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Am Grünen Tisch | Bundesliga

Eine fragwürdige Allianz

Martin Hauptmann | Freitag, 25. März 2011 2 Kommentare

Ein 12 Millionen Euro-Paket soll dem TSV 1860 München neues Leben einhauchen. Mit dabei ein Auslandsinvestor, eine Privat-Geschäftsbank aus Deutschland, die Landesbank, die Stadtsparkasse und der FC Bayern

Selbstüberschätzung und Idealismus können schnell in einer unüberschaubaren Lage münden, der nur mit fragwürdigen Maßnahmen Einhalt geboten werden kann: mit Schulden. Der TSV 1860 München befindet sich in einer finanziellen Ausnahmesituation.
Seit der Eröffnung am 30. Mai 2005 tragen der FC Bayern München und der TSV 1860 München nach dem Vorbild des Mailänder Guiseppe-Meazza-Stadions gemeinsam ihre Heimspiele in der Allianz-Arena aus. Seit dem 27.04.2006 ist der FC Bayern alleiniger Eigentümer. 2008 gaben die Blauen ihr Rückkaufsrecht her, womit sie ihren wohl letzten großen Geldjoker zogen. Ein Schritt mit großem Symbolwert. Denn die Geldsorgen holen den Verein inzwischen in aller Regelmäßigkeit und Vehemenz ein.

Man weiß, dass Menschen oft alles dafür tun, um den Schein nach außen zu wahren. Vielen fordert es schon zu viel Mut ab, sich ihr falsches Vorgehen rechtzeitig einzugestehen. Aus Angst vor einem Imageverlust strampeln sie stattdessen viel lieber unermüdlich-tapfer im „Hamsterrad“. Auch wenn sie von der Angst vor dem Nichts nachts geweckt werden, lassen sie sich von der trügerischen Vorstellung eines noch zu erreichenden, guten Ausgangs teuflisch verzaubern. Fällt Zulassen tatsächlich so schwer?

Mit welchen Absichten setzt sich Uli Hoeneß für die Sechziger ein?

Andreas Burkert (Sueddeutsche) beleuchtet: „Dass Hoeneß, 59, ebenso knallharter Geschäftsmann ist und auch an den jährlichen Verlust von rund 4,5 Millionen Euro nach einer Insolvenz des Nachbarn denkt, versteht sich von selbst. Hoeneß und auch die Löwen-Spitze werden das aushalten: die interne Kritik an der sich abzeichnenden Rettung. […] Acht Millionen Euro hätte der FC Bayern zuletzt der BayernLB günstig zur Verfügung gestellt, um sie als Kredit an 1860 weiterzureichen, das hatte Hoeneß erklärt, nachdem eine große Bankenlösung am Widerstand der Landespolitik geplatzt war. Die tue nichts, dabei habe man schon in ganz andere Unternehmen Geld reingesteckt, ereifert er sich.“

Bürgermeister Ude: Totengräber oder Realist?
Bayerische Landesbank und Stadtsparkasse sind nur bereit, sich einem Engagement der Privatbank anzuschließen

Elisabeth Schlammerl (FAZ) folgt den Hinweisen nach dem ‚Totengräber von 1860 München’: „Der Zwist zwischen Hoeneß und Ude ist Teil der Geschichte um den möglichen Untergang des TSV 1860, die derzeit in München die Schlagzeilen beherrscht […] Selbst der Rekordmeister sorgt sich derzeit um die Zukunft des Nachbarn, allerdings im eigenen Interesse. Die Bayern haben Sechzig erst vor ein paar Monaten die Stadionmiete gestundet und fürchten nun, dass sie zum einen davon keinen Cent mehr sehen und zum anderen Sechzig als Mieter verlieren. […] Der Verwaltungsrat des LfA (Förderbank Bayern; Anm. d. Red.) lehne ‚eine Förderung des Profisports’ generell ab, ‚da diese nicht mit der Aufgabenstellung und dem Förderauftrag des LfA vereinbar ist’. […] In diversen Foren kommt Ude (Verwaltungsratschef der Stadtsparkasse; Anm. d. Red.) nicht gut weg, er wird unter anderem als ‚Totengräber von 1860’ beschimpft, dem eigentlich verhassten Hoeneß widerfährt hingegen plötzlich Lob.“

Fans zeigen Unmut gegen Nachbarschaftshilfe

Eine finanzielle Unterstützung kann einem auch den Stolz nehmen. Thomas Hummel (Sueddeutsche) weiß um die gespaltene Auffassung bei den Anhängern der Blauen: „Der TSV 1860 München soll kurz vor der Rettung stehen. Eine gute Nachricht für alle Freunde und Fans des Vereins? Mitnichten. 40 Fanklubs des insolvenzbedrohten Zweitligisten haben eine Erklärung unterschrieben, die diese Rettung ablehnt. Auch die Arge, ein Zusammenschluss von etwa 500 Fanklubs, ist offenbar gespalten: Zunächst schloss sie sich am Donnerstagvormittag auf ihrer Internetseite einem Aufruf zu einer Demonstration für den Erhalt des Profiklubs am Samstag auf dem Münchner Marienplatz an. Später wurde der Aufruf wieder von der Seite genommen. Auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung deuteten auch Mitglieder von Arge-Fanklubs an, die würden lieber eine Insolvenz sehen.“

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Kommentare

2 Kommentare zu “Eine fragwürdige Allianz”

  1. Tam Tam
    Freitag, 25. März 2011 um 16:41

    Die Insolvenz wäre für 60 die ideale Lösung: Zurück in die Bayernliga, zurück ins Grünwalder, zurück zum Kultstatus des benachteiligten Underdogs – und in vier Jahren ohne Schulden zurück in der 2. Liga, statt dieses schleichendes Tods.

  2. Lukas
    Montag, 28. März 2011 um 17:49

    1860 hat sich seit geraumer Zeit selbst demontiert und ist ein trauriges Beispiel für sportlichen Größenwahn, der durch unüberlegtes Rivalitätsgebaren noch verstärkt wird. Demnächst möchte auch Concordia Hamburg dem HSV Konkurrenz machen, könnte man meinen. Sportlicher Erfolg lässt sich nicht erkaufen, erst recht nicht mit einem halben dutzend Trainern, Managern und Präsidenten in nur einem Jahrzehnt. Viel Spaß in der Bayernliga, rate ich!

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