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Der Zick-Zack-Kurs der Silvia Neid

Kai Butterweck | Freitag, 15. Juli 2011 Kommentare deaktiviert für Der Zick-Zack-Kurs der Silvia Neid

Silvia Neid wird auch in Zukunft auf der Trainerbank der Nationalmannschaft sitzen. Die überraschende Entscheidung erntet nicht überall Applaus. Außerdem: Auszeit für Europa

Die Diskussionen um Bundestrainerin Silvia Neid erreichen derzeit bis dato ungeahnte Sphären. Nie zuvor stand eine Persönlichkeit des deutschen Frauenfußballs derart im Zentrum der Kritik. Ihren Posten als Trainerin wird Neid nicht aufgeben. Peter Ahrens  (Spiegel Online )erörtert  die Vor- und Nachteile dieser Entscheidung: „Die Heim-WM war der erste schwere Rückschlag in Neids Trainerkarriere: Davor führte sie das Team zur Weltmeisterschaft (2007), zur Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen (2008) und zum Europameistertitel (2009). Die Verdienste der Vorjahre sind denn auch das stärkste Argument, das für sie spricht. Zudem dürfte das vorzeitige Ausscheiden auch bei der Trainerin neue Motivation für die nächsten Herausforderungen geschaffen haben. Es geht um Wiedergutmachung. Neid müsste dann allerdings beweisen, dass sie aus dem WM-Desaster – und nichts Geringeres ist es, wenn der Titelverteidiger im eigenen Land in der ersten K.o.-Runde scheitert – lernt. Dazu gehört vor allem die Erkenntnis, eigene Fehler gemacht zu haben. Diesen Eindruck, so weit zu sein, erweckte Neid zuletzt noch nicht.“

Die Selbstzweifel vom Wochenbeginn wirken gekünstelt

Auch Jörg Hahn (FAZ) beschäftigt sich intensiv und kritisch mit der Bundestrainerin: „Dass Silvia Neid, 72 Stunden nachdem sie einen Rücktritt nicht ausgeschlossen und eine längere Bedenkzeit erbeten hatte, sich munter, aber ohne Selbstkritik oder gar Systemanalyse zurückmeldete, das wirkte verstörend. Wo und wie sie sich zu ihrem rasanten Sinneswandel äußerte (im ZDF am Rande des WM-Halbfinalspiels zwischen Japan und Schweden), das zeigte, wie wichtig sich Silvia Neid nimmt und wie untergeordnet in dieser Gedankenwelt ihre Nationalspielerinnen und ihre Sportart zumindest in den vergangenen Tagen waren. Statt Gesprächen mit den alten und den kommenden Führungsspielerinnen oder Beratungen mit führenden Bundesligavertretern des Frauenfußballs gab es larmoyante Zeitungsinterviews – nicht das Idealbild von einem In-sich-Gehen. Die Selbstzweifel vom Wochenbeginn wirken nun, vorsichtig formuliert, gekünstelt.“

Jürgen Ahäuser (FR) prophezeit der Bundestrainerin unruhige Wochen: „Silvia Neid hat sich selbst unglaubwürdig gemacht. Von einer tiefgründigen Analyse kann, gut vier Tage, nachdem die Düsternis über den deutschen Frauenfußball kam, nun wahrlich nicht die Rede sein. Und aufgearbeitet ist bisher gar nichts. Die Hals-über-Kopf-Entscheidung mag einen lauteren Hintergrund haben. Zwanziger wollte die Fußball-Lehrerin aus der Schusslinie nehmen, ein Zeichen der Treue setzen. In Wahrheit hat der Boss die 47-Jährige mit dem überraschenden Bekenntnis zur blinden Zusammenarbeit aber erst Recht ins Visier der Chefkritiker Bernd Schröder, Siegfried Dietrich und vieler anderer Beobachter gerückt. Jeder Fehler, ja jede Handlung von Silvia Neid und ihrer Spielerinnen wird jetzt unter dem Brennglas der fehlenden WM-Aufarbeitung beobachtet.“

Europa hat eine Auszeit bekommen

Kathrin Steinbichler (SZ) fordert Europa auf am Sonntag genau hinzuschauen: „Mit dem Weltmeisterschafts-Finale, das am Sonntag die USA und Japan bestreiten, werden die Rollen im internationalen Frauenfußball neu verteilt. Europa hat eine Auszeit bekommen. Nur einmal, als im WM-Endspiel 1999 die USA gegen China siegten, war Europa nicht im Finale vertreten. Jetzt ist es wieder so weit. Dabei hatten doch die Schwedinnen in der Vorrunde noch die USA bezwungen (2:1), und auch Japan war in seiner Gruppenphase einmal gestrauchelt, gegen Good Old England (0:2). Doch beide Teams haben offenbar aus diesen Niederlagen gelernt, und zwar in einer Schnelligkeit, die taktisches Geschick und mentale Stärke vermuten lässt. Beides sind Eigenschaften, die Europas Vertreterinnen bei dieser WM in den entscheidenden Momenten vermissen ließen. Europa sollte sich das Finale am Sonntag deshalb genau ansehen. Und sich dann neue Ziele setzen.

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