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Ascheplatz

Nicht mehr als nur ein Klub

Matthias Nedoklan | Montag, 13. Dezember 2010 4 Kommentare

Die Premier League ist dank der Wirtschaftskrise ausgeglichener geworden,  Barca ist nicht mehr als nur ein Fußballklub und Sylvia Schenk ruft zum Handeln gegen Korruption auf

Florian Haupt (Berliner Zeitung) analysiert eine neue Lage in der Premier League: „Zum 43. Mal begegnen sich die Trainerveteranen heute, unter den vermeintlich immergleichen Vorzeichen. Der eine, Arsenal, führt die Tabelle an, der andere, Manchester, liegt knapp dahinter. Und nicht weit weg befindet sich der FC Chelsea. Doch der Eindruck trügt, denn die Premier League, wie Ferguson und Wenger sie prägten, ist zuletzt aus den Fugen geraten. Arsenal hat bereits drei Heimspiele verloren, United überhaupt erst acht Mal gewonnen, Chelsea wartet nach dem 1:1 bei Tottenham Hotspur seit sechs Spielen auf einen Sieg. Die Folge: Manchester City ist punktgleich mit der Spitze, die Spurs haben sich zum Titelkandidaten erklärt, selbst Teams wie die Bolton Wanderers und der FC Sunderland sind zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Spielzeit noch nicht entscheidend abgehängt.  Angesichts dieses Panoramas wird seit Wochen die Frage diskutiert, ob die Schlechten nun besser oder die Guten schlechter geworden sind. Tendenz: Letzteres. United fehlt seit dem Abgang Ronaldos vor anderthalb Jahren das Besondere, derweil Arsenal ob der permanenten Verjüngungskuren Wengers zu sehr flattert und Chelseas große Achse der Abramowitsch-Jahre – Terry, Lampard, Drogba – erstmals das Alter spürt. Gleichzeitig kommen seit Pfund- und Finanzkrise aus dem Ausland kaum neue Topkräfte hinzu. Da passt es ins Bild, dass der bislang neben Samir Nasri (Arsenal) und Rafael van der Vaart (Tottenham) auffälligste Spieler der Saison, Carlos Tévez, seinen Klub Manchester City verlassen will. Er hat Heimweh und reichte am Wochenende den Transferwunsch ein.“

Dominik Bardow (Tagesspiegel) sieht Barca auf dem Weg, nur noch ein gewöhnlicher Fußballverein zu sein: „Es war der 10. Dezember, der internationale Tag der Menschenrechte, an dem der FC Barcelona bekannt gab, dass der Klub künftig erstmals in seiner 112-jährigen Geschichte einen zahlenden Sponsor auf seinem Trikot tragen wird. Und zwar nicht irgendeinen Sponsor, sondern eine Stiftung aus Katar; der umstrittene Gastgeber der Fußball-WM 2022 wird auch wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert. s ist vor allem Barcelonas Klubethik, die den Sponsorenvertrag bemerkenswert macht. Der sportliche Vorzeigeklub Kataloniens versteht sich laut Vereinsmotto als ‚més que un club‘, mehr als nur ein Fußballverein. Dazu gehört traditionell auch soziales Engagement. Ebenso verweigerte sich Barça mehr als 100 Jahre lang allen Unternehmen, die auf ihrer Trikotbrust werben wollten. Doch 2006 gab der umtriebige Unternehmer, Politiker und Barca-Präsident Joan Laporta bekannt, dass die Katalanen künftig für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen werben wollen. Statt Geld dafür zu kassieren, spendete Barcelona jährlich 1,5 Millionen an Unicef, das großzügige Angebot galt bis 2011. Zunächst soll sich dies so bleiben: Man werde beide Logos tragen, ‚im Zweifelsfall hat Unicef Vorrang‘, sagte Barcelonas Finanzchef Javier Faus. Was damals auf den ersten Blick sozial vorbildlich und bemerkenswert war, diente Laporta in zweiter Linie auch dazu, das Tabu Trikotwerbung bei den wertkonservativen Barca-Mitgliedern aufzuweichen.“

Sylvia Schenk (SZ), ehemalige Vorsitzende von Transparency International, schreibt über ihre Erfahrungen mit Korruption im Sport:  „Im Herbst 2008 war ich als Vorsitzende von Transparency International Deutschland zur Internationalen Anti-Korruptions-Konferenz in Athen. Beim abendlichen Empfang wurde mir plötzlich klar, wie grundsätzlich sich mein Umfeld im Vergleich zu den Olympischen Spielen 2004 geändert hatte. Damals war ich auch in Athen, als damalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer und Mitglied des Präsidiums des Radsport-Weltverbandes. Nun, bei der Anti-Korruptions-Konferenz, begegnete ich etlichen Persönlichkeiten, die wegen ihres Einsatzes gegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen zu Hause im Gefängnis gesessen hatten. Vier Jahre zuvor, beim Sport, hatte ich damit rechnen müssen, in den VIP-Räumen auf Funktionäre zu treffen, die eigentlich wegen Korruption ihres Amtes enthoben oder sogar ins Gefängnis gehörten. Die aktuelle Empörung über die Fifa umfasst einige weltweit nicht unwichtige Länder und animiert hoffentlich auch Global Player, die den Sport sponsern, zum Handeln. Darin liegt eine Chance, endlich Änderungen in Strukturen und Personalrekrutierung des internationalen Sports in Gang zu setzen. Dies wird nicht von heute auf morgen gehen, es sind viele kleine Schritte nötig. Aber es lohnt sich: Damit der Sport die Hoffnung, die er bei den Menschen in aller Welt weckt, insbesondere bei den Benachteiligten, auch wirklich erfüllt. Und nicht den Falschen nutzt.“

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Kommentare

4 Kommentare zu “Nicht mehr als nur ein Klub”

  1. lateral
    Dienstag, 14. Dezember 2010 um 08:04

    Der Schenk-Ausschnitt ist ja dermassen belanglos. Ich lese nichts als hohle Phrasen. Es klingt resignierend, ganz wie „Die Hoffnung stirbt zuletzt“-Gedoens. Aber ja, ich habe auch eine Phrase parat: The show must go on!

  2. anderl
    Dienstag, 14. Dezember 2010 um 11:50

    Fakt ist:
    Es interessiert niemanden!

    Denn der Konaequenzen ist sich niemand bewusst!

  3. Janek
    Donnerstag, 16. Dezember 2010 um 12:10

    was mich wundert ist dass der spanische Fussball noch nicht unter der Finanzkriese leidet – gerade die spanischen Klubs werden doch ähnlich wie die Englischen von Mäzen dominiert – in Spanien sind es halt immer die Bauunternehmer… aber das kommt vermutlich noch, denn der Bausektor schmiert in Spanien ja gerade gehörig ab… und wenn den Mäzen das Geld ausgeht werden die auch ein Minus von 70 Mio wie bei Barca nicht mehr tragen wollen…

  4. Sascha
    Samstag, 18. Dezember 2010 um 14:09

    Ja das stimmt schon. Auch wenn die Finazkriesen nichts erfreuliches ist, aber in der Sport merkt das auch. Auch an den großes Vereinen geht das nicht spurlos vorbei. Vielleicht merken die das nicht ganz so schnell, weil immer noch Geld irgendwo vorhanden ist, aber auch das ireicht nicht für immer.
    Gerade in Spanien, die Sponsoren sind nun mal die Unternehmen des Landes, wenn die nun kein Geld mehr haben, dann wird es früher oder später dünn für die Vereine. Und das Geld Fußballspiel ist ja nicht immer so. Manche „ärme“ Vereine haben schon für Überraschungen gesorgt. Deswegen bliebt es spannend.

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