen: (ich paraphrasiere aus dem Stegreif, also nicht zu pingelig sein)
Mats Hummels interprätiert die Rolle des Innenverteidigers neu: Er versucht nicht nur den Ball zu erobern, sondern ihn auch bei seinem Mitspieler anzubringen.
Das muss doch für einen Stammplatz reichen, oder?