11 Freundinnen
USA und Japan stehen im Finale – Neid bleibt Bundestrainerin
| Donnerstag, 14. Juli 2011Die USA und Japan stehen sich im Finale der Frauenfußball-WM gegenüber. Die Presse beschäftigt aber weiterhin das Versagen des deutschen Teams
Claudio Catuogno (SZ) analysiert das Halbfinale zwischen Schweden und Japan: „Die Partie zog ihre Attraktivität dann eine Weile mehr aus der Spannung als aus der spielerischen Qualität. Doch die Japanerinnen nahmen mehr und mehr das Heft in die Hand. Wie sie es geschafft haben, inzwischen auch mit der robusten Spielweise, wie sie im europäischen Frauenfußball gepflegt wird, zurechtzukommen, das hat Japans Trainer Norio Sasaki kürzlich verraten: unter anderem, indem sie in Testspielen immer wieder das Verteidigen gegen hohe Bälle geübt haben. In Testspielen gegen Männermannschaften – und gegen Schweden.“
Christian Kamp (FAZ) ist wegen der ausgefallenen Tanzstunde enttäuscht: „Eigentlich hatte das Publikum mehrheitlich mit einem weiteren schwedischen Tänzchen gerechnet für diesen Abend. Doch nach den deutschen Fußballfrauen mussten auch die Skandinavierinnen einsehen, dass Japan auf bestem Wege ist, eine ganz große Nummer bei dieser Weltmeisterschaft zu werden.“
Anke Myrrhe (Tagesspiegel) sieht Japan als Mannschaft der Stunde: „Mit dem Ausgleich war Schwedens anfängliche Spielfreude gebrochen. Die Japanerinnen übernahmen das Geschehen mit dem Selbstvertrauen, den Titelverteidiger aus dem Turnier geworfen zu haben, hatten deutlich mehr Ballbesitz und gute Chancen. Das japanische Märchen geht weiter. Im Finale wartet am Sonntag die USA, der nächste Favorit, den es zu schlagen gilt.“
Frankreich fehlt es an Robustheit
Sven Goldmann (Tagesspiegel) sucht Gründe für das Ausscheiden der Französinnen: „Und doch haftete dem französischen Spiel der Makel an, dass ihm bei aller Schönheit ein wenig an der Zielstrebigkeit fehlte, die körperliche Robustheit. Geradezu exemplarisch für diese Zurückhaltung war, wie sich Gaetane Thiney zu Beginn der zweiten Hälfte nach Necibs Pass in bester Position noch von Christie Rampone abdrängen ließ.“
Ulrich Hartmann (SZ) fasst das Halbfinale zwischen den USA und Frankreich zusammen: „Poesie gegen Pathos, war das Duell zwischen Frankreich und den USA in Anspielung auf die beiden Trainer vorher genannt worden, aber tatsächlich traf diese Charakterisierung auch auf das Spiel zu: die Französinnen zart, die Amerikanerinnen eher brachial. So zogen letztere ins Endspiel ein.“
Unterstützung auf breiter Linie
Christian Kamp (FAZ) wundert sich über Silvia Neids Verbleib: „Es ging vor allem um taktische Mängel und umstrittenes Personalmanagement, insbesondere in den Fällen Birgit Prinz und Lira Bajramaj, die bei der WM kaum in Erscheinung getreten waren. Trotz der Defizite, die in den vier Turnierspielen zu Tage getreten waren, erhielt Silvia Neid aber auch Unterstützung auf breiter Linie. Neben Zwanziger und Niersbach sprachen sich auch die WM-Organisationschefin Steffi Jones, Teammanagerin Doris Fitschen und einige Nationalspielerinnen – Inka Grings, Linda Bresonik und Nadine Angerer – für einen Verbleib der Bundestrainerin aus. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Männer-Bundestrainer Löw stärkten ihr den Rücken.“
Anke Myrrhe und Lars Spannagel (Tagesspiegel) suchen die Gründe für die schnelle Entscheidung von Silvia Neid, alle Rücktrittsgedanken ad acta zu legen: „Keine Frage, dass Silvia Neid das enttäuschende Abschneiden ihrer Mannschaft bei dieser Heim-WM schwer getroffen hat. Ihre wohldosierten Aussagen lasen sich allerdings auch wie ein Winkelzug, um sich der Unterstützung ihrer Chefs zu versichern. Sollte das Neids Plan gewesen sein, so hat er perfekt funktioniert. Theo Zwanziger betonte am Mittwoch erneut, die Bundestrainerin müsse unbedingt im Amt bleiben.“
Noten für Spieler sind männlich
Christian Eichler (FAZ) greift eine weitere Institution des Fußballjournalismus an: die Noten: „Ein Spiel aber ragt heraus, von der Dramaturgie wie von der Bewertung: das Viertelfinale zwischen Brasilien und den Vereinigten Staaten. Die zehn amerikanischen Feldspielerinnen (die fast sechzig Minuten lang nur neun waren), die sich gegen Rückstand, Unterzahl und Benachteiligung aufbäumten, die in der 122. Minute den Ausgleich erzwangen und das Elfmeterschießen ohne Fehlversuch gewannen – diese Feldspielerinnen erhielten in der Bewertung des überaus seriösen Fachblatts „Kicker“ eine Durchschnittsnote von 4,15. Es ist eine Note, mit der man beim Abitur durchfällt. Das legt abermals nahe, dass Einzelnoten im Fußball von ihrer Idee her so unterhaltsam wie sinnlos sind. Und auch: dass das Hervorheben oder Hinabstufen von Einzelnen in einem Mannschaftsspiel eine sehr männliche Idee ist.“
Kommentare
6 Kommentare zu “USA und Japan stehen im Finale – Neid bleibt Bundestrainerin”
Donnerstag, 14. Juli 2011 um 19:24
Sagt mal ihr merkt aber schon noch, das es auch etwas anderes gibt als Frauenfußball-WM, oder? Auch imm Herrenfußball passieren zur Zeit interessante sachen… wenn ich allein an mein geliebtes Bremen denke 🙁
Donnerstag, 14. Juli 2011 um 21:35
Lieber Herr Eichler, diesen Elfmeter kann man durchaus wiederholen. Es ist keine Benachteiligung, wenn man abpfeift, wenn eine Spielerin viel zu früh in den Strafraum läuft.
Donnerstag, 14. Juli 2011 um 23:16
Neid bleibt Trainerin, eine gute Entscheidung! Nach Mutmachung der Oberen, die vielleicht etwas mutig und überheblich den Vertrag für eine unnormale lange Laufzeit vor dem Turnier verlängerten. Der für mich wohl einzigste (evtl. leider auch folgenschwerste)große Fehler der korrekt aufgetretenen Cheffin war ihre letzte Auswechslung! Nur allein wegen
dem ungünstigen Spielstand hätte sie die erfolgreichste deutsche Spielerin der letzten
Jahre einfach noch bringen müssen, auch, wenn diese selbst in ihrer Pressekonferenz eigene Leere festgestellt hat. So wird das Band zwischen den beiden Freundinnen für immer zerschnitten sein, und S.Neid wäre jetzt nicht so angreifbar gewesen.
Ansonsten bin ich nicht wirklich stolz, dass meine Vorausschau vor unserm Japan-Spiel auch so eintraf (siehe i.f. mutige Kapitänninnen..).
Was mir allerdings nicht so in den Kopf will, sind die Ausreden, egal, aus welcher Richtung sie kamen. Hätten unsere Mädels lieber ohne Mirofon-, Kamera- und Zuschauerbegleitung lieber auf Sylt, in Meuselwitz oder Trinwillershagen antreten sollen, um weniger Druck gemerkt zu haben? Mit mit dem Ziel, die Schönste zu sein oder den besten Werbevertrag zu haben, hat die Truppe leider nicht gepunktet. Nur ein Ziel wurde erreicht: „Nie wieder der dritte Platz!“
Als unser lieber Fernsehkommentator nach der Japan-Niederlage bereits von Wiedergutmachung
mit dem kommenden Olympiasieg 2012 in London sprach, wusste er nicht, dass das auch die schwedischen Fußballdamen hörten…so erhielten wir, ohne etwas dafür zu können, nur einen Tag später gleich einen Doppelschlag! Wir dürfen dort von Anfang an nur zuschauen.
Äußerst beschämend und abstoßend zugleich finde ich den völlig unter die Gürtellinie gehenden schlampigen „Beitrag“ des sogenannten WM-Reporterteams der TAZ um Redakteur Deniz Yüchel, besonders zu unserer schwerverletzten K.Kuhlig, der unter i.f. mutige….vom 08.07.11. als Link steht.Pfui!
In der letzten Saison (es könnte sich auch
bald wiederholen…) haben bereits unsere bayrischen Jungs mit den Lederhosen anfangs den bekannten Spruch „Hochmut kommt vor dem Fall“ schon missachtet. Danach war alles zu sät, trotz der bekannten Parolen aus der
dortigen Führungsetage.
Daran und nur daran lag es, warum nach zwei errungenen WM-Erfolgen im Umfeld unserer Damen ein zweites Sommermärchen 2011 in Deutschland nicht stattfand.
Freitag, 15. Juli 2011 um 08:10
Wir? Unsere? Wtf? Das ne Satire, hoffe ich, anders kann man das gar nicht lesen.
Wenn aber nicht:
Der Beitrag in der TAZ (der Mann heißt Yücel, btw) mag nicht jedem gefallen, aber der Witz ist der:
http://www.taz.de/1/sport/kolumne-vuvuzela/artikel/1/schaemt-euch-ihr-gurken/
Just so you know:
http://www.spiegelfechter.com/wordpress/6425/fremdschamen-mit-den-taz-leserinnen
Freitag, 15. Juli 2011 um 08:23
Hoffentlich hat Silvia Neid am Mittwoch in Frankfurt ganz genau hingeschaut, wie moderner Fußball aussieht. Allerdings bezweifle ich, dass alleine Hinschauen bei ihr einen Lerneffekt auslöst.
Ist Neid mehr Ribbeck oder Völler? Oder doch mehr Vogts?
Freitag, 15. Juli 2011 um 11:01
Die taz-kolumne ist Satire und gehört, wie hier oben auch richtig platziert, in den Freistoss des Tages (wenn überhaupt…)
@hans-ullrich Klemm:
Das Ausscheiden der Frauen nur am Hochmut festzumachen halte ich für ein wenig kurzgegriffen. Und die nichteinwechslung von Prinz im Japanspiel ist wirklich der Einzige Fehler? Ich bitte Sie!
Fakt ist, dass sich die Mädels in den letzten Tunieren sehr leicht getan haben und als jetzt die Gegner Boden gutgemacht hatten, war man zu sehr überrascht, dass das kein Selbstläufer wird.
Noch dazu wurde einfach nicht gut gespielt. Vor allem wenns in die gegnerische Hälfte ging entfachte sich ein Fehlpassinferno. Und das Formtief von einigen wichtigen Spielerinnen kann man einer Trainerin schon auch ankreiden.
btw: Die Bayern sind immer sehr hochmütig, wie man halt einfach ist, wenn man auf Dauer keinen direkten Konkurenten in der BL hat. Das hindert sie aber auch nicht, jedes Zweite mal die Schale zu holen.