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Bundesliga

Die HSV-Krise – wie einst die alte Dame aus Berlin

Kai Butterweck | Montag, 19. September 2011 1 Kommentar

Der HSV kommt nicht vom Fleck und gräbt sich nach der Heimniederlage gegen Gladbach immer tiefer im Tabellenkeller fest. Außerdem: Gladbach, Köln und Leverkusen – am Rhein geht es hoch her

Lukas Rilke (Spiegel Online) erkennt keinerlei Entwicklung beim HSV: „Alle Vertrauensbekundungen unter der Woche , alle Demonstrationen des Gemeinschaftsgefühls hatten wieder nicht gefruchtet. Auf dem Platz trat der HSV so auf, wie man ihn in der Saison zumeist erlebt hat: Harmlos, unstrukturiert und vor allem verunsichert. Die Diskussionen um Oenning werden neue Nahrung bekommen durch die Art und Weise, wie das Team wieder verlor. Denn von einer Leistungssteigerung, wie der Coach sie in den vorangegangenen Wochen ausgemacht hatte, war nichts zu sehen.“

Jan Christian Müller (Berliner Zeitung) beobachtet entspannte Verantwortliche: „Draußen im Volkspark auf dem Trainingsplatz gibt es keine Anzeichen von Unruhe im Angesicht des Schlunds. Der Wind weht gewohnt kalt. Sportchef Frank Arnesen, 54, ist zu dünn angezogen, er friert, er macht Witzchen drüber, er ist ein entspannter Mensch, seine dänische Mentalität ist auch unter Platz 18, ein Punkt, 6:16 Tore, nicht verschütt gegangen. Er trägt ein blaues Sakko mit Ärmelschonern, beim Training gesellt sich Coach Michael Oenning an seine Seite. Breitbeinig stehen sie an der Seite des Übungsplatzes nahe beieinander wie Kapitän und Steuermann im Herbststurm auf einem schwankenden Schiff. Es sieht aus wie ein Statement. Sie wissen, dass sie vom Kurs abgekommen sind. Aber sie demonstrieren doch Gelassenheit.“

Der HSV erinnert an Hertha BSC

Bei Lars Wallrodt (Welt Online) werden Erinnerungen wach: „Wer vor zwei Jahren den Abstieg des Hauptstadtklubs Hertha BSC mitverfolgt hat, wird gerade ein Déjà-vu erleben. In der Saison 2009/10 standen die Berliner zur Winterpause mit sechs Punkten da – der Abstieg stand also quasi schon nach der Hinrunde fest. Die Hertha-Bosse feuerten damals Trainer Lucien Favre nach sieben Spielen, von denen er lediglich das erste gewann und danach sechs verlor. Oenning kommt derzeit auf einen Zähler aus sechs Partien. Favre saß am Samstag beim HSV-Gegner Gladbach auf der Bank. Er hatte seine Mannschaft wieder einmal perfekt eingestellt, die Borussia übernachtet auf Rang zwei. In Berlin finden nicht wenige, dass die Entscheidung gegen den pfiffigen Schweizer zu früh kam. Dass so etwas später auch einmal über Michael Oenning gesagt werden wird, darf bezweifelt werden.“

Christian Otto (FAZ.net) wünscht sich zehn weitere Jarolims: „Zu den wenigen Konstanten, die der Hamburger SV in dieser Saison bisher zu bieten hat, gehört die Streitlust von David Jarolim. Der ewig schimpfende und grätschende Tscheche versuchte auf gewohnte Art, seine einfallslosen Kollegen wachzurütteln. Hier ein Foul, dort eine Diskussion – zehn Minuten vor der Halbzeitpause sah Jarolim die Gelbe Karte, weil Schiedsrichter Peter Sippel ihm eine schauspielerische Einlage vorwarf. Die umstrittene Szene blieb einer der weniger Höhepunkte der ersten Halbzeit. Dass die Gladbacher deutlich seltener, aber dafür stets eleganter am Ball waren, ermöglichte ihnen zumindest einige gelungene Spielzüge. Und ihre Zurückhaltung reichte, um den HSV so harmlos aussehen zu lassen, dass es in dem einst so stimmungsvollen Hamburger Stadion beängstigend still blieb.“

Favre ist ein Denker

Markus Völker (taz) adelt Gladbach-Coach Lucien Favre: „Favre ist ein Denker. Er steigt tief in die Materie des Fußballs ein und verlangt von seinen Spielern, dass sie mitdenken. Favre hockt oft stundenlang vorm Monitor und analysiert Spiele, allerdings braucht er für seinen Ansatz technisch beschlagene Profis und auch solche, deren Ego nicht zu groß ist. Es gibt auch in Gladbach schwierigere Typen wie Igor de Camargo oder Juan Arango, aber Favre scheint sie im Griff zu haben. Es ist schon verblüffend, wie er innerhalb weniger Monate aus notorischen Verlierern ein Team geformt hat, das an der Tabellenspitze mitmischt. Ein Geheimnis habe er nicht, sagt Favre, es sei alles harte Arbeit. Das glaubt man ihm sofort, diesem Trainer, der auch ein Hochschullehrer sein könnte.“

Das Kölner Kunstwerk steht auf wackligen Füßen

Andreas Morbach (Spiegel Online) warnt die Domstädter vor zu viel Euphorie: „Auch beim letzten Tor hatten die beiden Kölner Angreifer die Füße im Spiel: Podolski lupfte den Ball zu Novakovic, der seinerseits den freistehenden Jajalo bediente. Das Ende eines kleinen Kölner Kunstwerks, das allerdings – wie die peinliche 1:2-Heimpleite gegen Nürnberg zuletzt bewies – auf wackligen Füßen steht. Das weiß nicht zuletzt Solbakken, dem die unter anderem von Novakovic und Podolski gewünschten Freiheiten immer wieder Sorgen bereiten.“

Marcel Reif (Tagesspiegel) rätselt über interne Machenschaften bei den Kölner: „Die Maßnahme, Lukas Podolski, dem Volkshelden, dem Nationalspieler, dem einzigen, der vom Können her noch Kontakt hat zu den Zeiten, als der FC noch jemand war im deutschen Fußball, diesem Podolski das Kapitänsamt zu entziehen, kann ein Signal sein. Aber welches? Und wofür? Möglicherweise hat es interne Probleme gegeben, man weiss davon nichts, ohne die erschließt sich die Maßnahme nicht. Oder doch? Gestern war Podolski der überragende Mann.“

Der tägliche Kampf des Kölner Trainers

Daniel Theweleit (taz) hebt einzelne Kölner Protagonisten hervor: „Neuzugang Ammar Jemal spielte eine starke Partie auf der linken Abwehrseite, und Rechtsverteidiger Henrique Sereno ist so schnell, dass er den Supersprinter Schürrle in allen Laufduellen besiegte. Spielentscheidend war aber, dass Adil Chihi und Slawomir Peszko endlich einmal diszipliniert und vor allem durchdacht in den Räumen vor den Außenverteidigern agierten. Die beiden stehen beispielhaft für den täglichen Kampf, den der norwegische Trainer mit dieser Kölner Mannschaft ausficht.“

Richard Leipold (FAZ.net) beschäftigt sich schmunzelnd mit der Aufstellung der Leverkusener: „Bayer-Trainer Robin Dutt hatte die Startelf aus der Champions-League-Partie gegen Chelsea auf vier Positionen geändert. Anders als Castro, Kadlec, Sam und Kießling war Michael Ballack von dieser Rotation nicht betroffen. Der Mittelfeldstratege durfte wie zuvor in London und Augsburg von Beginn an mitmachen. So wird er noch zur Stammkraft in Leverkusen – und das sogar gemeinsam mit Simon Rolfes, dem Bayer-Kapitän. Vor ein paar Wochen hatte Dutt noch gesagt, Rolfes und Ballack in einer Elf, das sei keine Lösung nach seinem Geschmack. Gegen Köln traf die Bayer-Mannschaft mit Rolfes im defensiven und Ballack im offensiven Mittelfeld sicher nicht den Geschmack ihres Trainers.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Die HSV-Krise – wie einst die alte Dame aus Berlin”

  1. Sebastian
    Montag, 19. September 2011 um 10:08

    Zur Anmerkung aus der Welt „In Berlin finden nicht wenige, dass die Entscheidung gegen den pfiffigen Schweizer zu früh kam.“

    Da würde mich ja gerne interessieren, wer das in Berlin so findet? Denn Favre aus der Krisenzeit 2009 ist nicht im mindesten vergleichbar mit dem jetzigen Trainer, der damals mental nicht so kräftig war wie jetzt. Ich kenne niemanden, der sich ernsthaft mit Hertha auseinandersetzt, der die Entlassung von Favre als zu früh empfindet. Schade, ja. Aber im Sinne des Vereins sinnvoll. Über die Nachverpflichtung von Funkel muss man ja nicht diskutieren.

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