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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Am Grünen Tisch

Fifa-Kongress in Zürich – Eine endlose Komödie

Kai Butterweck | Mittwoch, 1. Juni 2011 3 Kommentare

Die Presse beschäftigt sich weiterhin intensiv mit den Wirrungen rund um die Fifa-Präsidentschaftswahl in Zürich

Thomas Kistner (SZ) hat genug von Sepp Blatter: „Vielleicht begreift der 75-Jährige ja wirklich nicht mehr, was in und mit seiner Familie passiert. In Zürich jagt eine Intrige, die nächste. Blatter geht es nur ums Durchhalten. Ein paar Verbände sind aus Protest abgereist, aber das Gros seiner Fußballfamilie wird ihn wieder ins Amt hieven. Dabei ist längst nicht mehr die Frage, ob sich Blatter persönlich etwas zuschulden kommen ließ. Er ist der politisch Hauptverantwortliche am Fifa-Desaster. Punkt. Er hat die Konsequenz zu ziehen und das ramponierte Amt abzugeben.“

Die Fifa braucht eine neue Exekutive

Evi Simeoni (FAZ) fordert eine neue Struktur: „Bisher werden die Inhaber der 24 lukrativen Sitze – bis auf den Präsidenten – von den sechs Kontinentalverbänden gewählt. Das bedeutet, dass die Mitglieder nicht das Gesamtinteresse der Fifa vor Augen haben, sondern das ihrer eigenen Gefolgschaft. Mit einer Exekutive, die ein realistisches Bild des Fußballs spiegelt, mit Vertretern der Klubs, des Managements, der Profi-Vereinigungen und vor allem auch des Frauenfußballs könnte der Weltverband sich eine bessere Zukunft schaffen. Ein Fußballtraum im Konjunktiv: Sollte Blatter es schaffen, die Geister, die er rief, wieder loszuwerden, sollte er umgehend einem jüngeren und unbescholtenen Nachfolger den Fifa-Palast besenrein übergeben.“

Großganoven, Opportunisten, Geschäftemacher, Feiglinge und Duckmäuser

Jens Weinreich (Berliner Zeitung) verliert langsam die Hoffnung: „Es hat keinen Sinn, jede Äußerung, jede Schlagzeile und jede Wendung dieser aufgeregten Fifa-Spezialdemokratie zu interpretieren. So lange nicht Beweise vorgelegt werden, die weitere Korruptionsvergehen etwa bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 (an Russland) und 2022 (an Katar) belegen, wird diese Fifa der Großganoven, Opportunisten, Geschäftemacher, Feiglinge und Duckmäuser nicht auseinanderfallen.“

Peter Ahrens (Spiegel Online) zerrt Michel Platini ins Rampenlicht: „Auch wenn er am Mittwoch noch einmal für eine letzte Amtsperiode wiedergewählt werden dürfte: Blatter ist nach dem gewaltigen Korruptionsskandal, der sich dieser Tage offenbart, nur noch ein Präsident auf Abruf. Der Nachfolger steht längst bereit. Der nächste Fifa-Präsident kann nach gegenwärtigem Stand nur Michel Platini heißen. Der Franzose, Vorsitzender des europäischen Fußball-Verbandes Uefa, bringt derzeit als einziger die Reputation mit, den Weltverband in ruhigere Gefilde zu führen.“

Die Zeit des Vergessens könnte vorbei sein

Friedhard Teuffel (Tagesspiegel) wundert sich über  Jack Warner: „Der Präsident der Fußball-Konföderation von Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik, steht noch mehr für die Verwirrung innerhalb der Fifa als Blatter selbst. Er galt früher als Vertrauter Blatters. Doch dann schloss er sich Blatters Herausforderer Mohamed Bin Hammam aus Katar an und wollte ihm dabei helfen, Stimmen von karibischen Fußball-Funktionären zu kaufen. Dafür hat die Ethik-Kommission der Fifa beide suspendiert. Warner zerrte daraufhin allerlei Vertrauliches an die Öffentlichkeit. Vor einem Luxushotel warteten vierzig Journalisten auf den Enthüller und die Enthüllung. Doch nichts passierte. Die Verwirrung machte Warner jedoch erst mit der Ankündigung komplett, seine karibischen Verbandsfunktionäre zur Wiederwahl Blatters überredet zu haben. Vielleicht hofft Warner darauf, dass nach dem Kongress alles vergessen ist und er wieder Fifa-Vizepräsident sein darf. Doch die Zeit des Vergessens könnte vorbei sein bei dieser Veranstaltung. Dazu ist zu viel passiert.“

Moritz Küpper (dradio.de) appelliert an die Außenwelt: „Das aktuelle Theater in Zürich – und vor allem Blatters Wiederwahl zeigen nun – dass die FIFA selbst nicht über genügend Selbstreinigungskräfte verfügt. Zwar kommen die Vorwürfe und das belastende Material aus dem Inner-Circle – die Konsequenzen können aber nur von Außen gezogen werden. Gefordert ist jetzt die Politik, aber auch die Wirtschaft. Gerade die milliardenschweren FIFA-Sponsoren müssen sich hinterfragen. Vielleicht wird in den Großkonzernen nun einmal – aufgrund der jüngsten Vorfälle -über die strikten Compliance-Vorschriften nachgedacht, die ja in den letzten Jahren immer mehr Anwendungen gefunden haben. Und vielleicht erinnert sich mancher Politiker noch einmal an die Phase vor den Revolutionen in Ägypten und Tunesien und daran, wie unpassend doch die freundlichen Empfänge der einst dort herrschenden Diktaturen hierzulande, unmittelbar nach den Umstürzen, aufgenommen wurden. All dies könnte auch beim Hofieren des Staatsgastes Blatter drohen. Politik und Wirtschaft, Kräfte von Außen sind jetzt gefordert, dem Weltfußballverband seine Grenzen aufzuzeigen.“

Im Interview mit Dirk-Oliver Heckmann (dradio.de) bemängelt Korruptionsexpertin Sylvia Schenk die Strukturen in der Fifa.

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Kommentare

3 Kommentare zu “Fifa-Kongress in Zürich – Eine endlose Komödie”

  1. Christoph
    Mittwoch, 1. Juni 2011 um 12:05

    Die FIFA, sollte sie sich irgendwann einmal neu ordnen bzw neu erfinden, muss auch auf die Belange der Fans eingehen, denn es sind die Fans und Zuschauer, die in die Stadien gehen und horrende Summen für Ticketpreise berappen.

  2. Gnopsi
    Mittwoch, 1. Juni 2011 um 13:08

    Da soll sich mal niemand Illusionen machen: Es wird sich bei der FIFA nichts ändern, so lange Sepp Blatter nicht eines Tages aufwacht und einen abgeschnittenen Pferdekopf in seinem Bett findet. Will sagen: Es braucht einen Putsch einiger großer Verbände gegen Blatter und sein geschmiertes Insel- und Kleinstaaten-Stimmvieh. Notfalls die Drohung, einen eigenen Laden aufzumachen. Irgendwann ist es dann wie im Profiboxen, mit vier Fußball-Weltverbänden und vier Weltmeistern …

  3. Christoph
    Mittwoch, 1. Juni 2011 um 14:03

    Kann sein, wenn man bedenkt, dass die meisten Vorsitzenden der nationalen Verbände im ähnlichen Alter sind und eine dementsprechende Beratungs- und Erneuerungsresistenz aufweisen. Will sagen, es sind alte Säcke, die in einer Scheinwelt leben und keinen Bezug zur Realität mehr haben.

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