Deutsche Elf
Schürrle ist der Lichtblick für Löw
| Mittwoch, 30. März 2011Weltuntergangsstimmung, Geldmacherei oder Ignoranz – die Presse hat Probleme die 1:2-Niederlage gegen Australien einzuordnen
Carsten Eberts (SZ) sucht Lichtblicke nach einem müden Freundschaftsspiel: „Joachim Löw wäre André Schürrle noch auf der Pressekonferenz um den Hals gefallen. Um ihn zu loben für eine gute Leistung, um ihm zu danken: Dafür, dass dieser deprimierende Abend doch noch eine positive Nachricht in sich trug.“
Michael Horeni (FAZ) kritisiert: „Die neuformierte Mannschaft mangelte es zunächst, wenig überraschend, an innerer Geschlossenheit. Die einzelnen Mannschaftsteile fanden nur mühsam zusammen. Spielfluss, Kombinationssicherheit und ständige Dominanz waren bei diesem Perspektivspielchen für potenzielle Nachrücker im Zusammenspiel mit den altbewährten WM-Kräften Schweinsteiger, Müller, Podolski und Friedrich aber nie zu haben.“
Längste Schweigeminute der Welt
Andreas Lesch (Berliner Zeitung) wirkt deprimiert: „Ganze Blöcke im Gladbacher Stadion blieben leer, sie glänzten grau im Scheinwerferlicht. Kein Wunder: Löw schickte eine semi-prominente Talente-Combo auf den Platz, die Partie begann spät, die Karten waren teuer. Die 30152 Zuschauer, die trotz allem gekommen waren, verhielten sich oft still. Nur gucken und nichts machen, das scheint zur Mode zu werden. Wenn dieser Trend sich verfestigt, können die Deutschen ihre Heim-Länderspiele bald als längste Schweigeminute der Welt vermarkten.“
Jan Christian Müller (FR) schiebt die Niederlage auf den Mangel an Erfahrung: „Nach einer Stunde leistete sich Mats Hummels einen folgenschweren Stellungsfehler, ehe Christian Träsch kurz darauf ungelenk im Strafraum einstieg und einen Strafstoß verursachte, den Luke Wilshire problemlos verwandelte. Danach hatte die DFB-Elf, die völlig ihre Linie verlor, fast nichts mehr zu bieten. Es war am Ende auch eine Niederlage der Unerfahrenheit. Und eine Niederlage, die Bundestrainer Joachim Löw zeigte, auf wen er auf keinen Fall verzichten kann.“
Diskussion um den Sinn wird nicht verstummen
Lars Wallrodt (Welt) zweifelt am Sinn des Australien-Spiels: „Die wahre Diskussion jedoch wurde schon vor dem Spiel losgetreten, und sie wird nach der Niederlage nicht verstummen – im Gegenteil. Bayern-Präsident Uli Hoeneß hatte sich in bewährt populistischer Manier zu Wort gemeldet und angeprangert, dass die Partie für die Testzwecke, zu der sie ausgenutzt werden sollte, gänzlich ungeeignet wäre: Ein Trainingsspiel bei Bayern, Team A gegen B, sei besser bestückt als das Spiel gegen Australien, dem Deutschen Fußball-Bund gehe es ohnehin nur um die Einnahmen.“
Gregor Derichs (Stuttgarter Zeitung) analysiert: „Der Sinn der Begegnung liegt dennoch kaum im sportlichen Bereich. Es handelt sich um ein Fernsehspiel, um eine Sponsorenpartie. Der DFB muss in jeder Saison eine gewisse Anzahl von Heimspielen absolvieren, damit ARD/ZDF, die ihre Millionenhonorare für ein Gesamtpaket bezahlen, zu ihrem vertraglichen Recht kommen. Viele Sponsoren haben ähnliche vertraglich zugesicherte Ansprüche. Im Prinzip hat der DFB Glück gehabt, dass die Australier nicht auf einem geschlossenen Kooperationsabkommen bestanden haben, das ein Auswärtsspiel beinhaltete. Zwei 24-Stunden-Flüge für die An- und Abreise während der Saison hätten aber die Bundesligavereine niemals akzeptiert. Der Gegner ließ sich die Verpflichtung zu einem Spiel in Australien vom DFB abkaufen.“
Nichts zu gewinnen
Christian Spiller (Zeit Online) stimmt mit ein: „Viel gewinnen – und das stellt die Sinnhaftigkeit des Löw’schen Experimentes in Frage – konnten die Neulinge nicht. Das Australien-Spiel war eine undankbare Aufgabe. Der Bundestrainer schickte schlicht zu viele neue Spieler aufs Feld. Sie mühten sich zwar redlich, konnten aber als Teil eines insgesamt wackeligen Gebildes kaum punkten. In jeder Minute der Partie gab die Mannschaft zu erkennen: Wir haben so noch nie zusammengespielt und werden es auch nie wieder tun.“
Kommentare
4 Kommentare zu “Schürrle ist der Lichtblick für Löw”
Mittwoch, 30. März 2011 um 14:53
Eigentlich wundere ich mich, liebe Macher vom „indirekten Freistoß“, dass sich Euer
Chef-Kommentator „Ulfert“, der scheinbar keinen richtigen Namen hat, doch ein richtiger Experte ist, noch nicht zu Wort gemeldet hat. Er bringt es doch als leidenschaftlicher Bayern-Fanatiker immer fertig, zu allen möglichen Themen auf dieser Seite mit seinen Leidensgefährden in Zwiegesprächen solange aufzutreten, bis er Recht zu haben scheint und beleidigt nebenbei noch Leute, die andere Meinungen haben, mit persönlichen E.-Mails (wie schon geschehen).
Alle Presse-Kommentare zum Thema Länderspiel gegen Australien sind o.k., doch besonders hat Lars Wallrodt in`s Schwarze getroffen mit seiner Einschätzung über das derzeitige Wohlbefinden des Bayern-Präsidenten U. Hoeneß, der trotz großer eigener Fehler erneut über die Öffentlichkeit an vermeintliche Fehleinschätzungen des DFB und interne Vereinsentscheidungen erinnern möchte (zuletzt in Düsseldorf).
Hat er nicht gerade in dieser noch laufenden Saison mit seinem FC Bayern genug zu tun?
Erst war es die „Ausdehnung des Arbeitsverhältnisses“ mit Trainer van Gaal in schweren Zeiten (Sept. 2010), aber bei gutem Verhältnis mit den Bossen im Baseler Hilton-Hotel und Rotwein, die nicht lange anhielt? Dann wurden vorfristig verschiedene Haudegen trotz Vertrag einfach losgelassen, u.s.w.. Nun merkte das angeschlagene Denkmal U.Hoeneß plötzlich, dass in diesem Jahr alle angestrebten und immer in der Öffentlichkeit verkündeten Ziele wie der letzte Schnee dahinschmelzten. Doch schon wird arrogant vom Champions-League Sieg 2012 im eigenen Stadion gesprochen, da bereits ein vertrauter Trainer-Freund zusagte. Andere bekannte und teure, vorwiegend internationale Spieler sind auch schon angepeilt, wie in der Natur die Elstern Jungtiere aus fremden Nestern holen, während der eigene Nachwuchs (3.Bundesliga) verkümmert und wohl abstürzen wird.
Wenn es aber um eine Einschätzung nach einer
Bayer-Niederlage geht, ist der medienerfahrene U.Hoeneß seit geraumer Zeit für Kamera und Mikrofon nicht zu haben! Beispiele gäbe es genug. Sein Vorgänger im Amt hat sich dabei wesentlich eleganter eingebracht!!
Um nochmals zum wohl nicht besonders glücklichen Testspiel und den dabei erhaltenen Finanzen der Nationalmannschaft zurückzukommen:
Hat U.Hoeneß vergessen, dass diese in den letzten Jahren gleich zweimal den FC Bayern als Gegner besuchte ( Einweihung der Alianz-Arena und O.Kahn-Verabschiedung). Gab es da nur das Fahrgeld zurück und ein paar belegte Brote als Aufwandsentschädigung?
Mittwoch, 30. März 2011 um 22:48
Ich fand gestern nach dem Spiel den Kommentar von Mats Hummels gut betr. teure Eintrittskarten und dass die Zuschauer dafür etwas sehen möchten.
Da sollte der DFB vielleicht mal drüber nachdenken. Ich kenne die Eintrittspreise nicht und wie groß der Unterschied zwischen einem Freundschaftsspiel und z.B. einem Quali-Spiel zur EM ist, aber es sollte da schon einen etwas größeren Unterschied geben.
Denn die Spiele sind doch nun mal dazu da, dass der Trainer auch etwas testen kann und nicht unbedingt, dass die Zuschauer immer mit dem Spiel zufrieden sind.
Ich gehe aus Geldmangel sowieso nicht ins Stadion, aber wer sich Karten so gerade leisten kann, für den ist auch ein Freundschaftsspiel sicher ein Highlight und möchte natürlich möglichst viele deutsche Tore sehen.
Ich habe als Fernsehzuschauerin kein Problem damit, wenn die deutsche Mannschaft so ein Spiel wie gestern mal verliert. Natürlich müssen die Spieler alles geben, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie nicht gewinnen wollten.
Hier die Interviews noch mal, auch das angesprochene mit Mats Hummels:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1298156/Interviews-Das-wirft-uns-nicht-um#/beitrag/video/1298156/Interviews-Das-wirft-uns-nicht-um
Donnerstag, 31. März 2011 um 10:51
@H-U Klemm: puh, das ist ganz schön starker Tobak. Ich fang mal oben an 😉
> Eigentlich wundere ich mich, liebe Macher vom „indirekten Freistoß“, dass sich Euer
> Chef-Kommentator „Ulfert“, der scheinbar keinen richtigen Namen hat, doch ein richtiger Experte ist, noch nicht zu Wort gemeldet hat. Er bringt es doch als leidenschaftlicher Bayern-Fanatiker immer fertig, zu allen möglichen Themen auf dieser Seite mit seinen Leidensgefährden in Zwiegesprächen solange aufzutreten, bis er Recht zu haben scheint und beleidigt nebenbei noch Leute, die andere Meinungen haben, mit persönlichen E.-Mails (wie schon geschehen).
interessant viele Fehler: „Ulfert“ ist ein richtiger Name. Ich bin nicht Chef-Kommentator und habe nichts mit dem IF zu tun (außer dass ich ihn lese, gelegentlich meine Meinung kund tue und mich an Diskussionen beteilige, was in einer Kommentarspalte ja auch gewünscht zu sein scheint). Ich bin nicht Bayern-Fanatiker (woraus schließen Sie das?). Ich habe niemanden mit „persönlichen E.-Mails“ beleidigt.
> doch besonders hat Lars Wallrodt in`s Schwarze getroffen mit seiner Einschätzung über das derzeitige Wohlbefinden des Bayern-Präsidenten U. Hoeneß
Lars Wallrodt ist der Meinung „Die Kritik von Uli Hoeneß am Test-Länderspiel gegen Australien trifft trotz der populistischen Wortwahl den Kern.“ Das scheint mir ihrem Standpunkt dann doch zu widersprechen. Und was hat die Nacherzählung der Bayern-Saison damit zu tun? Warum sollte sich Uli Hoeneß zu Niederlagen von Leverkusen äußern (SCNR)?
> Hat U.Hoeneß vergessen, dass diese in den letzten Jahren gleich zweimal den FC Bayern als Gegner besuchte
Diesen Vergleich fand ich schon von Jogi Löw auf dessen Pressekonferenz unpassend. Warum werden Testspiele mit „gekauften“ Besuchen aufgerechnet, wenn Jogi sie doch auch aus sportlicher Sicht sinnvoll findet? Wie lange sollen die Besuche noch als Argument gelten? Nachher besucht die Nationalmannschaft die Clubs im Laufe der Jahre alle mal und danach darf nie wieder jemand über Testspiele der Nationalmannschaft meckern – das ist ja irgendwie albern.
@Ingrid: Ja, den Kommentar von Hummels fand ich auch sehr gut, besonders dass er wusste und erwähnte wie teuer Karten sein können fand ich sehr respektvoll gegenüber den (unzufriedenen) Besuchern.
Gleichzeitig finde ich es aber auch ein bisschen schwierig sich als Besucher hinzusetzen und dann zu sagen „Ich habe bezahlt, nun macht mal“. So funktioniert Fußball halt nicht, und als Fans würde ich solche Leute dann auch nicht bezeichnen.
Ich persönliche finde es zudem auch irgendwie befremdlich, dass es einem Uli Hoeness so einfach gelingt mit exakt den selben Beschwerden zum x-ten Mal einen Sturm im Wasserglas auszulösen. Er sagt was und die Medien rotieren eine Woche lang im Kreis. Das Einzige was ich dabei dachte war „Oh nein, nicht schon wieder“.
Donnerstag, 31. März 2011 um 11:12
Nachtrag: Hat eigentlich mal jemand die Besucher im Stadion gefragt warum keine Stimmung war? Wär ja mal interessant sich da nicht nur auf Ferndiagnosen von „Fußballstadionbesucherverstehern“ verlassen zu müssen, die auf der Pressetribüne ja doch eher weit ab vom Pöbel sitzen.