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Torjubel à la Milla, Toni oder Rooney – Welche Spielerin wagt den ersten Schritt?

Kai Butterweck | Montag, 4. Juli 2011 14 Kommentare

Die Presse fordert mehr Einfallsreichtum bei den Schützinnen der Frauen-WM. Außerdem: Einheitlicher Sprachgebrauch, Freiheit für die Kraken, Unmut über die Anstoßzeiten und TV-Beweise

Boris Herrmann (SZ) wünscht sich mehr Kreativität beim Torjubel: „In diesen Tagen, in denen sich wieder ausgiebig über die Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball sinniert wird, bleibt man unweigerlich an solchen Szenen hängen. Es hat ja doch fast jeder die Bilder im Kopf abgespeichert, wie Roger Milla nach seinen Toren an der Eckfahne tanzte, wie Wayne Rooney neue Weltrekorde im Knierutschen aufstellt, wie Luca Toni an seinen Ohren schraubt, die Mainzer-Bruchweg-Boys ein Rockkonzert geben, wie imaginären Säuglinge geschaukelt, Fische geangelt und Kampfstiere ausgetanzt werden. Der Frauenfußball besticht dagegen mit einer durchaus erfrischenden Kreativlosigkeit. Die meisten Tore werden eher zur Kenntnis genommen, als bejubelt.“

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Es spricht für einen souveränen Umgang mit der Sprache des Sports

Daniel Meuren (FAZ) befasst sich mit dem Sprachgebrauch unter den deutschen Spielerinnen und lobt dabei das Streben nach Einheitlichkeit: „Auf dem Platz nutzen die Nationalspieler, pardon, Nationalspielerinnen, grundsätzlich die für das schnelle Kommando deutlich geeigneteren männlichen Positionsbeschreibungen. Man kann das bemängeln und kritisieren als unemanzipiertes Verhalten in einer männlich determinierten Sportart, wie es vermeintlich manche SoziologIN dieser Tage tut. Es spricht aber vielmehr für einen souveränen Umgang mit der Sprache des Sports, wenn sich die Frauen das fünfbuchstabige Anhängsel der Weiblichkeit aus sprachökonomischen Erwägungen ersparen. Ob das die ewigen KämpferINNEN für das Binnen-INNEN aus der gender- und queer-politischen Ecke auch verstehen?“

Es wird keinen mehr geben wie ihn

Nach den Orakel-Erfolgen von Krake Paul bei der letztjährigen Männer-WM versuchen viele seiner Artgenossen bei der Frauen-WM 2011 in seine Saugstapfen zu treten. Holger Gertz (SZ) fordert ein Ende der Instrumentalisierung: „Paul ist tot, in seiner Nachfolge orakeln jetzt acht Kraken in acht Städten: Futterröhren sind neben Flaggen angebracht, die Kraken haben freie Auswahl, aber während Paul für eine Wirbellosen sehr viel Wirbel gemacht hat, heben sich seine Nachfolger in ihrer Wirkung gegenseitig auf. Ein Krake hat drei Herzen, es sind jetzt also 24 Herzen, die wild durcheinanderschlagen. Paul ist tot. Es wird keinen mehr geben wie ihn. Die Verantwortlichen sollten sich Verzicht als Aufgabe machen. Es gibt ein paar Regeln im Leben, die wichtigste: Überfüttern verboten.“

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Auch in der Schweiz nimmt man Kenntnis von der Großveranstaltung bei den Nachbarn aus Deutschland. Stefan Osterhaus (NZZ Online) beschäftigt sich mit dem Hype hierzulande: „Die Anteilnahme ist noch moderat, doch ganz sicher wird das Interesse steigen. Denn in Deutschland wird alles dafür getan, dass Titelkämpfe im Fußball in nachhaltiger Erinnerung bleiben, dass die Meisterschaft ein Erfolg wird. Das Nationalteam ist en vogue, der Boulevard hat seine neuen Lieblinge. Fatmire Bajramaj, die nun überall einfach Lira genannt wird, prägte vor dem Turnier die Berichterstattung. Sie war das Glamourgirl – bis sie von einem Formtief eingeholt wurde. Längst sind andere Spielerinnen an ihre Stelle getreten. Denn die große Begeisterung belegt abermals, dass sich Deutschland nicht nach Stars verzehrt, sondern vor allem sich selber feiern will.“

Die WM wird von ARD und ZDF stiefmütterlich behandelt

Die Anstoßzeiten der WM ernten nicht überall Applaus. Jan Veddersen (taz.de) schimpft auf die Verantwortlichen: „Die öffentlich-rechtlichen Abende fühlen sich an, als existierte diese WM nur als Nebenereignis: Das aber ist eine sträfliche Verkennung des Interesses. Diese Frauen-WM wird von ARD und ZDF stiefväterlicher behandelt, als es nötig wäre. In Wahrheit könnten sie tatsächlich frühsommermärchenhafte Quoten auch in den späten Stunden des Tages erzielen. Oder fehlte es an Kompetenz, an Frauen und Männern, die die Themen ausgraben, die neben dem Informatorischen von Belang sind? Etwa: Spielerinnenporträts (und nicht allein die Deutschen); oder der Frage nachzugehen, ob ein Team, das im Sinne der sexual diversity aufgestellt ist, bessere Leistungen bringt als Nigeria? Das Fernsehen ist ratlos. Präsentiert doch endlich die WM als WM – nicht als Vorabend-WMchen!“

Sven Goldmann (Tagesspiegel) spricht Tacheles: „Die Frauen verweisen gern darauf, dass sie sich nicht mit den Männern vergleichen lassen wollen und vielmehr eine andere Sportart betreiben, sie hat sogar einen eigenen Namen, Frauenfußball. Das ist schon ein bemerkenswertes Alleinstellungsmerkmal. Niemand spricht von Frauenleichtathletik oder Frauenvolleyball. Aber auch im Frauenfußball beträgt die Spielzeit zweimal 45 Minuten, der Strafraum wird von weißen Kreidelinien markiert und am Ende gewinnt die Mannschaft, die mehr Tore geschossen hat als der Gegner. Natürlich spielen Frauen das gleiche Spiel wie die Männer, sie spielen es nur nicht so schnell, nicht so körperbetont, technisch nicht so anspruchsvoll, kurzum: Sie spielen nicht so gut. Das ist eine politisch völlig unkorrekte Feststellung, aber ihr Wahrheitsgehalt lässt sich jeden Tag live und zur besten Sendezeit im Fernsehen überprüfen.“

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Kommentare

14 Kommentare zu “Torjubel à la Milla, Toni oder Rooney – Welche Spielerin wagt den ersten Schritt?”

  1. Manfred
    Montag, 4. Juli 2011 um 11:19

    ‚Die Presse‘, die da laut Überschrift fordert, ist ja wohl nur ein Männeken. Außerdem gehen mir persönlich diese ganzen männlichen Jubelarien derbe auf den Sack und da bin ich sicher nicht alleine.

  2. Schnappa
    Montag, 4. Juli 2011 um 11:27

    Allerdings! Ich bin sehr froh, dass man ausschließlich ehrlichen, authentischen und vor allem gemeinschaftlichen Torjubel bei den Frauen sieht.

    Wenn ich da an solche Typen denke, die beim Torjubel erst mal alle Teamkollegen beiseite schubsen um mit beiden Daumen auf die eigene Rückennr. zu deuten oder so was ähnliches, rollen sich bei mir die Zehennägel auf.

    Klar, man kann sich mal was ausgefallenes beim Training überlegen. Das sollte aber eher eine absolute Ausnahme und nicht die Regel sein.

  3. erz
    Montag, 4. Juli 2011 um 12:18

    Noch schlimmer als bei der letzten FußballWM in Deutschland ist, dass jetzt idiotische Artikel nicht nur durch ihren eklatanten Mangel an Fußballsachverstand sondern auch durch ekligen Chauvinismus glänzen. Eine fürwahr beschissene Konstellation, aber das war ja zu erwarten.

    Das hier unreflektiert und unkommentiert solcher Mist auch im IF wiedergegeben wird, ist dann allerdings eine echte Enttäuschung. Mit „spricht Tacheles“ wird sogar noch seitens des IF merkbefreiter Maskulinismus als relevanter Beitrag geadelt. Die Meuren-Kolumnen sind ja nun auch irgendwie hit-or-miss und heute sicher nicht mit einem Glanzlicht präsentiert. Da hätte ich vom Indirekten Freistoß doch mehr erwartet.

  4. Manni
    Montag, 4. Juli 2011 um 15:27

    Interessant, jetzt wird „Klartext reden abseits des Mainstreams“ als Chauvinismus gebrandmarkt … So weit musste es wohl kommen. Brave New World und Sprachregelung à la 1984!

    Nebenbei: Jan Veddersen hat sich die Einschaltquoten zu spät besorgt …

  5. Manu
    Montag, 4. Juli 2011 um 17:10

    „Der Frauenfußball besticht dagegen mit einer durchaus erfrischenden Kreativlosigkeit. Die meisten Tore werden eher zur Kenntnis genommen, als bejubelt.“

    Meinte Herr Herrmann das ironisch oder passt das Zitat nicht zur beschreibenden Einleitung, nach der er sich ja mehr Kreativität wünsche?

  6. Heffer
    Montag, 4. Juli 2011 um 17:48

    zum goldmann artikel: Man braucht bestimmt nicht viel Fußballverstand um sowas zu schreiben, aber am Inhalt des Absatzes lässt sich doch wirklich nicht viel rütteln, oder?

  7. anderl
    Montag, 4. Juli 2011 um 18:14

    @erz
    wer sich mit den Männer vergleichen will (3.Platz ist was für Männer), der muss dann auch aushalten, wenn man sie daran misst. Und wenn man sich die Partien ansieht, dann ist das IM VERGLEICH zu den WM-Partien 2010 einfach nur unglaublich schlecht und unerträglich.

    Deswegen den Vorwurf Chauvinismus zu erheben, ist peinlich und niveaulos.

    Nochmal: Wer sich in das gleiche Schaufenster stellt, muss es auch ertragen, dass er mit den anderen darin verglichen wird. PUNKT!

  8. Manfred
    Montag, 4. Juli 2011 um 18:49

    Meinst du nicht, anderl, daß hier die Ergebnisse gemeint sind und weniger die Wege dahin?
    Gemessen an den Erfolgen der Frauen in den letzten 20 Jahren können die Männer ja echt einpacken.

  9. anderl
    Montag, 4. Juli 2011 um 19:19

    Manfred, sie stellen sich damit auf eine Ebene. Ist das so schwer zu begreifen?
    Aber wer Äpfel mit Birnen vergleichen will, der darf sich nicht wundern, wenn die Birnen nicht nach Äpfeln schmecken…

  10. Polonius
    Montag, 4. Juli 2011 um 21:20

    In Ordnung, Manni und anderl, wenn Ihr’s wünscht: Der von Frauen gespielte Fußball ist technisch, taktisch und körperlich nicht auf ganz so hohem Niveau wie der von Männer gespielte. Darf ich meine WM jetzt wieder in Ruhe sehen?

    Mal im Ernst – wen überrascht das denn? Wie gut war denn der Männerfussball, als dort die Nationalspieler gerade mal dem Halbprofitum entwachsen waren und Spitzenvereine Jahresetats im sechsstelligen Bereich hatten? Ich will mal die These in den Raum stellen, dass die aktuelle Frauennationalmannschaft gegen eine europäische Spitzenmannschaft aus den 1940ern (so ungefähr) gute Chancen hätte.

    Insgesamt verstehe ich die Vergleicherei aber trotzdem nicht. Zweitligaspiele sind ja auch nicht so gut wie Erstligaspiele, U-21-Spiele ebenfalls nicht. Aber was folgt aus dem Hinweis, dass bestimmte Fussballspiele schlechter sind als andere? Dass diese möglichst nicht mehr im Fernsehen laufen sollten? Ist es das? Haben sie Euch für die WM die Telenovelas am Nachmittag gestrichen, die Öffentlich-Rechtlichen?

  11. Manfred
    Montag, 4. Juli 2011 um 21:52

    Auf eine Erfolgsebene, anderl, nichts anderes schrob ich doch.
    3. Platz ist was für Männer beinhaltet mit keiner Silbe die Art, wie da Ball gespielt wird, sondern bezieht sich einzig auf den 3. Platz bei der WM2010 und soll übertroffen werden.
    Ist das so schwer zu begreifen? 😛
    Hmmmmh, Birfel. Aaaah, lecker Äpnen 😀

  12. anderl
    Montag, 4. Juli 2011 um 22:09

    @Polonius:
    Bitte unterlassen Sie endlich den Vergleich mit dem Männerfussball!!!
    Man kann den Frauenfussball nicht mit dem Männerfussball vergleichen!!!
    Schauen Sie bitte weiter Frauenfussball, wenn es Ihnen Spaß macht. NIEMAND hier hindert sie daran.
    Kritik darf ja wohl erlaubt sein. Meine Herren!

  13. anderl
    Montag, 4. Juli 2011 um 22:13

    och manniiiii!
    Das ist sinnlos! Ich kann ja auch nicht das Gehalt eines deutschen Arztes mit dem Gehalt eines kongolesischen Arztes vergleichen, oder?

  14. anderl
    Dienstag, 5. Juli 2011 um 01:33

    by the way: Kritisieren wir das Spiel oder, dass die Frauen Fussball spielen? Ich sehe grade Uruguay gegen Peru. Das ist auch kein Leckerbissen. Fordere ich jetzt, dass das niemand ansehen darf oder, dass die bitte das Fussball spielen einstellen sollen?
    LÄCHERLICH DIESER UNSÄGLICHE CHAUVINISMUSVORWURF!

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