Bundesliga
Magath folgt Veh und van Gaal
| Mittwoch, 9. März 2011Das Trainerkarussell dreht sich heftig. Spätestens zum Saisonende folgt nun auch Felix Magath auf Armin Veh und Louis van Gaal bei der Suche nach einem neuen Verein.
Philipp Selldorf (SZ) sieht Magath dauerhaft beschädigt: „Wenn die Ära Felix Magath in Schalke nun an ihr Ende gelangt – laut SZ-Informationen haben sich die Führungsgremien des Klubs auf eine Trennung zum Saisonende verständigt – dann liegt das auch daran, wie der Trainer mit Spielern wie Sarpei umgeht. Dass er sie nicht durch Zureden oder in Gesprächen ermutigt; dass er sie behandelt wie anonyme Funktionselemente. Er macht das nicht aus Bosheit. Das Prinzip der Unnahbarkeit, auch der Erbarmungslosigkeit ist Teil seiner Trainermethodik, darauf beruft er sich ja oft genug, wenn er von Branko Zebec und Ernst Happel schwärmt, den strengen Lehrmeistern seiner Spielerzeit beim HSV.“
Peter Müller (WAZ) kritisiert den Trainer: „Durch seinen Führungsstil, der auf Allmacht und Autorität basiert, schlug er einen tiefen Riss in den Klub. Nach wie vor gibt es Schalke-Fans, die an Magaths außergewöhnliche Fähigkeiten glauben wollen und ihm Treue geschworen haben. Doch auf der anderen Seite stehen diejenigen, die lautstark und sichtbar seine Entlassung fordern, weil er sie durch Missachtung verprellt hat. Zum Beispiel, weil er es versäumte, rechtzeitig seine für viele Fans undurchschaubare Transferpolitik zu erklären und die Anhängerschaft durch Offenheit von seinem Weg zu überzeugen.“
Konzept nicht zu erkennen
Daniel Theweleit (FR) begrüßt die Trennung von Magath: „Magaths Verhältnis zu einem Großteil der Fans ist zerrüttet, viele Mitarbeiter des Klubs sind unglücklich unter dem Regiment des Chefs, und die Beziehung zu Manager Horst Heldt soll erkaltet sein. Das belastete Arbeitsklima wäre wahrscheinlich sogar akzeptabel, wenn die Arbeit des Trainers die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nähren würde. Doch jenseits der Erfolge in den Pokalwettbewerben ist die teure Mannschaft nach mehr als eineinhalb Magath-Jahren immer noch ein unfertiges Gebilde im permanenten Umbruch. Sollte Schalke am Samstag nicht gegen Frankfurt gewinnen, droht ernsthaft die Gefahr eines Abrutschens, und schon jetzt ist absehbar, dass im kommenden Sommer – wie in jeder Transferperiode unter Magath – wieder wild hin und her transferiert werden muss. Ob dabei irgendwann einmal ein funktionierendes Team entsteht, das Deutscher Meister werden kann, ist in großem Maße vom Zufall abhängig – eine konzeptionell durchdachte Entwicklung ist nicht zu erkennen.“
Oliver Müller (Welt) analysiert die Lage auf Schalke: „Zu gewaltig ist der Absturz in der Liga (Schalke ist Zehnter), zu umstritten das Vorgehen von Magath bei Spielerverpflichtungen, zu undurchsichtig seine interne Personalpolitik, die in der Entlassung des Fanbeauftragten Rolf Rojek gipfelte. Offenbar trauen selbst die größten Optimisten im Traditionsverein Magath nicht mehr den anvisierten Coup zu: den Meisterschaftsgewinn bis 2013.“
Tote Gladiolen
Christof Kneer und Andreas Burkert (SZ) kommentieren zu Louis van Gaal: „Tod oder Gladiolen, ganz oder gar nicht, das war immer van Gaals Motto, umso mehr staunen seine Spieler jetzt, dass sich ihr prinzipienfester Coach für diesen halbgaren Kompromiss, für tote Gladiolen, entschieden hat. Bei Ajax Amsterdam, wohin er im November 2003 als Technischer Direktor zurückgekehrt war, ging van Gaal nach einem Jahr – von sich aus, weil er seine Politik von der Klubführung nicht loyal gestützt sah. Loyalität ist für ihn ein hohes Gut. Van Gaal verzichtete auf seine Ansprüche.Diesmal ist alles anders, zum ersten Mal in der Vita dieses 59-jährigen Mannes, denn nach SZ-Informationen beinhaltet die sogenannte einvernehmliche Vertragsauflösung zum Sommer keineswegs den Verzicht auf die fortlaufenden Bezüge des erst im September bis Juli 2012 verlängerten Kontrakts.“
Jürgen Kaube (FAZ) schimpft auf den Vorstand: „Wer will so einen Job? Wer wäre gern beim FC Bayern München Trainer? O.k., Peter Neururer. Aber im Ernst jetzt, wer von denen, die in Frage kommen, die schon überaus erfolgreich waren und es also nicht nötig haben, das Geld und den Rummel und die jederzeit mögliche Demütigung, das Gequatsche, die Durchstecherei, das Vorsitzendenquartett? Der FC Bayern ist – zwei Euro ins das Phrasenschwein – ein Phänomen. Ein organisationssoziologisches vor allem. Denn gibt es eine andere Organisation im Hochleistungsbereich unserer Gesellschaft, die ihr Spitzenpersonal über die Massenmedien rekrutiert, in den Massenmedien sich zum Auswahlprozess und zu den Kandidaten äußert und schließlich auch wöchentlich die Leistungsfähigkeit der dann eingestellten Spitzenkraft kommentiert?“
Chaos beim HSV
Jörg Marwedel (SZ) sieht den HSV ebenfalls im Chaos: „Vehs freiwillige Absage hat das Durcheinander beim HSV nur noch ein wenig größer werden lassen. Schon vorher war offenbar das verloren gegangen, was den Hanseaten seit dem Mittelalter zugesprochen wird: Weltläufigkeit, kaufmännischer Wagemut, Verlässlichkeit, Zurückhaltung und die Fähigkeit zur Selbstironie.“
Frank Heike (Tagesspiegel) verabschiedet Armin Veh: „Veh, seit Sommer 2010 dabei, hatte schon kurz vor Weihnachten durchblicken lassen, dass er am liebsten sofort aufgehört hätte, zermürbt von den ewigen Querelen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Vom Charakter her gemütlich und antriebsschwach, machte Veh eher unwillig als voller Energie weiter. Doch längst war er ein Trainer ohne Zukunft beim HSV. Er wusste das und kam am Dienstag dem Aufsichtsrat zuvor, der ohnehin ohne ihn plante. Nachtreten wollte Veh nicht – er muss die Mannschaft ja auch noch durch neun Bundesligaspiele führen.“
Andreas Hunzinger (FR) schimpft auf den HSV: „Eine ruhige Hand und Weitsicht hatten vielleicht einst die Kaufleute der Hanse, beim HSV dagegen ist es damit nicht sonderlich weit her. Dort verfällt man im Bestreben, an die glorreichen Zeiten der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre anzuknüpfen, mehr und mehr in Aktionismus. Erst recht in der jüngeren Vergangenheit. Acht Trainer gaben sich seit 2003 am Trainingszentrum in Ochsenzoll die Klinke in die Hand, doch der HSV, nach Bayern München der umsatzstärkste Klub in Deutschland, kommt − trotz teurer und teils prominent besetzter Mannschaften − nicht über das obere Mittelmaß hinaus.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Magath folgt Veh und van Gaal”
Mittwoch, 9. März 2011 um 19:39
Mal ganz genau: Welche INTERNATIONAL relevanten Erfolge hat van Gaal in seiner langen Zeit als Trainer errungen?
Erfolgreich war er nur mit Ajax (UEFA-Cup, CL-Sieg, Weltpokal), grandios gescheitert ist er unter anderem als holländischer Nationaltrainer (mit einer Weltauswahl in der Quali gegen Irland) und bei Barcelona (übrigens gegen die natürlich total falsch spielenden Bayern von Ottmar Hitzfeld).
Dieser Trainer zehrt seit fast eineinhalb Jahrzehnten von frühen Erfolgen, die ihn haben überschappen lassen. Als Toptrainer gilt er seit fast zehn Jahren nicht mehr. Aber das interessiert in Deutschland keinen, das schreibt hier keiner. Ist ja auch egal. Lieber wabbelt man fachlich auf dem Niveau von Bravo Girl. Ist ja auch egal.