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Die Wandlung der Birgit Prinz
| Donnerstag, 30. Juni 2011Deutschlands Rekord-Nationalspielerin Birgit Prinz präsentiert sich bei der Frauen-WM in einem neuen Licht. Außerdem: Einsicht im deutschen Tor, Hierarchien beim Gegner Nigeria und Begeisterung in Frankfurt
Birgit Prinz gibt sich seit Beginn der WM offener und lockerer denn je. Andreas Morbach (Financial Times Deutschland)lobt die Entwicklung der Stürmerin: „Es ist zumindest ein Revolutiönchen, das sich da seit einigen Wochen in Deutschlands Frauen-Nationalteam abspielt. Die Frau, die ein bisschen Revoluzzerin spielt, heißt Birgit Prinz – und sie lehnt sich ein wenig gegen die eigene Unnahbarkeit auf. Früher schreckte die Frankfurterin potenzielle Gesprächpartner schon von Weitem erst mit ihrem betont lustlosen Blick ab und vergraulte sie dann häufig mit unambitioniert dahingeknödelten Sätzen. Neuerdings dagegen rückt Prinz beim Abmarsch aus dem Stadion kurz die Brille zurecht und blickt dann offen in die Runde.“
Der Umbruch scheint sich schneller zu vollziehen
Früher als geplant bahnt sich in der deutschen Nationalmannschaft ein Generationswechsel an .Christian Spiller (Zeit Online) stellt sich zwischen die Fronten: „Im deutschen Sturm bahnt sich ein Generationenkonflikt an. Die lockeren Jungen, Alex Popp und Celia Okoyino da Mbabi, gegen die etwas verspannten Alten, Inka Grings und Birgit Prinz. Dabei geht es nicht nur um Oberflächlichkeiten wie öffentliches Auftreten und Werbesprüche – damit konnten die Alten noch nie etwas anfangen. Es geht ums Sportliche. Für Grings und Prinz sollte die WM der Höhepunkt ihrer Karriere werden. Danach erst sollten die Jüngeren ran. Der Umbruch aber scheint sich nun schneller zu vollziehen. Schneller, als es den Etablierten lieb sein kann. Inka Grings hat ihren Stammplatz verloren, nach ihrer Einwechslung gegen Norwegen tat sie wenig, um ihn wiederzufinden. Und Birgit Prinz wird so demonstrativ der Rücken gestärkt, dass sie sich allein deshalb in Acht nehmen sollte.“
Satellitenbälle alter Oliver-Kahn-Schule
Christian Kamp (FAZ) fordert mehr Übersicht von Torfrau Nadine Angerer: „Zu einem konstruktiveren Ansatz möchte auch Nadine Angerer beitragen. Dass ein gepflegter Spielaufbau schon ganz hinten, auf der Torhüterposition, beginnt, ist dem Publikum spätestens durch Manuel Neuer ins Bewusstsein gerückt. Die weiten (und oft ziellosen) Abschläge gegen Kanada dagegen schienen eher die Satellitenbälle alter Oliver-Kahn-Schule zum Vorbild zu haben. Nadine Angerer, eigentlich eine Vertreterin der Torhütermoderne, verwies darauf, dass das ein Stück weit auch der Strategie des Gegners geschuldet gewesen sei, der auf deutsche Ballverluste in der Defensive gelauert habe. So oder so – gegen Nigeria, in ihrem 100. Länderspiel, wolle sie gern ein bisschen mehr darauf achten, ob sich eine Anspielmöglichkeit in unmittelbarer Nähe anbiete. Zunächst hatte die Frankfurterin auf die entsprechende Frage mit einem kleinen Scherz geantwortet: Ob sie vielleicht selbst mit dem Ball nach vorne dribbeln solle. Sie kann sicher sein: Da würde Silvia Neid keinen Spaß verstehen.“
Ein Deutscher bringt Nigeria auf Touren
Frank Hellmann (FR) beschäftigt sich mit Nigerias taktischem Berater Thomas Obliers, der nicht nur im Hintergrund die Fäden zieht: „Alle Anweisungen führt der kurzbehoste Deutsche aus; inklusive die Aufforderung `Hurry up`, wenn einer Spielerin spät einfällt, zur Toilette zu müssen. Und das Üben von taktischen Elementen sind sowieso eine deutsche Domäne. In der nigerianischen Hauptstadt Abuja brachte Obliers dem Team das Verschieben der Viererkette bei, im österreichischen Saalfelden erfolgte der Feinschliff. Schwerpunkt: defensive Disziplin. Doch sind ihm natürliche Grenzen gesetzt. Neun Spielerinnen stehen bei europäischen Klubs unter Vertrag, davon sieben in Schweden – sie haben in der Vorbereitung oft gefehlt. Die anderen kommen aus der nicht optimal entwickelten Nationalliga Nigerias. So liegt ganz offensichtlich ein Teil des von ihm ausgemachten Riesenpotenzials brach.“
Frankfurt ist die Hauptstadt des Frauenfußballs
Lena Kampf (taz.de)berauscht sich an der Euphorie in Frankfurt: „Mehr Platz ist wirklich nicht am Mainufer. Dicht gedrängt stehen die Menschen, um einen Blick auf die Leinwände zu erhaschen. Die ersten ziehen bereits frustriert ab, um anderswo zu gucken. Ganz vorne nur Pixel, hinten Baum im Blick. Glücklich, wer früh genug hier war und nun eine gute Sicht hat. Anders als bei der WM 2006 gibt es nur am Sachsenhäuser Ufer eine Fanmeile, und die Leinwände sind auch diesmal nicht mitten im Main aufgebaut. Nein, nein, den Ansturm unterschätzt habe man nicht, versichert Thomas Waldherr. Zufrieden blickt er vom Pressezentrum auf das Gedränge. Er ist bei der Stadtverwaltung für die PR-Arbeit der WM zuständig. Seine Botschaft: Frankfurt ist die Hauptstadt des Frauenfußballs. Die Stadt der wichtigste Spielort der WM, das Finale und ein Halbfinale werden hier stattfinden. Zum deutschen Auftaktspiel, das in Berlin stattfindet, sind 15.000 Menschen gekommen. Sie wollen die Frankfurter Stars sehen, die nun für Deutschland spielen: Kerstin Garefrekes, Birgit Prinz, Nadine Angerer. Nirgends, so finden hier viele, ist die WM für Deutschland so sehr ein Heimspiel wie in dieser Stadt.“
Schöne Spiele, schöne Girls, schönes Wetter!
Deniz Yücel (taz.de) springt vor Freude im Dreieck: „Jetzt haben wir alle Girl-Teams der schärfsten Weltmeisterschaft der Welt einmal gesehen, zuletzt die zucker-süßen Zucker-Puppen vom Zucker-Hut im extrem spannenden Spiel gegen erstaunlich hübsche Aussi-Mausis. Jetzt ist endgültig klar: Alle Nörgler, die vor der WM mit ihren Extrem-Nörgeleien extrem genervt haben, haben sich bis auf den Feinripp blamiert! Was hatten diese ewigen Besser-Bescheid-Wisser nicht alles vorausgesagt. Und jetzt? Nichts davon ist wahr. Die Wahrheit ist: schöne Spiele, schöne Girls, schönes Wetter! Und: Es gibt keine hässlichen Gegnerinnen mehr! Im Fernsehen wird nicht stundenlang dumm rumgelabert, kein Clown nervt uns mit möchtegern-witzigen Witzchen! Es geht nur um Fußball, Fußball, Fußball – so wie nur die Fach-Presse vorausgesagt hat! Die Stadien sind voll, die Fernsehsessel sind voll, wir sind voll – drauf!“
Kommentare
3 Kommentare zu “Die Wandlung der Birgit Prinz”
Donnerstag, 30. Juni 2011 um 12:05
Die Kolumnen von Deniz Yücel könnt ihr wirklich weglassen. Oder dazuschreiben, dass der das satirisch meint.
Donnerstag, 30. Juni 2011 um 18:40
[…] hatte, …Frauen-Fussball-WM: Schutzschild für Birgit Prinz wird größerHamburger AbendblattDie Wandlung der Birgit Prinzindirekter-freistoss.deTorflaute – nicht nur bei PrinzKicker Onlinespox.comAlle 85 […]
Sonntag, 3. Juli 2011 um 20:02
Deniz Yücel ist der einzige Lichtblick bei dieser sinnlosen und grauenvollen Veranstaltung.
Die Reaktionen auf seine Kolumne zeigt deutlich die Verkrampftheit der Leute, welche sich selber verboten haben, die WM als das zu sehen, was sie in Wirklichkeit ist: ein unnatürlich aufgeblähter Hype-Event einer Randsportart.