Ascheplatz
Englands Annus Horribilis
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| Freitag, 3. Dezember 2010Die englische Presse geht mit der Fifa nach dem Scheitern der WM-Bewerbung hart ins Gericht. Aber auch die eigene Bewerbung wird nicht geschont.
Owen Gibson (The Guardian) fasst das Scheitern der englischen WM-Bewerbung zusammen: „Mit nur zwei Stimmen endete die englische WM-Bewerbung in einer vernichtenden Niederlage. Es wird eine Aufarbeitung der 15 Mio. Pfund teuren Kampagne folgen müssen, auch die Rolle der FIFA und ihre gegenwärtige Struktur muss auf den Prüfstand. Wie auf dem Feld hat England die Hoffnung auf einen Sieg geweckt, bevor es mal wieder von den Gegnern vorgeführt und vom vernichtenden Ergebnis geschockt wurde.“
Owen Gibson (The Guardian) sieht in der WM-Vergabe ein Votum gegen die kritische Presse des Mutterlandes: „Blatter, der Russland unterstützte um eine Spanien/Portugal Absprache mit Katar zu verhindern, die seine Chancen auf Wiederwahl zum FIFA-Vorsitzenden nach seiner Ansicht torpediert hätte, rief den Exko-Mitgliedern die negative Berichterstattung der Sunday Times und BBC in Erinnerung. Angel Maria Villar Llona, spanisches Mitglied des Exko, soll während einer Debatte im Exko gesagt haben, dass er die Fifa und besonders die Mitglieder des Exkos liebe. In der Vergangenheit haben Medien die Fifa kritisiert, unglücklicherweise sei die Fifa jedoch eine saubere Institution. England ging mit sechs sichergeglaubten Stimmen schlafen, nach der Wahl wachte man geschockt mit nur einer Stimme, neben dem englischen Exko-Mitglied Geoff Thompson, auf. Jack Warner und seine zwei Freunde vom CONCACAF stimmten genauso wenig für England wie der Türke Senes Erzik.“
Schallende Ohrfeige für das Mutterland
Paul Hayward (The Guardian) fasst seinem Enttäuschung in Worte: „Zum zweiten Mal in sechs Monaten wurde England bei einer Weltmeisterschaft zerstört. Nach der Schande der 4:1-Niederlage gegen Deutschland gab es jetzt eine neue schallende Ohrfeige für das Mutterland des Fußballs. Englands Bewerbung stimmte nicht mit der brutalen Fifa-Realität überein. Der sonnige Sommer von 1966, als Bobby Moore den Coupe de Jules Rimet in den Himmel über Wembley stemmte, wird zum Fluchtpunkt. Trotz einer besseren Bewerbung als für die WM 2006 verlor England Stimmen. Waren es bei der Entscheidung 2000 noch fünf Stimmen für England, stimmten 2010 nur noch Issa Hayatou und der Engländer Geoff Thompson. In den Momenten der Bekanntgabe sahen wir die Enttäuschung des Bewerbungsteams, die Kollision der romantischen Vision der englischen Bewerbung zu dem Verlangen der Fifa in der Post-Sowjetunion und den Golf-Staaten neue Goldgruben zu eröffnen.“
Henry Winter (The Telegraph) attackiert die Fifa: „England flog in der ersten Runde raus, sogar Fabio Capellos Elf schaffte es bis in die 2. Runde. Das Annus Horribilis war vollständig. Die Vergabe nach Russland kann mit etwas Logik noch erklärt werden. Immerhin durften die Russen noch nie eine WM austragen und verfügen mit Lew Yashin über einen ganz Großen der Sporthistorie. Der wahre Skandal in Fifaville war die Entscheidung, dass Katar die WM 2022 ausrichten darf. Ein seelenloser Ort, klimagekühlt mit so wenigen Verbindungen in den Fußball, dass Söldner wie Pep Guardiola angeheuert werden mussten.“