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Bundesliga

Bayern kommt nicht zur Ruhe und Bremen nicht aus der Krise

Kai Butterweck | Dienstag, 25. Januar 2011 5 Kommentare

Während in München die Vereinsführung neuerliche Spitzen in Richtung van Gaal schießt, verschärft sich die Krise bei Werder Bremen immer mehr. Außerdem: In Hannover birgt der Erfolg auch Gefahren

Jan Christian Müller (FR) spekuliert über einen vermeintlichen Zusammenhang zwischen bayerischen Zukunftsplänen und der HSV-Absage von Matthias Sammer: „Zur zunehmenden Abneigung der Bayern-Verantwortlichen gegen Fachmann und Freigeist van Gaal passt nun haargenau das sich hartnäckig haltende Gerücht, Hoeneß habe hinter den Kulissen dafür gesorgt, dass Matthias Sammer überraschend dem HSV absagte − und dabei mit seiner sonderbaren Öffentlichkeitsarbeit den eigenen Ruf schwer beschädigte. Auch wenn Sammer vehement dementiert, würde seine Absage an Hamburg mit der Aussicht auf ein Engagement bei den Bayern Sinn ergeben. Ehe sie sich damals für van Gaal entschieden, gehörte der DFB-Sportdirektor übrigens bereits zum engsten Kandidatenkreis der Bayern. Er wohnt im schicken Stadtteil Grünwald, ein Sohn spielt bei den Bayern in der B-Jugend, und nebenbei: Seine Frau Karin liebt München.“

Herrlich die beiden!

Matthias Bossaller (Zeit Online) amüsiert sich über das nicht enden wollende Reizklima bei den Bayern: „Uli Hoeneß maulte über den Tabellenstand, und legte van Gaal nahe, möglichst schnell Siege zu präsentieren. Wenn er das Gefühl habe, die Qualifikation zur Champions League sei in Gefahr, werde er eingreifen – wie damals bei Jürgen Klinsmann. Das klang nach einem Ultimatum, der Vergleich mit Klinsmann rutschte Hoeneß sicherlich nicht aus Versehen heraus. So schauten auch alle auf den Niederländer. Der machte einen mürrischen Eindruck, reagierte aber so politisch korrekt auf das Interview, wie er es eben kann. `Er ist eine Ikone, er darf das sagen`, sagte van Gaal. Herrlich, die beiden! Der deutliche Sieg über Kaiserslautern wird Uli Hoeneß etwas besänftigt haben. Doch der erneute Konflikt zeigt, dass der Rotwein-Frieden von Cluj wohl nicht mal den Preis für die edlen Tropfen wert war.“

Christian Eichler (FAZ.net) verzweifelt an der unbeständigen Stimmungslage beim Rekordmeister: „München ist kein Ort für Wetterfühlige. Jedenfalls, wenn sie ihr Geld mit Fußball verdienen. Vorhersagen zum wechselhaften Betriebsklima an der Säbener Straße haben geringere Haltbarkeit als die Wettervorhersage für den Raum Oberbayern. Fast jeder Meteorologe bringt es heute auf verlässliche Prognosen für vier, fünf Tage. Aber selbst die cleversten Betriebsklimatologen des FC Bayern stochern oft schon für die nächsten 24 Stunden im Nebel. Für das vergangene Wochenende zum Beispiel waren eher Aufheiterungen erwartet worden, wegen der Wiederkehr eines lang erwarteten holländischen Hochs. Dann aber gab es aus heiterem Himmel kräftige Niederschläge durch ein mächtiges bayrisches Tief. Die Attacken von Präsident Uli Hoeneß gegen Trainer van Gaal ließen das Barometer so sehr fallen, dass auch der Wirbel des zurückgekehrten Arjen Robben  nicht viel wärmende Sonne für die Klub-Seele brachte.“

Klaus Allofs spricht seinen Spielern den Willen ab

Matthias Bossaller (Zeit Online) sorgt sich um Werder Bremen: „Die einstige Spaßfabrik der Liga ist zu deren größten Sorgenkind geworden. Der Manager Klaus Allofs spricht seinen Profis den Willen ab. Thomas Schaaf wirkte nach dem Spiel blass und erschüttert wie nie zuvor. Tim Wiese hingegen holte immerhin ein klein wenig aus und offenbarte dabei, dass er bei Gerry Ehrmann nicht nur eine kraftvolle Torwartschule genossen hatte. Seinen Kollegen warf er vor, sich zu verstecken. So ernst wie jetzt, war die Lage für Werder schon lange nicht mehr. Der Sieg vom vergangenen Spieltag war im Nachhinein eine enttäuschte Hoffnung. Da hieß der Gegner Hoffenheim. Am kommenden Wochenende heißt er FC Bayern München.“

Andreas Morbach (Tagesspiegel) fordert von den Bremer Spielern mehr Gemeinschaftssinn und weniger Egoismus: „ Klaus Allofs und Thomas Schaaf gaben sich wirklich alle Mühe, weiterhin als verschworenes Duo wahrgenommen zu werden. Schulter an Schulter nahmen sie nach dem Abpfiff den grün-weißen Trümmerhaufen auf dem Rasen ins Visier. Und als Werders oberste Drahtzieher später gemeinsam das Kölner Stadion verließen, war klar: Zumindest die Manager-Trainer- Achse funktioniert in Bremen noch. Mehr aber auch nicht. Werders Spieler wollten nach dem unglaublich peinlichen 0:3 beim 1. FC Köln jedenfalls nichts miteinander zu tun haben – so wie schon während des Spiels. Jeder ging seiner eigenen Wege, und nur mit allergrößter Überwindung nahmen die Fußballer noch miteinander die Pfiffe ihrer Fans entgegen.“

Peter Unfried (Spiegel Online) schwelgt wehmütig in Erinnerungen: „Von einer Gemeinschaft ist das Team derzeit weit entfernt. Das markiert den Unterschied zwischen dem aktuellen Werder und jener verschworenen Gemeinschaft unter Führung von Thomas Schaaf der vergangenen Jahre. Der Standortvorteil bestand in Bremen eben darin, dass das sorgfältig ausgewählte Personal als Gruppe innerhalb eines Club- und Spielkonzepts funktionierte. Weil das seit über zehn Jahren der Fall war, hält man es heute in Bremen für den Normalzustand.“

Die Gefahr am eigen Erfolg zu scheitern

Stefan Osterhaus (NZZ Online) beleuchtet die Schattenseite des Erfolges der Hannoveraner: „Wer jetzt einen Blick auf die Tabelle wirft, findet Hannover 96 an dritter Stelle. Das ist die beste Platzierung der Mannschaft in der jüngsten Bundesliga-Geschichte. Damit widerlegt Slomka die Behauptung seiner Kritiker, er könne einzig mit einem teuren Team gute Resultate erzielen. Slomka dürfte wissen, dass trotz dem sportlichen Höhenflug die finanziellen Möglichkeiten Hannover 96 in absehbarer Zeit wieder zu einem Kandidaten für das untere Mittelfeld der Tabelle machen. In einer Saison, die an Überraschungen nicht arm ist, liefert der Vertragspoker um den Verbleib des Trainers eine weitere Kuriosität. Denn trennen sich die Wege von Slomka und Hannover 96, dann scheitert der Klub am eigenen Erfolg.“

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Kommentare

5 Kommentare zu “Bayern kommt nicht zur Ruhe und Bremen nicht aus der Krise”

  1. augelibero
    Dienstag, 25. Januar 2011 um 13:56

    Bayern und die Wetterlage: Wer so tut, als sollte ein Heimsieg gegen Kaiserslautern die gefühlte Saisonbilanz der Bayern verändern, argumentiert auf dem Niveua von Bravo-, ran- und Bravo Girl. Dummerweise tun dies einige der Journalisten – na ja, die kochen eben mit dem gleichen Wasser. Uli Hoeneß hat in dieser Debatte den ganzen Schönschwätzern und Trickszeigern gottseidank das Kriterium im Fußball vor Augen geführt: die Tabelle.

    Ja, die Tabelle. Es geht im Fußball um die Tabelle. Im Fall von den Bayern: Platz 1 (nicht: 2,3,4,5,6,7,8,ff).
    Und natürlich: Pokale.

    Daran wird Herr van Gaal gemessen. Das will er nicht akzeptieren, es ist aber so. Wenn er die Qualifikation für die Champions League in der Bundesliga verpasst und den aktuellen CL-Wettbewerb nicht gewinnt, wird der Verein reagieren. Zu recht.
    Die Herren Schweinsteiger, Lahm und Co. sollten ihre Loyalität zum Trainer in Leistung umsetzen – und nicht in Kommentare.
    Ob van Gaal die Kurve noch kriegt, ist zu bezweifeln. Seine Aufstellung vom Samstag (die Positionen von Pranjic, Timostschuk und Gustivo) zeigt, dass er weiterhin in Pal-Czernai-Manier die Spieler entgegen ihrer Stärken aufstellt. Frei nach dem Motto: Wenn ich – der große van Gaal – dich da hinstelle, bist du bereits dadurch gut.

    Aber es ist nicht gut. Man sieht es. Jedes Mal.

  2. tafelrunde
    Dienstag, 25. Januar 2011 um 22:25

    @augelibero: Neuer Gegner, neues Glück.
    Es soll auch Menschen geben, die das Fußballspiel als solches lieben. Sicherlich bei den meisten auch mit Vorlieben für einen bestimmten Club oder besser, dessen Image.

    Dabei steht für manche dieser Menschen im Zentrum eine erkennbare und sympathieträchtige Idee vom Spiel bzw. eine Spielphilosophie. Neudeutsch oder Marketing-Chinesisch auch Corporate Identity genannt. Das beinhaltet ganz elementar eine entsprechende, gelebte Kultur.

    Was gerade bei den Bayern abläuft ist ein astreiner Streit um diese Dinge. Erfolgsorientiertheit ohne langfristigen Plan (d.h.: wir kaufen immer die vermeintlich besten Spieler) vs. Erfolgsorientiertheit mit langfristigen Plan (d.h.: wir haben ein fußballerisches Konzept und nehmen dafür die geeignetsten Leute), personifiziert in Hoeneß und van Gaal. Exemplarisch dargereicht beim Torwart-Zwist Neuer oder Kraft.

    Hoeneß hatte lange Zeit im nationalen Rahmen mit seiner Herangehensweise Erfolg. Aber international immer weniger. Deshalb holte man van Gaal, auf dass dies besser werde. Nun macht van Gaal das, was er immer gemacht hat und auf Sicht auch immer überaus nachhaltig erfolgreich war, wenn man an Ajax, Barca, Alkmaar denkt. Jetzt fühlt sich Hoeneß brüskiert, weil ihm bewusst wird, dass seine Einstellung an Boden verliert. Den unglücklichen Saisonverlauf greift er auf, um allen zu zeigen, wie recht er hat.

    Wenn Hoeneß sich durchsetzt und van Gaal durch seine kurzfristige Sichtweise abschießt, wäre dies für die Bayern langfristig eine Katastrophe.

  3. augelibero
    Donnerstag, 27. Januar 2011 um 18:54

    @tafelrunde:
    Liebe Tafelrunde, Ihre Argumentation ist zwar sehr lesenwert und charmant. Sie hält aber einer Überprüfung der Fakten leider nicht stand: van Gaal hatte INTERNATIONAL nur einen für Bayern anerkennenswerten Erfolg (CL League mit Ajax). Ansonsten hagelte es INTERNATIONAL reichlich Mißerfolge (keine CL-Erfolge mit Barca trotz Rivaldo und Co., WM-Quali-Ausscheiden mit Holland 2002 gegen Irland!). NATIONALE Titel in Spanien sind ganz nett, eine holländische Meisterschaft mit Alkmaar ist komplett „bellow the line“.

    Bayern hat in den vergangenen Jahren fünf oder sechs NATIONALE Doubles (nur eines mit van Gaal) gewonnen. Das kann also nicht der Maßstab für Verbesserungen sein. Junge Spieler aus eigenen Reihen (Schweini, Lahm, Hargreaves – früher Nerlinger, Kuffour, Babbel) baut Bayern seit den 90er kontinuierlich ein. Da muss man Gerland erst einmal loben. Das van Gaal bei Spielern wie Müller oder Badstuber gute Arbeit leistet, steht außer Frage. Der Müller hat übrigens schon bei Klinsmann debüttiert.

    Van Gaal ist kein Heilsbringer, sondern ein sehr guter Trainer mit Aufs und Abs, der sich zu wichtig nimmt. Uli Hoeneß steht beim FC Bayern für eine 30 Jahre andauernde Erfolgsära. Die Konkurrenten – zunächst der stärkere HSV, zwischendurch Werder, Dortmund und Schalke – wechselten. Der FC Bayern stand meistens vorne. Und darin besteht seine CI, die von Leuten wie Hoeneß, Beckenbauer oder Maier gelebt wird (weniger: Rummenigge).

    van Gaal wird in den Geschichtsbüchern – nicht wie Hitzfeld oder Lattek – ein Kapitel, sondern eine Episode bleiben (vgl. Heynckes, Trappatoni, Magath). Und das ist schlecht für die Bayern-Konkurrenz, gut für den Verein.

    Wenn er die CL-Qualifikation verpasst und gegen Inter rausfliegt, gibt es keinen sportlichen oder konzeptionellen Grund, an van Gaal festzuhalten.

  4. Oliver Fritsch
    Freitag, 28. Januar 2011 um 10:19

    Junge Spieler baut Bayern seit den 90ern ein. Der war gut. Lahm ist übrigens in Stuttgart zum Nationalspieler geworden.

  5. augelibero
    Freitag, 28. Januar 2011 um 14:33

    Lieber Oliver Fritsch, danke für den Hinweis. Ihre Polemik ist mir übrigens nicht entgangen.

    Zu den Fakten: Phillip Lahm hat acht Jahre in der Jugend und der Regionalliga beim FC Bayern gespielt – er ist dort zum Fußballspieler ausgebildet worden. Dass man ein Talent zwei Jahre verleiht, damit es anderswo Spielpraxis erhält (der Konkurrent, für alle, die es nicht mehr wissen: Bixente Lizarazu – Weltmeister, Europameister, CL-Sieger, x-facher nationaler Meister) ändert nichts daran. Richtig ist auch, dass Lahm in der Stuttgarter Zeit Nationalspieler wurde. Stuttgart und Magath haben zweifellos auch einen großen Beitrag geleistet.

    Geschätzter Herr Fritsch, auf die These, dass kaum ein Verein so viele Eigengewächse integriert wie Bayern, haben Sie in der Sache nicht reagiert. Müssen Sie auch nicht. Wenn ja, dann bitte sachlich.

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